Friedelsheimer St. Laurent 2011

| 22. November 2013 Alles lesen

Eigentlich handelt es sich ja bei dem heutigen Wein um einen typisch österreichischen Vertreter seiner Sorte. Jedoch stammt dieser St. Laurent aus des ‘Nachbars Garten’, aus Bad Dürkheim in der schönen Pfalz. Um genau zu sein vom Weingut Pflüger, welches seit mehr als 20 Jahren ökologisch wirtschaftet und seit 2008 biologisch-dynamischen Anbau betreibt. Das Weingut ist Demeter-zertifiziert und Mitglied bei ECOVIN. Am Tisch der Wahrheit steht heute ein Friedelsheim St. Laurent 2011 welcher zu den Ortsweinen des Weinguts zählt. Diese Weine stammen alle aus den traditionellen Weinbaugemeinden der Mittelhaardt wie Dürkheim, Ungstein oder Wachenheim und wir sind gespannt wie sich der St. Laurent aus der ‘Nachbarschaft’ so schlägt.

Pflüger St. Laurent Das Etikett das auf der Burgunderflasche klebt schreit förmlich BIO raus. Minimalistisch bis aufs Letzte ist es in schlichtem weiss gehalten, als dunkle Silhouette pflügt ein Bauer einsam mit seinem Pferd den Boden. Rechts oben in klassischer Typo nur der Name Pflüger und wie der Wein heisst. Das Etikett strahlt Ruhe, Einsamkeit und Weite aus, ist reduziert aufs Wesentliche und das einzige was ‘Farbe’ reinbringt ist der dünne grüne Rand der das Papier links aussen säumt. Mensch, Tier, Natur – das ist es was dieses Etikett eindrucksvoll vermittelt.

Am weissen Rückenetikett ganz oben das Demeter-Logo und unten jenes von ECOVIN. Sonst nur die nötigsten Informationen die man braucht und der Hinweis darauf, dass die Trauben aus ökologischem Anbau stammen. Die Halsmanschette in grün und schwarz, was gleichzeitig das Erkennungsmerkmal dafür ist, dass es sich um einen Ortswein handelt. Bevor der Friedelsheimer St. Laurent in die Gläser kommt darf er für eine halbe Stunde Wiener Luft zur Eingewöhnung schnuppern.

Unerwartet schokoladig

Im Glas steht der Friedelsheimer St. Laurent in einem äusserst dunklen kirschrot, zum Rand hin sogar etwas bläulich werdend. Fleischig sieht die Farbe aus. Entgegen dem erwarteten typischen St. Laurent Duft strömt Milchschokolade in die Nase. Begleitet von brauner feiner Erdigkeit und einem Korb von dunklen Waldbeeren. Nichts Grünes im Bukett, nichts Kräutriges, nichts Sauerkirschiges. Nur warme Schoko-Beerenaromatik. Es fühlt sich weich an in der Nase, fast schon mollig, was auf die Milchschokolade und den Milchkaffeeduft zurückzuführen ist. Über allem weht ein sanfter erdiger Duft der ein Gefühl von angenehmer Wärme vermittelt.

Weich und mild im Mundgefühl

Dicht und reif kommt der Wein auf die Zunge. Saftig ist er dabei, sowohl in Frucht wie auch in der Schokolade. Es fühlt sich weich an im Mund, absolut trocken und mit feinster Würze behaftet. Am Gaumen spürt man seine ‘Erdigkeit’ die sich sehr schön mit den dunklen Waldbeeren verbindet. Am hinteren Zungenende spürt man im Nachhall eine edle Bitterkeit, etwas mit Kirscharomen durchzogen und einer ebenso feinen Würzigkeit. Man spürt den Herbst im Mund, alles ist dicht und auch druckvoll, ohne plump zu werden. Was dominiert ist diese ungewohnte Schokoladigkeit die den Friedelsheimer St. Laurent fast untypisch macht. Fein in der Säure, weich im Mundgefühl, erst im Abgang und im Nachhall etwas herber werdend, fühlt sich alles relativ wenig nach bekannter St. Laurent-Charakteristik an. Es schmeckt definitiv anders.

Erwachsen, konsequent & selbstbewusst

Mit zunehmender Luft wird der Friedelsheimer St. Laurent schokoladiger. Auch die Beerenfrüchte kommen stärker zum Vorschein und insgesamt hat dieser St. Laurent nichts mit dem gemeinsam was ich persönlich aus Österreich kenne. Hier herrscht eine dichte Erdigkeit vor, fülliger Saft in ganz feinem Tanninkleid zeigt sich weich, rund und mild auf der Zunge, wird edelst herb im Abgang und hat nichts mit der typischen, oft überzeichneten Sauerkirschigkeit von St. Laurent am Hut. Vielmehr fügt sich der fruchtige Aromenkorb in der weichen warmen Fülle heller Schokolade ein und versteht es gekonnt einen vollen, von mittlerem Körper geprägten Gesamteindruck im Mund hinzulegen. Hier ist nichts schlank und leichtgewirkt, alles fühlt sich erwachsen, kraftvoll und dicht an, ohne dabei schwer zu wirken.

Im Mund wird der Wein immer dichter, immer cremiger könnte man fast sagen. Obwohl cremig dann doch wieder falsch ist, eher rund, mollig ohne fett zu sein, voluminös ohne dick zu werden, butterweich und sanft. Man wird daran erinnert wie Milchschokolade auf der Zunge abschmilzt, wie sich rote und schwarze Beeren darunter mischen und sich alles zu einem weichen und fülligen Ganzen vermengt. So fühlt sich der Friedelsheimer St.Laurent an und wenn er dann zart, herb und seidig über den Gaumen zieht, dann kann man ein wenig die Kraft spüren die er in sich trägt. Das ist kein magerer, überzeichneter Wein, das hier ist erwachsen, konsequent, selbstbewusst und eigenständig. Ein St. Laurent der sich bewusst weit neben seine Artgenossen und seine eigenwillige Persönlichkeit zur Schau stellt. Ein ‘einfacher’ Wein, der aber auch ganz für sich allein genossen richtig grossen Spass macht. 12 Euro sind ein mehr als fairer Preis für diesen handwerklich hergestellten Tropfen.

Tipp: 30-60 Minuten in der Karaffe lassen ihn schön rund werden. Um die 16º am besten zu geniessen. Zu Braten aller Art und auch zu würziger Küche vorzüglich geeignet. Als Solist ein unerwartet geschmeidiger wie auch sanfter Begleiter.

Pflüger St. Laurent 80x80 Verkostet wurde ein Friedelsheimer St. Laurent 2011 vom Weingut Pflüger aus Bad Dürkheim in der Pfalz, Deutschland. Alexander Pflüger hat den Betrieb 2008 auf die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise umgestellt. Bezugsquelle: Bio Wein Online Ramsau/Steiermark, Österreich.

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