Ex Vero II 2006

| 20. Dezember 2012 Alles lesen

Kurz vor Weihnachten machen wir noch zwei weitere Flaschen der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben auf. Wie schon in der ersten Verkostungsrunde haben wir heute wieder einen Wein von Ewald und Brigitte Tscheppes Werlitschhof aus Leutschach in der Steiermark in der Karaffe. War der erste Wein der Beiden der EX VERO I, so nennt sich dieser hier EX VERO II. Im Gegensatz zum EX VERO I wo Chardonnay den Hauptanteil stellt und Sauvignon Blanc und Welschriesling ‘Mitreisende’ sind, verhält es sich beim EX VERO II umgekehrt. Sauvignon Blanc ist der Leader und Chardonnay ist Nebendarsteller. Waren wir bereits vom ersten Wein vom Werlitschhof sehr angetan, so freuen wir uns jetzt schon auf den zweiten der Familie Tscheppe. Selbstverständlich werden wir auch diesmal wieder Geduld beweisen und den Wein über zwei Tage verkosten.

Bis ins letzte Detail deckungsgleich ist das ‘erdige’, naturbezogene Etikett auf der grünen Burgunderflasche. Einzig die römische Zahl II unterscheidet den EX VERO von seinem Namensvetter mit der Zahl I. Der Rest wieder im stimmigen Design gestaltet, mit dem in der Weltkugel verwurzelten Baum als Logo und der ebenso angestaubten Typo in einer Art Kurrentschrift.

Hat das Design auf den ersten Blick altbacken, gar langweilig gewirkt, so erscheint es nachdem man den ersten Wein getrunken hat völlig stimmig. Naturbelassen wie der Inhalt, die gedeckten Farben vermitteln ebenso viel Ruhe und Gelassenheit und alles wirkt zurückgenommen, fast archaisch. Was den Wein an sich betrifft steht ebenfalls noch drauf und auch hier der hilfreiche Hinweis, dass er am besten bei 13-15º getrunken werden soll. Natürlich kommt auch der EX VERO II zum Atmen erst einmal in die Karaffe. Dort darf er sich zwei Stunden ‘öffnen’ bevor er in die blankpolierten grossen Burgundergläser kommt.

Kalk & Steinobst

Ein mittleres Gelb schimmert aus dem grossen Kelch und wird zum Rand hin immer goldener. Nicht trüb, sondern sehr dicht wirkt die Farbe, satt und kräftig. Aus dem Glas duftet es typisch spontanvergoren. Es riecht ein wenig morbid, fühlt sich weich an in der Nase und warm. Alles wird weniger von einer bestimmten Frucht als von einer ausgeprägten, erdigen Mineralik dominiert. Tief im Duftkern verbuddelt nimmt man etwas Grasiges wahr, nicht hart und grün, vielmehr gelb und reif. Man riecht eher den Sauvignon Blanc heraus, soweit das hier möglich ist. Insgesamt ist der Duft leise, wenn auch ausgeprägt. Überreifes Steinobst schnüffelt man heraus, dicke braungefleckte Bananen mischen mit und über all dem steht eine Wolke aus Kalk. Was nach dem eingiessen noch relativ in sich geschlossen war wird mit der Zeit immer eindeutiger in der Aromatik und klarer. Alles wird ‘gelber’, satter und verbindet sich immer mehr zu einem saftigen Duft. Zeit also den EX VERO II anzutrinken.

Feinstes Holz und elegante Säure

Sehr frisch spült es den EX VERO II über die Lippen auf die Zunge. Fast frech wirkt der gute Tropfen dank seiner wohlig animierenden Säure, die elegant eingebunden ist. Der Wein fühlt sich schlank an und wenn er über die Zungenränder abfliesst wirkt er fast zitrusfruchtig. Da ist Biss drin, ohne wirklich zu beissen. Da ist Tempo drin, ohne zu rasen. Extrem leicht wirkt der Naturbursche, da ist nichts Schweres was an ihm haftet und man ist geneigt ein grosses ‘Maul voll Wein’ zu nehmen um ihn ‘raumfüllend’ zu spüren und zu schmecken. Die feine Holznote macht ihn sexy, sie ist klar zu spüren aber in keinster Weise aufdringlich oder gar dominierend. Sie hält sich trotz ihrer Präsenz vornehm zurück, wirkt leicht und fein und macht EX VERO II zu einer ungeschminkten Naturschönheit.

Am Gaumen fühlt sich der EX VERO II nicht minder fein und elegant an. Was auffällt ist die kalkige Ader die er im Schlepptau hat, die alle vorhandenen fruchtigen Aromen mit einem hauchzarten Film überzieht und erst gar nicht ein mögliches ‘Fruchterlebnis’ aufkommen lässt. Man muss ihn spüren diesen Wein, man muss fühlen wie er sich an den Wangen anlegt, den Gaumen belegt und dabei mit einer Mineralität spielt die mächtig beeindruckt. Wer da noch Frucht will sollte sich im Supermarkt einen ‘modellierten’ Sauvignon Blanc besorgen. Dieser hier ist Boden pur, ist unverfälscht und das, was er selbst beschlossen hat zu werden. Das erste Glas hat voll gepunktet, der EX VERO II hat überzeugt. In ein paar Stunden geht es weiter und die Neugier was uns dann erwartet ist entsprechend gross.

