Blaufränkisch ‘Hohenegg’ 2007

| 27. Januar 2013 Alles lesen

Der zweite Wein dieser Verkostungsrunde ist insofern spannend, weil es der erste Rotwein ist den wir aus dem ‘Fundus’ der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben über zwei Tage verkosten werden. Er kommt vom bereits vorgestellten biologisch-dynamischen Weingut Tauss aus Leutschach in der Steiermark und ist ein Blaufränkisch ‘Hohenegg’ aus dem Jahr 2007. Der Wein stammt wie schon der Rote Traminer ‘Hohenegg’ den wir vom Weingut Tauss verkostet haben von Opokböden, wurde im September 2010 abgefüllt und wird heute aufgemacht. Wenn uns auch nur annähernd das erwartet was wir beim Roten Traminer erlebt haben, dann schlummert auch in dieser Flasche etwas ganz Feines und Aussergewöhnliches. Wir sind gespannt.

Blaufränkisch Hohenegg Wie schon der Rote Traminer, ist auch der Blaufränkisch ‘Hohenegg’ in einer grünen Burgunderflasche abgefüllt. Auch diese Flasche ziert das überaus ansprechende, in warmen Farben gehaltene Etikett mit der stilisierten Hügellandschaft. Leicht crémefarbig der Hintergrund, oben wieder der weinrote Balken und dem darin eingebauten Logo mit der ockerfarbigen Sonne integriert. Das Design vermittelt Ruhe, Erdigkeit und Frieden, strahlt Wärme und Wohlbehagen aus. Am Rückenetikett sind wieder einige Informationen zum Wein selbst, sowie eine Dekantier- und Trinktemperaturempfehlung angeführt.

Bevor wir den Blaufränkisch aber in die grossen Burgundergläser lassen (wird übrigens vom Weingut selbst ausdrücklich empfohlen), darf er sich für zwei Stunden in der grossen Karaffe mit Sauerstoff anreichern um sich dann in voller Pracht zeigen zu können.

Komplexe Frucht von Holz getragen

In dunklem brombeerrot steht der Blaufränkisch ‘Hohenegg’ im Burgunderglas. Leicht violette Ränder zeigen sich und trotz seiner dichten Farbe lässt er noch einen Deut an Einsicht zu. Das erste was man riecht ist eine kräftige Würze die aus dem Glas hochsteigt und eine kräftige, aber nicht überzogene Barrique-Holznote steht stramm daneben. Es riecht definitiv anders als man zum Beispiel einen ‘typischen’ Blaufränkisch-Duft beschreiben würde. Kräftiger, erdiger, würziger, dichter und intensiver. Dunkle Zwetschke, fette Brombeere und andere reife rote Beeren riecht man. Auch eine feine kräutrige Note dreht fröhlich ihre Runden und verleiht dem Bukett eine elegante Komplexität. Über all dem steht der Duft von Holz. Fein verwoben mit der Frucht und der erdigen Würze. Insgesamt duftet es saftig, kräftig und warm in der Nase und je länger man sie ins Glas steckt umso klarer ‘schnüffelt’ man die gut integrierten, reifen Fruchtaromen heraus.

Überraschend frisch und lebendig

Sehr frisch und kühl fühlt sich der Blaufränkisch Hohenegg an wenn er über die Lippen auf die Zunge kommt. Und jetzt auch, entgegengesetzt zum Duft, entsprechend sortentypisch. Dabei wirkt er weder schwer noch breit, weder derb oder gar rustikal. Vielmehr schmeichelt er der Zunge mit ausgeprägten Fruchtaromen, um dann am Gaumen einen richtig saftigen, kräuterwürzigen Film abzustreifen. Überraschend angenehm fühlt sich die attraktive Säureader an, welche sich frech und frisch über die Zungenränder wälzt. Alles fühlt sich sehr klar und strahlend an, da ist nichts Schweres oder Plumpes zu fühlen und zu schmecken. Wie ein Leichtgewicht liegt der Wein im Mund und ebenso unbeschwert trinkt er sich. Die im Duft kräftige Holznote zeigt sich im Mund von ihrer vornehmen Seite und begleitet die Aromen sehr zurückhaltend, was sie umso sympathischer macht. Dieser leicht rauchige Touch den die Fruchtaromen so mitbekommen, in Verbindung mit der erfrischenden Säure, macht den Wein insgesamt saftig, rund und sogar elegant. Kein Gerbstoffmonster, sondern äusserst lebendig in seinem Wesen und dem damit verbundenen Mundgefühl präsentiert sich der Blaufränkisch Hohenegg beim ersten Glas. Am späteren Nachmittag wird das zweite Glas verkostet.

