Chardonnay Hadorne 2013

| 19. Mai 2015 Alles lesen

Vor genau drei Jahren habe ich den ersten Chardonnay von Sven Leiner verkostet, den Hadorne 2010. Ein Wein, der spontan im grossen Holzfass vergoren sowie 18 Monate auf der Vollhefe im Barriquefass gereift ist und danach ohne jegliche Manipulation unfiltriert auf die Flasche gezogen wurde. Heute habe ich den Chardonnay Hadorne 2013 am Tisch der Wahrheit stehen und ich freue mich schon, diesen “alten Bekannten” wieder im Glas zu haben. 2012 hat der Wein ganz grossen Spass gemacht und mich mit seiner straffen wie auch kompromisslos reduzierten Art fasziniert. Ob der Jahrgang 2013 mich wieder so begeistern wird, das wird sich jetzt in der Verkostung zeigen.

Chardonnay Hadorne 2013 Im Gegensatz zu 2010 ist 2013 nicht mehr in der klobigen Burgunder- sondern in einer schlanken Schlegelflasche abgefüllt. Oben in der Mitte wie gewohnt das reduzierte Logo mit dem als I umfunktionierten Nützling im Namen LEINER. Unten i ebenso bekanntem Design die drei feinen Linien, in welchen Chardonnay, sowie links der Jahrgang und rechts trocken eingebunden sind sind. Selbstverständlich krabbeln auf dem reinweissen Etikett auch wieder die ‘Weinbergmitarbeiter’ Sven Leiners durch die Gegend, in diesem Fall zwei Chilopoda, die dem Laien nur als Hundertfüsser nicht ganz unbekannt sein dürften. Ganz unten ebenfalls in gold und Schreibmaschinen-Typo hadorne-ilbesheim, was die Lage und die Herkunft anzeigt. Der Name Hadorne leitet sich übrigens von der Lage Hagedorn, einer Benennung des Weißdorn der Hagebutten als Früchte hervorbringt ab. Rechts aussen wieder alles was es über Lage, Klima, An- und Ausbau zu wissen gibt. Demeter-Zertifizierung und Bio-Siegel selbstverständlich. Bevor der Chardonnay Hadorne ins Glas kommt, darf er für eine Stunde zur Luftaufnahme ein paar Runden in der Karaffe drehen.

Leise, weich und rund

Strahlendes Goldgelb leuchtet aus dem Glas heraus. Ind den Nasenflüglen wirkt der Hadorne weich und rund. Verhaltene Zitrusnoten nimmt man wahr, etwas Melisse, einen Tick Birne und ganz weit hinten einen Schuss braune Butter. Der gesamte Duft ist ein anderer als der, den ich noch von 2010 in der Nase habe. Er ist weicher, runder, fülliger und auch einen Zacken grüner. Er wirkt wärmer, schmeichelhafter und hält seine Kalkaromen noch etwas unter Verschluss. Ich bin gespannt wie weit er sich noch öffnen wird mit der Zeit, denn das wird er, da schliesse ich Wetten darauf ab. Jetzt aber ist es ein leiser Duft, der sogar mit weissen Blütenaromen aufwartet.

Füllig und doch rassig

Und dann geht’s rund im Mund. Der Wein kommt zwar butterweich auf die Zunge, doch kaum hat er sich dort breit gemacht, beginnt eine ungemein frische Säure mit ihrer Arbeit. Genau in der Mitte zieht sie ihre Spur, verspritzt Zitronen- und Limettenaromen und sorgt für regen Speichelfluss an den Zungenrändern. Dabei spürt man aber einen zarten Vanilleton der hinterher trabt und dafür sorgt, dass das runde Mundgefühl nicht verloren geht. Wie überhaupt das Gefühl im Mund ein aufregendes ist. Weich auf der Zunge, aber kaum erfasst, geht die zitrusfrische Post ab. Am Gaumen etwas buttrig, ebenso vanillig, blütenweiss und rund. Ich krame in der Bibliothek des 2010ers rum und stelle fest, dass der Hadorne 2013 fülliger im Mund und dank seiner belebenden Säureader gleichzeitig einen Ticken rassiger ist. Er hat ein wenig Fett auf den Rippen, was dem aus 2010 vollkommen gefehlt hat. Ist der Wein erst über den Gaumen abgeflossen, schmeckt man einem weichen Vanillepolster hinterher.

Kommt Zeit, kommt Kalk

Wie zum Trotz, so als hätte man den Hadorne 2013 beleidigt, verwandelt er sich an der Luft immer mehr zu einem packenden, nach drei Stunden sogar leicht kribbelnden Tropfen. Er verliert immer mehr das runde Kleid und schält sich körnig mineralisch aus diesem raus. Jetzt kommt der Kalk, jetzt kommt der Boden, der Staub, der Grip. Jetzt wird es richtig spannend. Auf der Zunge zwar noch immer weich, ebenso am Gaumen, doch spürt man nun den Boden auf ihr, die Säure hat sich ‘beruhigt’, was übrig bleibt ist ein feiner Zitruston mit einem Schuss Melisse. Am Gaumen schon fast herb, trocken und griffig, sowie weiss und nur mehr ein Hauch dessen was zu Beginn an Vanille vorhanden war. Es tut sich was im Mund und es fühlt sich gut an.

Langsam aber sicher entwickelt sich der Hadorne 2013 immer mehr zu dem hin, was 2010 so begeistert hat. Er hat mehr Speck auf den Rippen, keine Frage, aber sonst steht wieder ein äusserst mineralischer, von feiner Kräuterwürze begleiteter Chardonnay im Mund. Er fühlt sich etwas weicher an den Lippen, auf der Zunge und am Gaumen an, ist aber in seiner generellen Charakteristik ident mit seinem Vorgänger. Ich bin sicher, dass sich der Wein in den nächsten Stunden noch mehr nur auf sich selbst reduzieren und als ebenso entschlackter Wein im Glas stehen wird. Der Hadorne 2013 ist ein Chardonnay, der wesentlich mehr von ‘typischem’ Chardonnay in sich trägt als 2010, was ihn einfacher zu verstehen macht. Aber dazu müsste man den aus 2010 kennen um zu wissen wie spartanisch Chardonnay auch sein kann. 2013 ist jedenfalls definitiv ‘massentauglicher’, auch wenn mir dieses Wort zuwider ist. Doch Sven Leiner produziert so und so nur wie er will und deshalb auch niemals für die Masse. Nur blöd, dass dieser Chardonnay um knappe 17 Euro das Zeug zum absoluten Renner hat.

Tipp: 2-3 Stunden Luft sind empfehlenswert. Nicht zu kalt, mit etwa 14-16º geniessen. Zum Grillhuhn, zur Hühnerbrust oder auch zu frischem Fisch ein sicherer Begleiter. Als Solist ein wunderbarer Wein mit XXL-Charme.

Verkostet wurde ein Chardonnay ‘Hadorne’ 2013 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.

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