Kraftvoll, saftig, dicht verwoben

Nach sechs weiteren Stunden an der Luft hat sich der Duft des EX VERO II komplett verändert. Es riecht jetzt wesentlich nussiger, ein wenig buttrig und auch das Holz, das am Anfang noch sehr fein war, ist jetzt kräftiger definiert. Alles ist dichter geworden im Duft, noch mehr in sich verwoben, wirkt saftiger und voll. Im Mund legt der Tropfen nochmals kräftig zu, fühlt sich komplexer an ohne dabei aber auch nur einen Deut seiner frischen, animierenden Säure verloren zu haben. Es schmeckt auch nussiger, der Wein fühlt sich ein wenig dichter an, zieht aber nach wie vor sehr schlank über Zunge und Gaumen. Ebenso hilfreich ist die gestiegene Trinktemperatur, was sich sehr positiv bemerkbar macht. Wie kühler Rotwein, nur in Weiss, perfekt im Mundgefühl, kalkig am Gaumen, saftig auf der Zunge, sowie lang und mineralisch im Abgang. Der Wein ist jetzt schlichtweg ein Hammer. Sauvignon Blanc kann richtig spannend sein, wenn man ihn so werden lässt wie er es will und möchte. Der EX VERO II ist, wie er jetzt ist, purer Hochgenuss und macht es umso schwerer mit dem Rest bis morgen zuzuwarten. Dann kommt er noch einmal ins Glas um seinen letzten Gang zu gehen.

Die neue Relativität

Nach 24 Stunden in der Karaffe hat sich der EX VERO II weiter verändert und definiert sich jetzt fast ausschliesslich durch ein dichtes Nussaroma. Er hat sich aufs Wesentliche reduziert und zeigt das jetzt in aller Pracht. Pure Mineralität, die sich in Form eines klaren kalkigen Films offenbart, zieht mit der Nuss mit. Auch im Mund wird das Nussaroma immer dichter, immer deutlicher. Der Wein fühlt sich jetzt noch runder an, wirkt noch ein wenig saftiger und konzentrierter, ohne dabei aber dicker geworden zu sein. Er ist nach wie vor schlank und leichtfüssig, vermittelt aber einen dichteren Körper. Die freche Säure ist nach wie vor ohne Verlust vorhanden, sie ist nur noch besser integriert und wirkt fülliger. Der EX VERO II befindet sich in Höchstform und es ist schade, ihn nicht noch einen oder zwei Tage länger verkosten zu können. Was jetzt am Gaumen los ist, das ist schon grosses Kino. Pure Mineralik, Kalk gepaart mit Nuss und dank des grandiosen Säurespiels ein erhebendes, frisches und fröhliches Mundgefühl.

Wie schon der EX VERO I ist auch der IIer kein Wein den man einfach zwischendurch trinkt. Es ist irgendwie so ähnlich wie mit grossen Luxusautos oder einer Harley Davidson. Kein Mensch kommt auf die Idee sich einen Rolls Royce zu kaufen um sich mit ihm der Raserei hinzugeben, oder sich auf eine Harley zu setzen um Tempo zu bolzen. Man steigt ein oder setzt sich drauf um zu cruisen, sich ohne Stress fortzubewegen und alles rund um sich zu geniessen. Man entflieht in gewisser Weise der Zeit und wird eins mit sich und seiner Umgebung. Genau so fühlt sich dieser Tropfen an und genau für diese Art von Genuss ist er gemacht. Es ist dies der fünfte Wein der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben und eines hat sich bereits klar für mich heraus kristallisiert: ‘Naturwein’ relativiert, entschleunigt und zwingt einem ‘seine Geschwindigkeit’ auf. Und das ist schön.

Tipp: Geben Sie ihm unbedingt 2-3 Stunden in der grossen Karaffe. Am besten genossen bei 13-15º. Nehmen Sie sich Zeit für diesen Wein, trinken sie ihn (wenn Sie geduldig sind) über zwei, drei, vier Tage verteilt und erleben sie Wein von einer ganz neuen Seite.

Verkostet wurde eine Weissweincuvée EX VERO II 2006 von Brigitte und Ewald Tscheppes Werlitschhof in Leutschach in der Steiermark, Österreich.

Wenn Sie mehr über diesen Wein erfahren wollen steht Ihnen hier ein informatives Datenblatt zum Download zur Verfügung. Der Werlitschhof ist Mitglied der Wertegemeinschaft Schmecke das Leben.

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Kategorie: Schmecke das Leben (A), Verkostet