Reife Beeren, Kirschen & ein Hauch von Rauch

Fünf Stunden später ist die anfänglich intensive Holznote zurück gewichen, hat sich fester in den Aromenkorb eingebunden und alles zusammen ist leiser geworden. Gleichzeitig wirkt es ein wenig saftiger, noch erdiger und dunkelwürziger. Auch geschmacklich und vom Mundgefühl her hat sich einiges getan. Einerseits wirkt der Tropfen jetzt noch säurebetonter an den Zungenrändern und andererseits scheint es, als hätte er seine Gerbstoffe auf Hochglanz poliert und lässt diese jetzt samtig über den Gaumen rasseln. Zu all dem schmeckt man viel mehr Frucht heraus, das Holz ist so gut wie nicht mehr vorhanden und der Wein wirkt jung und frisch, belebend und sogar ein wenig frech. Der Wein hat auf einmal ‘Biss’ im Sinne von Keckheit, fühlt sich fröhlich und beschwingt an und tänzelt leichtfüssig auf der Zunge auf und ab. Am Gaumen ist es saftig-rauchig, feinste Tannine verleihen ihm Textur und ganz am Schluss blitzt ein letzter Rest von frischem Holz auf. Trotz der paar Jahre die der Wein schon auf dem Buckel hat, fühlt er sich wie ein junger Hüpfer an, sorgt für frisches, saftiges Mundgefühl und brilliert jetzt hauptsächlich mit seinen reifen Beerenaromen und Anklängen von Kirsche, welche von einer sehr feinen Würze begleitet werden. Er füllt den Mund ist aber nicht breit, er hat Statur ist aber nicht dick und er glänzt mit feinem Säurespiel. Der Wein wird jetzt erst richtig interessant. Am Abend wird noch einmal ‘gekostet’ und morgen wird sich zeigen wie er sich über Nacht verändert hat.

Strahlend, frisch, harmonisch ausgewogen

Über Nacht hat sich der Wein noch einmal komplett verändert. Im Duft ist er vollkommen leise geworden. Kirschen, Beeren und das Holz haben ihren Frieden geschlossen und sich nach 24 Stunden komplett ineinander verwoben. Beeindruckend frisch und brillant fühlt sich der Blaufränkisch ‘Hohenegg’ jetzt aber im Mund an. Die Fruchtaromen sind runder, die Säureader verhaltener geworden und das was noch an ‘Holzvorräten’ da ist hat mit der Würze kollaboriert und ist mit ihr eine wunderbar warme und rauchige Symbiose eingegangen. Der Wein schmeckt jetzt noch viel erdiger als am Tag zuvor, hat aber trotzdem nichts von seinen Kirscharomen und seiner Dunkelwürzigkeit und vor allem nichts von seiner Brillanz verloren. Er ist vollkommen ‘am Boden’ angelangt und fühlt sich einfach wunderbar im Mund an.

So wie der Tropfen jetzt im Glas steht ist es für mich persönlich klar, dass dieser Wein am besten zumindest einen halben Tag offen in der Karaffe stehen sollte wenn man dort einsteigen will wo ich jetzt bin. Was nicht heissen soll, dass man sich seiner beeindruckenden Entwicklung die er von Beginn an nimmt komplett verweigern und ihn deswegen nicht schon nach zwei bis drei Stunden antrinken sollte. So wie er sich jedoch nach einem Tag im Mund anfühlt, wie er wie ein Fliegengewicht auf der Zunge steht (zu dem auch seine schlanken 13% beitragen), wie er elegant sein Frucht/Säurespiel abzieht und ebenso geschmeidig, weich und rücksichtsvoll den Gaumen einstreicht, das ist schon grosses Kino. Er ist richtig erdig geworden, der ‘Hohenegg’, hat aber nichts von seinem fruchtwürzigen Charme eingebüsst und hat es geschafft, alles was er so zu bieten hat in richtig schöner Balance unter einen Hut zu bekommen. So wie er jetzt auftritt ist ein richtig toller ‘Trinkwein’ aus ihm geworden. Keiner der um jeden Preis den intellektuellen Anspruch in die Höhe treiben will, sondern einer der einfach genossen werden will. Und dabei macht er richtig grossen Spass.

Tipp: Zwei bis drei Stunden in der Karaffe sollten Sie dem Wein gönnen und ihn dann bei 16-18º geniessen. Am besten nach einem halben Tag offen stehend. Begleitet gekonnt Hausmannskost, Fleischiges in allen Zubereitungsarten und ist als Solist ein echter und vor allem unkomplizierter Alleskönner. Genuss pur. Persönliche Empfehlung!

Verkostet wurde ein Blaufränkisch ‘Hohenegg’ 2007 vom Biologisch-dynamischen und Demeter-zertifizierten Weingut Tauss aus Leutschach in der Steiermark, Österreich. Das Weingut Tauss ist Mitglied der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben.

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Kategorie: Schmecke das Leben (A), Verkostet