‘ClanDestino’ 2004 Brunello di Montalcino

| 24. Oktober 2011 Alles lesen

Der zweite Wein den wir vom Weingut Pinino aus Montalcino in der Toskana auf dem Tisch hatten war ein ‘ClanDestino‘ 2004 Brunello di Montalcino. Entgegen der italienischen/spanischen Bedeutung des Wortes ‘clandestino’ (heimlich, Heimlichtuerei), handelt es sich bei dieser Namensgebung um ein weit subtileres Wortspiel. Es weist vielmehr auf den ‘Clan’ der beiden Winzerfamilien Gamon und Hernãndez und ihr gemeinsames ‘Schicksal’ (destino) hin. Lesen Sie dazu auch die Vorgeschichte zu dieser ‘Schicksalsgemeinschaft’.

Nun stand also der ‘ClanDestino’ auf dem Tisch der Wahrheit. Nobel in Schale geworfen, mit einem silbernen Etikett. Das Wappen des Weinguts prangt in orange am Kopf und die Typographie ist teilweise hochgeprägt und partiell lackiert. So edel dies auch ist, so ein Alptraum ist es für jeden Drucker. Wer einmal bei so einer ‘Fitzelei’ dabei war, der weiss wovon die Rede ist. Aber das ist eine andere Geschichte.

Der Wein war also bereit intensiv erforscht zu werden. 7 Jahre hat der ‘ClanDestino’ auf dem Buckel und ist reif für eine Probe. 2004 war für Montalcino-Weine ein an sich ausgezeichneter Jahrgang und sollte demnach auch Aussergewöhnliches im Glas zu bieten haben. Nach einer Stunde in der Karaffe dann der entscheidende Moment. Ein intensives, dunkles Rubinrot zeigt sich im Glas. Es tendiert fast in ein bräunliches Karminrot. Sehr schön an den Rändern und an der Glaswand feste Schlieren.

Expressiv, komplex und ungewöhnlich

In der Nase dann ein aussergewöhnlicher Duft. Einfach ‘fascinoso’. Umwerfend intensiv, expressiv. Hier strömt 100% Sangiovese aus dem Glas, unterlegt von einer rauchigen Note dringen die Aromen die Nasenflügel hoch und brennen sich förmlich ein. Dazwischen saftige, reife Weichseln und warmes Holz. Eine feine Würze am Ende. Ein sehr animierender und betörender Duft. Das Bukett des ‘ClanDestino’ ist komplex und man riecht neben all dem auch Vanilliges.

Erfrischend anders, luftig frisch

Im Mund ist der Wein vollkommen anders als der ‘klassische’ Brunello. Nicht so körperreich, aber trotzdem schön füllig. Er hat nicht soviel Textur, ist aber trotzdem gewissermassen ‘muskulös’. Der ‘ClanDestino’ präsentiert sich mit einer ungewöhnlichen Leichtigkeit und Frische. Ausgesprochen leichtfüssig sucht er sich seinen Weg auf den Gaumen und zeigt sich dort angenehm kühl und luftig. Die Tannine sind gut eingebunden, recht sanft und seidig und blitzen nur unmittelbar nach der Aufnahme im Mund kurz auf. Es ist komisch; erst deutet der Wein an, dass es pelzig wird im Mund und genau in dem Moment wo man dieses schöne Gefühl wahrnimmt… ist es wieder weg. Genauso schnell wie die Gerbstoffe ‘gekommen’ sind, sind sie wieder verschwunden und hinterlassen einen leicht süsslichen Geschmack. Und Verwunderung.

Zu all dem macht sich eine filigrane Würze im Mund breit und setzt sich frech auf die Zungenspitze. Der ‘ClanDestino’ ist elegant, geschmeidig und lang anhaltend, unterlegt mit Schokoladenoten. Etwas irritierend aber durchaus reizvoll ist der Umstand, dass der Wein in dem Moment wo er die Zunge Richtung Kehle verlässt das Gefühl vermittelt, als würde er auf dem Weg dorthin ‘kalt’ verdunsten. Ebenso beeindruckend, dass der Wein dem Gaumen einen samtigen und trockenen Eindruck beschert und gleichzeitig für ein relativ frisches Finish sorgt. Unüblich für einen Brunello. Eine äusserst spannende und interessante Erfahrung.

Kein Brunello von der ‘Stange’

Auch wenn der Wein aufgrund eines nicht so wuchtigen Körpers ein wenig ‘kurz’ ist, tut das dem Genuss überhaupt keinen Abbruch. Gerade das macht ihn so unverwechselbar anders in der Riege der Brunellos. Wer einen typischen Brunello di Montalcino erwartet hat, der wird enttäucht sein. Der ‘Clandestino’ ist herzerfrischend anders und hebt sich vom ‘Mainstream-Brunello’ wohltuend ab. Er verzaubert mit einer unerwarteten und ungewöhnlichen Frische, wirkt animierend, hat einen gefährlichen Trinkfluss und ist nicht der Wein für das Tête-à-tête am Fell vorm Kamin. Dazu trinkt er sich viel zu leicht weg. Es hat den Anschein, als hätte man es bei Pinino hier geschafft, den kalten Boden des Jänners und Februars zu konservieren und auf direktem Weg in die Flasche zu befördern.

Obwohl der 2004er eigentlich noch zu jung zum Trinken ist, versprüht er bereits jetzt seine Klasse und schmeckt vorzüglich. Wenn er aber in ein, zwei Jahren ‘runder’ geworden ist steht einem ein garantiert spektakuläres Weinerlebnis bevor. Erwähnenswert ist auch, dass der 2004er ‘ClanDestino’ 2009 mit dem Decanter World Wine Award in Gold ausgezeichnet wurde. Mit 35-40 Euro nicht gerade ein Wein für jeden Tag, aber das soll er ja auch gar nicht sein. Jedenfalls ‘schicksalshaft’ ist die Begegnung mit dem ‘ClanDestino’ für all jene, die offen für neue Weinerfahrungen sind.

Tipp: 16-18ºC sind ideal. Unbedingt umfüllen. Der Wein ist jung und braucht einen ganzen Eimer Luft. Eine Stunde in der Karaffe ist durchaus angebracht.

Wein & und Winzer-Info:


Wein: PININO ‘ClanDestino’ Brunello di Montalcino 2004
Winzer: Gamon & Hernández, Pinino
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: 2010-2020
Anbau: Traditionell
Ausbau: 30 Monate im Französischen Barrique
Besonderes: Manuell gelesen
Dekantieren: Ja

Der Wein wurde uns von den Familien Gamon & Hernández vom Weingut PININO aus Montalcino zur Verfügung gestellt.

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Kategorie: Pinino (I), Verkostet