Chardonnay Darscho 2011

| 16. Dezember 2014 Alles lesen

Zugegeben, der Titel Nicht von dieser Welt ist gewagt. Doch stehen in dieser Verkostungsrunde drei Weine am Tisch der Wahrheit, die alles andere als Mainstream und Lichtjahre von dem was man schlechthin als üblich bezeichnen würde, entfernt sind. Den Anfang macht der Chardonnay Darscho 2011 von Heinz Velich, dessen Weingut direkt im Nationalpark Neusiedlersee/Seewinkel, im tiefsten südlichen Burgenland unmittelbar an der ungarischen Grenze liegt. Im kleinen Holzfaß ausgebaut und zwei Jahre auf der Vollhefe gereift ist sein Darscho, der unter Kennern höchste Wertschätzung geniesst. Der Darscho ist alles andere als ein Allerwelts-Chardonnay, und wie das schmeckt bzw. sich anfühlt, dem wird hier und jetzt auf den Grund gegangen. Eines ist jedoch jetzt schon sicher: Wenn der Darscho auch nur annähernd diesen Glanz und die Magie verstrahlt wie seine Seewinkel Beerenauslese 2008 die ich vor einem Jahr verkostet habe, dann steht mir hier ein grandioses Weinabenteuer bevor.

Darscho Auf der dunklen Burgunderflasche klebt ein so einfaches wie auch gefälliges Etikett. In schlichtem gedeckten weiss und blau gehalten, steht im weissen Teil in schwarz in Grossbuchstaben DARSCHO und unterhalb ganz klein der Jahrgang drauf. Das war’s dann auch schon wieder. Weniger ist mehr. Im blauen, schmäleren Teil in weiss VELICH Apetlon und am unteren Rand das was unbedingt auf einem Weinetikett angeführt sein muss. Mehr gibt es nicht. Auch kein Rückenetikett wo man erfahren könnte, was in dieser Flasche drin ist. Weiss man oder recherchiert man. Am besten auf der schön gestalteten Webseite des Weinguts. Eingefasst ist die Flasche mit einer gelben Kopfmanschette auf welcher das Logo der Renommierte Weingüter Burgenland, dessen Mitglied das Weingut Velich ist, prangt. Bevor der Darscho aber den Beweis antreten darf und muss, dass er nicht von dieser Welt ist, kommt er für eine Stunde in die Karaffe.

Matschapfel, Nuss & Bauchspeck

In strahlendem gelbgrün steht der Darscho im Burgunderglas. Zuerst ist man irritiert wenn man die Nase in das Glas steckt. Eine feine oxidative Note strömt heraus. Überreifer Matschapfel ist das erste was man riecht und zuckt ein wenig zurück. Doch dann merkt man, dass da auch noch Nuss herum schwimmt, Orangenschalen und eine dicke Schwarte Bauchspeck. Das ist definitv kein Chardonnayduft wie man ihn kennt oder gewohnt ist. Das ist so anders, dass man, wenn man es mag, nicht mehr aufhören will daran zu riechen. Über allem liegt ein feiner Hefeflor.

Sex im Mund

Noch irritierter ist man, wenn der Darscho dann auf die Zunge strömt. In positivem Sinn. Ist das tropisch? Schmeckt man da etwa Ananas? Ja, und wie! Und Orangen. Und Limetten. Und wer jetzt glaubt in einer Fruchtexplosion aufzugehen, dem wird auf der Stelle Nuss und Speck hinterher geschoben. Es ist frisch im Mund, lebendig, wunderbare Säure steht auf der Zunge, am Gaumen leicht speckig und wunderbar mineralisch. Salzig, wenn die Limette zu tropfen aufgehört hat. Leicht, obwohl so herrlich rund im Körper. Das ist Sex im Mund. Und kaum wandert der Darscho Richtung Schlund schält sich die Limette ganz aus ihrem Kleid und sorgt für einen atemberaubend frischen wie auch saftig-fruchtig-rauchigen Abgang. Das ist definitiv ein Chardonnay aus einer anderen Welt.

Erotisch, opulent & sündhaft

Der Darscho vermittelt eindrucksvoll wie Gelb schmeckt. Es ist saftig, es ist tropisch und es fühlt sich sogar etwas süss an, was es aber nicht ist. Vielmehr ist es die Reife die für eindrucksvollen Saft in Kombination mit der edlen Opulenz sorgt. Je mehr man den Wein kaut und mit ihm im Mund spielt, umso mehr nimmt man auch helles Karamell wahr, spürt wie cremig sich alles anfühlt und wie leicht es trotzdem bleibt. Keine Spur von dick oder schwer. Einfach rund und sexy, belebend frisch und dank feiner Säure auch ein wenig keck. Eine zarte Rauchschwade zieht durch den Mundraum, verleiht dem Darscho so etwas wie Anrüchigkeit und im Abgang sorgt der Tropfen für ein tropisch dominiertes Furioso. Während auf der Zunge immer noch der Saft einer Melone steht. Im Nachhall leicht zitronig, mineralisch, und ein Tick von Salz. Was bleibt ist das Verlangen nach dem nächsten Schluck dieses sündig salzig-süssen Saftes.

Der Darscho ist Sünde. Wer sich auf diesen Chardonnay einlässt, wer gewillt ist, sich an tatsächlich ‘anderen’ Chardonnay heran zu wagen, der wird diesem Tropfen hoffnungslos verfallen. Weil er nämlich sündhaft, erotisch und ungemein sexy ist. So wie dieser Wein auf der Zunge, am Gaumen, im ganzen Mundraum agiert und einen schmecken und spüren lässt wie schön klar definierte ‘Formen’ sind, so unwiderruflich ist es um einen geschehen. Irgendwie ist es so wie mit dem Essen. Man ernährt sich zwar ganz gern gesund und auch bewusst, aber hin und wieder muss es einfach ein hausgemachter Schweinebraten mit Sauerkraut und Knödel aus Omas Ofen sein um zu wissen, dass es noch ein anderes Leben gibt und es eine Wohltat ist, ab und zu auch über die Stränge zu schlagen. Der Darscho hilft dabei und hat man sich mit ihm erst angefreundet, … bleibt es Ihnen überlassen wie Sie damit umgehen. Und kommen Sie mir dann nicht mit “ich hätte Sie nicht gewarnt” daher.

Tipp: Eine Stunde Luft in der Karaffe. 10-12º Trinktemperatur sind fein. Zum Essen viel zu schade. Geniessen Sie diesen aussergewöhnlichen Chardonnay zur Entspannung und vergnügen Sie sich einfach mit ihm.

Wein & und Winzer-Info:

Darscho
Wein: Chardonnay ‘Darscho’ 2011
Winzer: Weinbau Velich
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: -2016+
Anbau: Naturnah
Ausbau: Gebr. Barrique
Besonderes: Wilde Hefe (spontan)
Dekantieren: Ja

Den Wein gibt es in der Weinfachhandlung K&U Weinhalle in Nürnberg zu beziehen.

Stichwörter: , , , , ,

Kategorie: K&U Weinhalle (D), Verkostet