Extra Brut
Eine “never ending story” ist das mit den Weinen von Fred Loimer. Kaum ist eine Verkostungsrunde zu Ende, gibt es schon wieder Neues vom Grossmeister aus Langenlois. Diesmal sogar mit Blasen drin. Nach 17 Jahren hat Fred Loimer nun wieder Sekt abgefüllt. Die Weine für die beiden Sprudel die ich hier stehen habe, stammen aus Lagen in Langenlois und Gumpoldskirchen und wurden nach den biologisch-dynamischen Richtlinien des Weinbauverbandes Respekt produziert. Dieser hier, der Extra Brut, eine Cuvée aus Pinot Noir und Zweigelt, hat im Stahltank 6 Monate auf der Feinhefe verbracht und wurde am 3. Juli 2014 abgefüllt. Nach 14-monatigem Hefelager wurde er er am 3. September 2015 degorgiert und heute wird er aus der Flasche gelassen.
Einerseits im gewohnten, minimalistischen “Loimer-Stil” gehalten ist das Etikett, andererseits sieht es noch um einen Tick eleganter aus. Feinst gezackt an seinen Rändern, präsentiert sich das in elegantem taubengrau gehaltene Label. Oben wie gewohnt das bekannte polynesische Fruchtbarkeitssymbol, hier in silber, unten drunter LOIMER in schwarz. In der Mitte in schicker Typo Extra Brut und ganz unten NIEDERÖSTERREICH. Fertig ist das schmucke Teil. Am hinteren, ebenso grauen Etikett alles Wichtige wie Abfülldatum, Degorgierung und verwendete Rebsorten. In diesem Fall 67% Zweigelt und 33% Pinot Noir. Ebenso der Hinweis auf die traditionelle Flaschengärung wie die Handrüttlung. Links unten noch das grüne Biosiegel, was den Blubb als waschechten Biosekt ausweist. Silber ist die Halsmanschette welche die Erscheinung noch eleganter macht. Und jetzt wird der Sprudel von seinem Kork befreit und zur Vernichtung unters Volk gebracht.
Brioche mit Kirsche und Zitrone
Helles birniges Gelb blubbert im Glas vor sich hin. Ein feiner Schaumteppich pulsiert an der Oberfläche. Ungemein hefig dampft es aus dem Kelch heraus. Viel Brioche, warmer Teig und grüner Apfel vermengen sich zu einem feinen, anregenden Duft. Im Hintergrund vereinzelt rote Aromen die dem Zweigelt und dem Pinot Noir zuzuschreiben sind. Etwas Himbeere, etwas Kirsche, leise begleitet von frischer Zitrusfrucht. Domniert aber wird alles von der Hefe auf welcher der Extra Brut eben eine ganze Weile verbracht hat. Erinnert an diverse gereifte franzöische Champagner.
Willkommen im Hefehimmel
Schön. Sehr schön. Und spritzig. Pulsierend, frisch und säurebetont blubbert der Extra Brut auf der Zunge vor sich hin. Frischer grüner Apfel und eine Scheibe Limette sorgen für Bespassung an den Zungenrändern, während am hinteren Gaumen sich der Kalk und die Hefe um die Vorherrhschaft bemühen. Je länger der Blubber auf der Zunge steht, umso frecher, kecker, ausgelassener fühlt er sich an. Äusserst lebenslustig ist das Säurespiel, das dank der dichten Hefigkeit dann doch gesittet bleibt. Erst wenn der Sprudel abgeht merkt man wie sich trocken auf der Zunge anfühlt. Doch ist es nicht nur trocken, es hat auch Grip und haftet richtig kalkig an der Spitze. Der Gaumen ist sowieso dem Kalk erlegen und die Briochearomen tragen das ihre dazu bei. Wunderbar im Abgang, weiss, kalkig, hefig und ein Schuss von Kirsche die der Zweigelt auf seinem Weg zur “Weisswerdung” irgendwo verloren hat.
Feinster Sprudel aus der Alpenrepublik
So traumhaft trocken der Extra Brut auch ist, so ist er auch ein richtig knackiger Sekt. Ungemein klar in seiner Fruchtigkeit die in der zweiten Reihe spielt, so dicht, stoffig und kompakt ist er im Mundgefühl. Man schmeckt einerseits vereinzelt rote Beeren, die Limette führt das Regiment an, doch über allem schwebt die Aromatik von Brioche und Brotteig. Fein, leicht und doch immens päsent. Ich bin generell ein grosser Fan von hefebetonten Weinen, ob nun mit oder ohne Blasen, und das hier ist ganz nach meinem Geschmack. Mousseux vom Feinsten, lebhaft aber nicht aufdringlich, aktiv und doch gezähmt. Die Zunge umspült von rotlimettiger Fruchtigkeit, der Gaumen nanomillimeterfein mit Kalk bepinselt. Weiss ist das Gefühl, rot der Geschmack, zitronengelb der Abgang. Das ist Sekt, kein Schampus, und doch fühlt es sich danach an.
Die Mischung ist … eigenwillig; eigenwillig gut. Es perlt frisch und lebendig, es schäumt vor Freude und es ist derart trocken, dass man am liebsten Wasser zwecks Befeuchtung holen möchte. Fest im Biss wie frischer grüner Apfel. Die Hefe macht ihn weicher und verleiht ihm den gewissen Schmusefaktor. Auch wenn der Kater Krallen hat und einen zärtlich damit streichelt. Weissen Sekt aus Chardonnay und Riesling kann jeder, Fred Loimer macht in Weiss aus Rot. Und hängt dem Ding dann auch noch eine ganze Bäckerei um. Für mich neben zwei, drei anderen ebenso feinen Sprudelweinen, der beste Sekt aus Ösistan. Den würde ich gerne als Pirat in einer Blindprobe französischer Champagner sehen. Ich wette, da würden einige voll in die falsche Richtung fahren. Ich mag den Extra Brut und für 18 Euro kriegt man von Schampus in dieser Klasse genau gar nichts. Zugreifen, Spass haben. Weihnachten und Silvester naht und da sollte man wenigstens einmal im Jahr den Patrioten raushängen lassen und (ich kann es mir nicht verkneifen) auf Industrieware verzichten und Qualität geniessen.
Tipp: Entploppen und mit 8º geniessen. Meeresfrüchte oder feine Desserts veredelt er gekonnt. Oder einfach so geniessen. Mit oder ohne besonderesn Anlass.
Verkostet wurde ein Extra Brut vom Weingut Fred Loimer aus Langenlois, Niederösterreich.
Kategorie: Loimer (A), Verkostet