Gottschelle 1ÖTW Grüner Veltliner

| 25. Oktober 2015 Alles lesen

Kirche und Wein, seit jeher eine selige Verbindung. Von einer solchen kommt heute sogar unser Wein; vom Stift Göttweig. 1083 vom Heiligen Altmann, Bischof von Passau, gegründet und 1094 den Benediktinern übergeben, haben 2006 einige Herren, darunter auch das Weingut Stadt Krems, 26 ha Weingärten gepachtet um das Volk quasi mit “heiligem” Wein zu bespassen. Einer dieser Weine ist der Grüner Veltliner Gottschelle 2013 Kremstal Reserve. Er stammt von der Lage Gottschelle, die erstmals 1341 als “Gotschalich” erwähnt wurde. Spontan vergoren und im großen Holzfass gereift ist der Wein der hier am Tisch der Wahrheit steht und von dem ich mir zumindest erwarte, dass nach der Verkostung ein Heiligenschein mein Haupt umkreisen wird.

Gottschelle Sehr schlicht ist das weisse Etikett gestaltet. In der Mitte in grossen schwarzen Lettern STIFT GÖTTWEIGDas Weingut der Benediktiner und am unteren Rand Grüner Veltliner Gottschelle 1 ÖTW Kremstal Reserve. Warum stele ich mir bei diesen Bezeichnungen immer vor Amerikaner oder Franzose zu sein? Und dann ganz oben doch noch ein kleiner “Aufputz” in Form eines Engels der nicht auf einer Harfe zupft, sondern in eine goldene Fanfare bläst. Die Zahl 1083 weist auf das Gründungsdatum von Stift Göttweig hin. Am Rückenetikett neben dem vollständigen Namen des Weins und des Jahrgangs 2013 noch das Siegel der ÖTW (Traditionsweingüter Österreich) eine umfassende Beschreibung über das Stift Göttweig, die Rieden und die besonderen Bodenbeschaffenheiten. Der himmelblaue Stelvin-Drehverschluss ist mit einem kirchlichen Motiv bedruckt. Und weil der Wein (der von 13 PS angetrieben wird) ein “Sponti” ist, darf er sich erstmal für eine halbe Stunde in der Karaffe akklimatisieren.

Kräuterwürzig & extrem gelb

Helles Gelbgrün dreht fröhlich seine Runden im Glas. Reife Steinobstaromen sorgen für Druck in der Nase. Gelber Apfel, Birne, auch etwas Pfirsich haben sich zu einem würzig-fruchtigen Stelldichein zusammen gefunden. Sogar Marille hüft einem in die Nasenflügel. Es riecht intensiv, kräuterwürzig, extrem gelb, fast schon exotisch. Dicht fühlt es sich an, satt und reif. Ein Duft der betört, der sich kraftvoll die Nasenwand hochzieht und dabei doch erstaunlich weich ist.

Wenn Gott mit der Schelle, oder so

Zuerst gelb, dann cremig, dann zitronig. Und am Ende lehmig trocken. In dieser Reihenfolge macht sich der/die, wie heisst das jetzt eigentlich, Gottschelle über die Zunge her. Ungemein weich legt er sich auf sie, entfaltet dort seine cremige Textur und lädt jede Menge gelber Früchte ab. Alles reif, mild und g’schmackig, wie man hier zu sagen pflegt. Sogar Mango taucht auf und bringt als Aussenseiter im Fruchtprogramm einen Schuss Exotik rein. Am Ende quetscht eine Zitrone den letzten Tropfen Saft raus und sorgt so für Stimmung. Am Gaumen ebenso recht fruchtig, doch sehr schön unterfüttert mit einer frischen Kräuterwürze und einem Hauch von weissem Pfeffer. Ganz fein extraktsüss im Finale, im Abgang recht mineralisch und im Nachhall richtig trocken, sogar leicht herb am Gaumen haften bleibend. So schmeckt das also wenn Gott mit der Schelle zum Gebet ruft.

Das Schlussgebet spricht weisser Pfeffer

Nein, er/sie ist nicht süss, der/die Gottschelle, er ist extraktreich und zieht nur einen einzelnen hängen gebliebenen Zuckerwürfel hinter sich her. Der sich dann in einer wunderbar gelben Fruchtigkeit auflöst und für diese sexy Rundung im Mund sorgt. So macht er sich auf der Zunge breit ohne wirklich breit zu sein. Denn kaum steht der Saft auf ihr, öffnet sich ein kleiner Pfefferstreuer und befeuert das fruchtige Ensemble mit seiner weissen Würze. Wie überhaupt der Wein an der Luft immer trockener und mineralischer wird. Man kann es im Viertelstundentakt schmecken und auch spüren. Mild im Säurespiel, weich in der Frucht und karg in seiner Mineralik ist der/die Gottschelle und die Charakteristik wird immer griffiger und herber.

Nach drei Stunden steht ein sehr kompakter, dicht gewirkter, aber keinesfalls schwerer Wein im Mund. Er hat Kraft, fühlt sich aber dank seiner enormen Mineralik relativ karg an. Die gelbe Aromatik ist leiser geworden, hält sich mehr im Hintergrund auf, der Boden hat sich vollständig in den Vordergrund gedrängt. Zwar noch immer fruchtig, doch letztlich äusserst würzig und trocken. Auf der Zunge ist der/die Gottschelle feiner, leichter geworden, auch etwas herber. Am Gaumen zieht ein gelbfruchtiger Film neben einer grünen Kräuterwürze entlang und mündet in ein schottriges Finale. Ein kurzer Stich noch den der Zuckerwürfel anbringt und dann endet alles in einem süsslich-herben wie auch steinig-würzigem Ausklang. Gottes Schelle schellt mit Frucht und Mineralik und das Schlussgebet spricht weisser Pfeffer. Ob dieser heilige Tropfen auch den Ministranten verabreicht wird ist bis dato nicht überliefert. Ich bezweifle aber, dass die Kirchenfürsten diesen Saft mit jedem teilen. Zu gut ist er, sie, was auch immer. Ich geb´s jetzt auf nach dem Geschlecht des Klingelweins zu suchen. Grüner Veltliner Gottschelle 2013 Kremstal Reserve muss einfach reichen. Amen.

Tipp: Unbedingt karaffieren. Geht an der Luft auf. Mit 10-12º trinken. Zu österreichischer wie auch zu würziger fernöstlichen Küche, zu Gebackenem und natürlich zum Wiener Schnitzel bestens geeignet. Als Solist ein Wein der einfach Spass macht.

Verkostet wurde ein Gottschelle 1ÖTW Grüner Veltliner vom Weingut Stift Göttweig aus Furth, Österreich.

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