Clau de Nell 2010

| 24. Januar 2014 Alles lesen

2001 kauften Claude und Nelly Pichard das Weingut in Anjou an der Loire und widmen sich dort seitdem zum grössten Teil dem Anbau von Cabernet Franc. Nicht schwer zu erraten ist, dass das Weingut nach den beiden Besitzern Claude und Nelly benannt ist. Anne-Claude Leflaive ist so etwas wie die Leitfigur für Bioweinbau im Burgund und das Weingut selbst ist bekannt für seine Cabernet Sauvignons wie für seine Cabernet Francs, welche allesamt von bis zu 90 Jahre alten Rebstöcken stammen. Einen dieser Weine, den Clau de Nell 2009 haben wir heute am Tisch der Wahrheit stehen.

Clau de Nell Das eierschalenfarbige Etikett das auf der schweren Burgunderflasche klebt, gleicht durch seine unreglmässig gestanzten Kanten ein wenig einer alten Urkunde. CLAU DE NELL ganz oben in Kapitalen, unterhalb der Jahrgang und in der Mitte in einem grossen roten Klecks ein Reiher? Alles umrankt von grauen Weinblättern. Unterhalb die Rebsorte und am Rand ganz unten Anne Claude Leflaive. Insgesamt ein sehr feminin wirkendes Design mit einem leicht nostalgischen Touch. Sehr schöne Weinbeklebung.

Das kleine Rückenetikett informiert relativ ausführlich über den Wein, hat auch einen Hinweis auf die empfohlene Trinktemperatur, informiert über den Boden (roten Silex/Feuerstein) sowie darüber, dass die Trauben aus biodynamischer Bewirtschaftung stammen. Bevor der Clau de Nell in die Gläser kommt, darf er aber vorher noch für eine halbe Stunde ein paar Runden in der Karaffe drehen.

Frisch, frech & jugendlich

In leuchtendem Granatrot mit dezenten bläulich-violetten Reflexen steht der Clau de Nell im Glas. Was einem sofort auf direktem Weg in die Nase springt sind schwarze Johannisbeeren, untermalt von einer sehr feinen braunen Würze. Es riecht vordergründig mehr nach frischer Frucht als nach Erde, es erfrischt in der Nase, hat diesen typisch frechen Johannisbeer’stich’ welcher augenblicklich für regen Speichefluss sorgt. Es ist ein frecher Duft, ein belebender, rotbeerig, würzig, kräftig, aber nicht aufdringlich. Als ob man quer durch ein Gewürzfeld laufen würde. Animierend, saftig, lebhaft, jung und aufgeregt.

Lebendig, agil, kristallklar

So wie sich der Cabernet Franc in der Nase gezeigt hat, genauso frisch und vor allem feingliedrig strömt er über die Lippen in den Mund. Kühl, schlank, erfrischend, agil und mit einer wunderbaren Säure unterlegt. Es rieselt und raschelt auf der Zunge, allerfeinste Gerbstoffe matchen sich mit frischer, lebendiger Säure und die Johannisbeeren streiten sich mit Brombeeren und die Geschmacksherrschaft. Wie ein junger Hüpfer fühlt sich der Clau de Nell im Mund an, ist einerseits herrlich mineralisch, mit lustigen Tanninen ausgestattet und zeigt andererseits gekonnt seine ‘erdige’ Seite. Da sind Tabakblätter im Spiel, jede Menge braune Erdwürze, getrocknete Gewürze aus der Provence und plötzlich schiesst einem die Johannisbeere mitten rein. Auf der Zunge steht der Clau de Nell kristallkar und präzise, am Gaumen reiben sich die Tannine zu feinstem Flugsand ab und im Abgang ist es ein würzig-fruchtiges Vergnügen diesem Tropfen hinterher zu hecheln.

Tiefes, strukturiertes Sinnesfeuerwerk

Will man diesen Wein mit drei Worten beschreiben, dann fallen mir persönlich auf der Stelle spartanisch, puristisch und spröde ein. Der Tropfen ist eine durchaus charmante, aber eben doch spröde Schönheit, wirkt fast zerbrechlich auf der Zunge. Um einem dann sofort seinen Gerbstoffmantel drauf zu drücken. Mit Luft verbindet sich die braune, erdige Würze immer mehr mit den schwarzen und roten Beerenaromen, wird ein harmonisches Ganzes und artet im Mund zu einem wahren Sinnesfeuerwerk aus. Als würde man Tabakblätter im Brombeermantel kauen, Unterholz in Cassis tunken und alles mit einem Nuller-Schleifpapier ummanteln. Und weil das alles nicht genug ist, wird dem Tropfen noch eine Sauerstoffpackung verabreicht um ihm jene Frische mitzugeben, die er wie auf Knopfdruck dann im Mund verströmt. Der Clau de Nell ist ein Kristall, mit der Oberfläche von durch Bronzedüsen gezogener Pasta.

Immer mehr entwickelt sich der Cabernet Franc hin zu einem erdigen, braunwürzigen Gaumenspektakel. Johannisbeeren irren nur mehr verloren im Hintergrund herum, es wird immer brauner und auch bläulicher im Geschmack. Was an Frucht vor einer Stunde da war, verabschiedet sich in einem eleganten fade-out langsam aber sicher aus der Szene, überlässt dem rauchigen, erdigen Wesen des Clau de Nell die Bühne. Es wird eine grosse Tiefe spürbar im Mund, der freche jugendliche Anfangswirbel ist verschwunden, jetzt wird Tacheless geredet. Jetzt ist es Wein für echte Männer, für Entdecker, Abenteurer und Draufgänger. Betriebstemperatur erreicht, jede Schminke abgelegt, nur mehr nacktes Dasein. Jetzt kommt auch Wucht ins Spiel, keine Schwere, nur Druck, Volumen und Kraft. Als wäre der Wein binnen einer Stunde vom Teenager zu einem Weisen geworden. Grosses Cabernet Franc-Erlebnis! Um ca. 26 Euro ist man dabei.

Tipp: 30-60 Minuten in die Karaffe. Eher bei 16º als bei 18º geniessen. Kräftige Küche und deftige Pastagerichte sind wie gemacht für diesen Wein. Sogar als Solist ein ausgezeichneter Begleiter mit hohem Spassfaktor.

Clau de Nell 80x80 Verkostet wurde ein Cabernet Franc Clau de Nell 2010 vom Weingut Clau de Nell in Anjou an der Loire, Frankreich. Claude und Nelly Pichard kauften das Weingut 2001 und bauen dort zum grössten Teil Cabernet Franc an. Bezugsquelle: Bio Wein Online Ramsau/Steiermark, Österreich.

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