Chardonnay von den Rieden 2013

| 11. Juli 2015 Alles lesen

Vom “Zehnkämpfer unter den Winzern Österreichs”, so hat ihn Peter Moser vom Falstaff bezeichnet, kommt der Wein der heute am Tisch der Wahrheit steht; von Andi Kollwentz aus Grösshöflein im schönen Burgenland. Hatte ich vor Kurzem einen Rotwein von ihm, den Eichkogel 2011 im Glas, so kommt heute ein Weisswein an die Reihe; der Chardonnay von den Rieden 2013. Von den kalklhaltigen Böden des Leithagebirges stammt der gute Tropfen, der im Stahltank und im grossen Holzfass ausgebaut wurde. “In den Rieden”, das steht für die Lagen Tatschler, Gloria, Neusatz und Bartsatz, auf denen die Rebstöcke stehen. Wie sich dieser Chardonnay, der von unterschiedlichen Lagen stammt wohl zeigen wird, dem wird jetzt auf den Grund gegangen.

Kollwentz Chardonnay von den Rieden 2013 Wie schon auf der letzten Flasche, klebt auch auf dieser ein in zartem beige gehaltenes Etikett. Im oberen Teil zeigt es wieder die breite Häuserfront, die in Form einer einfachen Strichzeichnung dargestellt ist. Offensichtlich soll diese Zeichnung die Fassade des Weinguts darstellen. Unterhalb ist wie gehabt das kreisförmige Logo angebracht, welches einen sich an Rebstöcken festhaltenden Drachen über den Initialen AK enthält. Der Drache ist Bestandteil des ursprünglichen Wappens der Winzerdynastie, dessen Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurück reicht. Kollwentz steht gross und schwarz in einfacher Typo in der Mitte und unterhalb Chardonnay 2013 von den Rieden. Burgenland am unteren Rand komplettiert das einfache, aber auch sehr einprägsame Etikett. Am Rückenetikett erfährt man wieder alles über “die Rieden”, das Klima und die Böden und den Ausbau. Bevor der Wein aber in das Glas darf, wird er für eine Stunde in die grosse Karaffe umgefüllt um sich entsprechend akklimatisieren zu können.

Kompakt, hochreif und dicht

Gelb wie frisches Stroh steht der Chardonnay im grossen Becher. Als würde man in einem feuchten Eichenfass sitzen, so fühlt sich der kompakte und dichte Duft in der Nase an. Röstaromen, etwas Vanille, reife Mango und zerquetschter gelber Apfel. Fein verrührt und mit einer matschigen, braunen Banane unterfüttert. Ein leicht morbider Duft, der erst nach einer Weile zugänglich wird. Nach und nach arbeitet sich eine dichte Kalkwolke empor und drängt die hochreifen gelben Aromen etwas zurück, bringt auch eine schöne Würze hervor. Viel Luft ist unabdingbar für den Chardonnay von den Rieden.

Zitrone, Pfeffer & ein Tick von Süss

Und dann der Moment der Erleichterung. Weit entfernt von dem was in der Nase stattgefunden hat, präsentiert sich der Chardonnay von den Rieden im Mund. Auf die Zunge zischt er mit pulsierender Säure, zeigt feine Zitrusnoten und sehr viel gelbe Fruchtaromen. Gelber Apfel ist da und auch reife Ananas, etwas Vanille, die sich aber schön im Hintergrund hält. Rasante Würze, fast schon pfeffrig, zieht über den Gaumen und es scheint, als würde kurz vorm Abgang ein klitzekleines Zuckerschwänzchen aufblitzen. Der Wein hat Statur, ist aber nicht schwer, er hat Körper und Fülle, ist aber nicht dick. Erstaunlich frisch und agil rollt er rund und weich über die Zunge, am Gaumen wird er immer kalkiger und protzt mit einer ausgewachsenen Pfefferwürze.

Knackig-klarer Chardonnay

Je mehr Luft der Chardonnay von den Rieden aufnimmt, umso knuspriger wird er im Mund. Die Säure wird ihrerseits immer präsenter und lebendiger, die Zitrusfrische sorgt für Speichelfluss und die kraftvolle gelbe Aromatik ist für Fülle und Textur zuständig. Immer da die Ananas, als würde sie versuchen alles zusammenzuhalten. Extrem würzig sobald man beschlossen hat den Wein “nach hinten” zu befördern. Viel Pfeffer, feines Röstaroma und eine grosse Wolke gelber Kalk. Im Abgang sehr mineralisch, leicht angefeuchteter gelber Apfel und ein dezenter Hauch Vanille. Ebenso dabei ein letzter Rest von Süsse, die sich mit der Ananas wie auch der Banane verbündet und so für Saft und Schmelz im Mund sorgt. Beeindruckend ist die Knusprigkeit, die dem doch sehr runden Wein so richtig Pepp verleiht. Ich stell den Tropfen jetzt bis morgen weg, weil ich vollkommen sicher bin, dass dieser morgen der totale Knaller ist.

Und siehe da, meine Vermutung stimmte. Über Nacht hat der Chardonnay von den Rieden an Fülle abgenommen, ist erheblich frischer geworden und zeigt sich auf der Zunge klar und knackig. Der Speck ist weg, die Würze ist noch intensiver geworden und die anfänglich füllige gelbe Aromatik ist einer zitronigen Mineralik gewichen. Es fühlt sich kalkig, sogar etwas herb am Gaumen an, es ist frischer geworden, leichter, feiner und noch eleganter. Sogar der Zuckerschwanz ist so gut wie weg. Die Banane zieht ganz leise im Hintergrund vorbei, die Vanille ist nur mehr ein Schatten ihrer selbst und die Ananas ist wieder heimgereist. Jetzt trinkt man einen knackig-klaren Chardonnay, der sich so gut wie nur mehr über den Boden definiert und alle Fruchtaromen zu leisen und gefälligen Statisten macht. Jetzt singt der Wein, jetzt tanzt er seinen eigenen Tanz. Und ich tanze mit, weil ich noch eine halbe Flasche übrig habe. Feiner Chardonnay, der erst am zweiten Tag sein wahres Ich zeigt.

Tipp: Ein bis zwei Stunden in der Karaffe sind angeraten, mehr sind besser. Mit 12-14º aus dem grossen Glas geniessen. Passt zu klassischen Fisch-, Geflügel- und auch Gemüsegerichten. Als Solist ein Wein, den man sich dank seiner Wandlungsfähigkeit über mindestens zwei Tage gönnen sollte.

Verkostet wurde ein Chardonnay von den Rieden 2013 vom Weingut Kollwentz aus Grösshöflein, Burgenland, Österreich. Bezugsquelle: rotWEISSrot, München.

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