‘Chassignol’ Chenas rouge 2016

| 29. November 2019 Alles lesen

Chassignol Ziemlich genau zwei Jahren ist es her, als ich zum ersten Mal mit den Weinen von Paul-Henri Thillardon von der gleichnamigen Domaine Thillardon aus Chénas in Kontakt kam. Seither bin ich mehr als angetan von seinen Weinen und weiss wo ich hin muss, wenn ich wieder einmal aussergewöhnlichen Gamay trinken will. Nicht diese nichtssagenden Abfüllungen die einem unter dem Getöse von Beaujolais Nouveau aufgeschwätzt werden. Vergessen Sie diese Märchen. Damals hatte ich seinen Les Boccards gekostet und war sofort begeistert, heute steht sein Chassignol am Tisch der Wahrheit. Er stammt von über 90 Jahre alten Reben aus einer steilen, hoch gelegenen Lage die zu einer der besten in ganz Frankreichs zählt. Wie überhaupt die Gamays von Paul-Henri Thillardon zum besten zählen was Frankreich zu bieten hat. Seine Granitböden bearbeitet er mit zwei Pferden, Maschinen gibt es nicht aauf der Domaine. Alles ist bio, vom Weinberg bis in die Flasche, handgemacht und ausgebaut wird grossteils im Betonfuder. Bevor der Chassignol ins Glas kommt wandert er für eine Stunde in die Karaffe.

Dunkelfruchtig, würzig & granitisch

In dunklem kirschrot dreht der Chassignol im Glas die Runde. Das Rezept für den betörenden Duft geht dann so: Man werfe dunkle schwarze Kirschen, ein paar Veilchen und eine Nelke in ein Glas, schüttle es dreimal, füge frisch zerquetschte reife Himbeeren und ein paar geknickte dürre Zweige hinzu und schwenke langsam den befüllten Kelch. Was daraus in die Nase aufsteigt ist schlichtweg bezaubernd, dunkelfruchtig, herrlich würzig und granitisch. Der Boden dem dieser Wein entstammt lässt grüssen.

Feuer, Frucht & Eleganz

Der eigentliche Spass jedoch beginnt, sobald der Chassignol im Mund ist. Dann nehme man ihn, presse ihn langsam mit der Zunge gegen den Gaumen und verliebe sich in der Sekunde. In das Feuer das der Tropfen in sich trägt, in seinen pfeffrigen Charakter, seine subtile Fruchtigkeit und seine Eleganz. Leicht salzig spürt man ihn über die Zungenränder fließen, man spürt wie dieser Wein lebt, wie sein Puls schlägt und er mit seiner eindruckvollen, klaren Mineralität für Schwung im Mund sorgt. Man möchte diesen Beaujolais belebend nennen, darf es auch, man muss es! Was ist das für ein Schauspiel. Granit am Gaumen, fein umhüllt von Kirsche, salzig auf der Zunge und doch würzig, höchst animierend und ungemein vielschichtig ist was man schmeckt und fühlt. Im Abgang wieder rote Frucht und diese klitzekleine Nelke die für den Tick von frecher Süße sorgt.

Das Zeug ist einfach Zauberstoff

Vier Stunden sind in der Zwischenzeit vergangen und was jetzt im Glas steht ist gewaltig, ergreifend. So viel Frische, so viel Finesse und in gewisser Weise auch Rasanz ist schon bemerkenswert. Extraktreich ist der Chassignol, ja, doch alles andere als dick. Im Gegenteil, der Wein ist schlank wie ein Athlet. Dicht ist er, auch das. Doch ist er dabei fein und elegant wie man es nicht für möglich halten würde. Der Chassignol ist frisch, er ist kühl, er ist leicht im Mund und doch kräftig, er ist kompakt und was immer stärker auffällt ist seine enorme, aber äusserst feine Mineraltät. Man kann den schwarzen Grafitstaub förmlich spüren wie er vom Gaumen rieselt, wie er Haftung im Mund aufbaut und dabei von diesem konzentrierten dunkelroten Saft umspült wird. Haptik pur, Geschmack total, Freude ohne Ende.

Ich habe mich dann ganz spontan entschlossen den Tropfen wegzustellen und am nächsten Tag weiter zu verkosten, um zu sehen wie er sich entwickelt. Nun ist der Wein bereits den vierten Tag offen und ich bin nur mehr sprachlos. Süße Würze, reife Kirsche, eine Textur die den Begriff Erotik neu definiert und ein Gesamtauftritt der einen sprachlos macht und nur mehr staunen lässt. Das muss man spüren im Mund, das muss man schmecken. Er füllt den Mund, ist aber fein dabei. Er hat Muskeln, zeigt aber nur deren Silhouette. Er ist seidig, weich, reif, dicht, elegant und trotz allem irgendwie verspielt geblieben. Der Nachhall ist nicht enden wollend und ganz am Schluss, wenn man sich endgültig in das Rot und diese sexy süße Würze des Chassignol verliebt hat, schaut noch einmal eine Prise Salz vorbei und sorgt für Leben in der Bude. Das Zeug ist einfach Zauberstoff. Das ist Weltklasse-Beaujolais. Können Sie locker für die nächsten 15 Jahre in den Keller legen. Und trinken Sie unbedingt jetzt schon die eine oder andere Flasche. Sie werden es nicht fassen was da los ist. Persönliche Empfehlung für alle Beaujolais-Fans.

Tipp: Zwei Stunden in der Karaffe sind fein. Wird mit Luft und Zeit immer besser und geht über Tage! Mit max. 16º geniessen, nicht wärmer, bitte. Ratatouille, Fasan, Pasta, Käse, Wurst und Braten und noch vieles mehr gefällt ihm gut. Zur Alleinbespassung ein Wein dem man spätestens nach dem ersten Glas erliegt.

Verkostet wurde ein ‘Chassignol’ Chénas rouge 2016 von der Domaine Thillardon aus Chénas im Beaujolais, Frankreich. Bezugsquelle: Pinard de Picard, Saarwellingen.

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