Faugères ‘Grande Réserve’ 2010
Gerademal drei Weine erzeut man bei Binet & Jacquet in Faugères im südfranzösischen Languedoc. Einen ‘normalen’, eine Réserve und eine Grande Réserve, welche wir heute am Tisch der Wahrheit stehen haben. Alle drei heissen schlicht und einfach Faugères. Einfacher kann man es nicht halten. Schon die ersten beiden Weine von Olivier Binet und Pierre Jacquet haben schwer beeindruckt. Die beiden sind Meister ihres Faches und verstehen es wie nur wenige das oft inflationär verwendete Wort Terroir in ihren Weinen einzufangen und in die Flasche zu bringen. Die Cuvée aus 40% Mourvèdre, 40% Grenache, sowie 10% Carignan und 10% Syrah entstammt radikal ertragsreduzierten 15hl/ha und ist deshalb auch nur in homöopathischen Mengen verfügbar. Zwei Jahre reifte die Grande Réserve in französischen Eichen-Barriques und eines wissen wir jetzt schon; der Wein ist fast zu schade um heute bereits getrunken zu werden. Wir wollen ihn aber ‘kennenlernen’ und stürzen uns ins Abenteuer.
Wie schon die Etiketten der beiden anderen Weine ist auch dieses sehr edel und einfach gestaltet. War das des ‘einfachen’ Faugères orange und jenes der Réserve rot, so ist das Etikett der Grande Réserve in einem satten blitzblau in welchem sich der obligatorische Rebstock kreuzförmig über das blaue Quadrat ausbreitet. Als Symbol für die Gobelet-Erziehung der sich die beiden Winzer von Binet & Jacquet verschreiben haben. Oben wie gehabt Binet & Jacquet und unterhalb des blauen Logos Grande Réserve sowie FAUGÈRES.
Am Rückenetikett steht in französisch alles was den Wein betrifft und man erfährt jede Menge über die Region, die Appellation sowie über den Anbau der Weine. Ebenso kann man lesen, dass der Wein 4-6 Wochen Maischegärung hinter sich hat und die Rebsortenanteile in dieser Cuvée. Als Trinkreife-Empfehlung wird zusätzlich 2013 bis 2019 angegeben. Ein sehr umfassend und informatives Stück Papier. Bevor die Grande Réserve in die grossen Burgunderkelche kommt wandert sie für knappe neunzig Minuten in die Karaffe.
Holz, Wacholder & jede Menge Schiefer
In dunklem Rubinrot dreht die Grande Réserve ihre Runden im Glas. Ein schöner blauvioletter Rand ergänzt das schimmernde Farbenspiel. Der Wein ist nicht ganz dunkel und gewährt noch klaren Einblick bis zum Grund des Glases. Kräftig und doch gesittet duftet es aus dem grossen Kelch heraus. Man riecht Holz ohne davon erschlagen zu werden, man riecht braune Gewürze und Wacholder. Dicht, engmaschig, kraftvoll und intensiv wirkt alles, ohne sich aber heiss anzufühlen. Ebenso hüpft einem das wofür Faugères steht in die Nasenflügel, nämlich Schiefer. Frucht? Nada, Fehlanzeige. Nichts da mit Frucht, hier regiert der Boden. Ausschliesslich und exklusiv. Und noch etwas; es duftet unerwartet frisch und kühl aus dem Becher raus. Eine Wohltat in der Nase, sehr robust, aber gleichzeitig äusserst fein gewirkt.
Komplex, aromatisch, saftig, BEEINDRUCKEND
Nach zwei Stunden trifft die Grande Réserve zum ersten Mal auf die Zunge. Dichtgepackt mit nanomillimeterfeinen Gerbstoffen zieht sie über die Zungenmitte und breitet sich ebenso rasch im ganzen Mundraum aus. Da sind jede Menge PS unter der Haube und doch fühlt sich der Tropfen, im Gegensatz zu so vielen heissen Südfranzosen, erstaunlich kühl an. Fast leicht wirkt er im Mundgefühl und trotzdem spürt man seine Kraft die er in sich hat. Trotz seines beeindruckenden Gerbstoffmantels versprüht der Wein Saft und Charme, man spürt so gut wie nichts vom Holz und nimmt sogar einen Hauch süsser Wacholderbeeren wahr. Die Grande Réserve beeindruckt mit einer Komplexität und Vielschichtigkeit die fast im Minutentakt intensiver und saftiger wird. Der Tropfen wächst mit jeder Minute an der Luft und wird immer grösser im Mund, ohne dabei breit zu werden. Er füllt den Mundraum aus, ist fast üppig in seiner Aromatik und wirkt trotzdem athletisch schlank wie ein Hürdenläufer. Die Zunge jubelt über soviel Saft und der Gaumen kann nicht genug bekommen von dieser seidigen, fast schon kaschmirartigen Struktur die sich über ihn legt. Das ist grosser, ganz grosser Wein!
Zaubert Visionen in den Mund
Um ehrlich zu sein, ich muss mich bei diesem Wein mehr als zurückhalten. Erstens weil die Grande Réserve trotz ihrer Bodendominanz mit einem Saft daherkommt, dass man nicht weiss auf welchen Eindruck man sich mehr konzentrieren soll und zweitens wegen dieser üppigen Dichte die im Mund steht und welche so derartig feingliedrig wirkt, sich so edel und leicht anfühlt, obwohl man spürt wieviel Kraft da drin ist. Man schmeckt dem Saft auf der Zunge nach, spürt wie er sie einlullt und an den Rändern fast ölig abfliesst und man versucht gleichzeitig der seidigen Gerbstoffstruktur hinterher zu hecheln. Man will alles auf einmal, man spürt diesen leichten holzigen Rauch am Gaumen, man ‘schmeckt’ Wacholder und man spürt auf der Zunge wie der Saft aus dem Körper gepresst wird. Es fühlt sich alles irgendwie blaubraun an, mit einem Schuss von schwarzrot. Der Tropfen erzeugt ein Mundgefühl das süchtig macht. 180 Minuten ‘Luftbefeuert’ und es wird immer saftiger, mundfüllender, konzentrierter und eindrucksvoller. Bei all dem bleibt der Wein schlank, bleibt frisch und kühl und vor allem unerwartet leichtfüssig. Selten zuvor hat mich persönlich ein Südfranzose dermassen beeindruckt und mir echten Jubel abgerungen.
Was diesen Wein so beeindruckend, so wirklich imposant macht ist einfach sein Wohlfühlfaktor den er im Mund versprüht. Man weiss man hat etwas Wuchtiges, etwas Grosses und etwas ganz Tolles im Mund und doch spürt man diese enorme Kraft nicht, ist vielmehr überrascht von seiner Eleganz und der feinen Art mit der er sich präsentiert. Die Grande Réserve ist in der Tat eine ‘Grosse Erscheinung’ und man muss sich schon stark am Riemen reissen um den frisch erstandenen Karton oder die Kiste nicht innerhalb der nächsten Wochen einfach zu verputzen. Es fällt schwer diesen Wein in den Keller zu legen und geduldig darauf zu warten was noch alles aus ihm werden soll, wenn er doch jetzt schon ein echter Überflieger ist. Der einzig wirksame Grund, dass man es nicht macht, ist der Bezugspreis von um die 30 Euro für das Abenteuer. Für welches ich persönlich auch das Doppelte ausgeben würde.
Tipp: Zwei Stunden sind ideal in der Karaffe, nach drei beginnt die Reise ins vinophile Wunderland. Bei 16-18º servieren und geniesssen, nicht wärmer bitte! Zu Rind, Wild und flugunfähigen Enten bestens geeignet. Als Alleinunterhalter ein richtig dekantenter Trinkspass auf allerhöchster Stufe.
Verkostet wurde ein Faugères Grande Réserve 2010 von Binet & Jacquet aus Faugères im Languedoc, Frankreich.
Kategorie: Binet & Jacquet (F), Verkostet