Grauburgunder 2013 Enderle & Moll

| 22. Dezember 2014 Alles lesen

Der zweite der acht Weine die ich von Sven Enderle und Florian Moll aus Münchweier in Baden hier zur Verkostung habe, ist ein Grauburgunder 2013. Auf Muschelkalk- und Sandsteinböden stehen die Rebstöcke und wie alle Weine ist auch der Grauburgunder spontan vergoren, ungeschönt und unfiltriert. Ebenso wurde auch dieser Wein in gebrauchten Barriques gelagert und nicht abgezogen oder umgelagert. Konsequent zieht man bei Enderle & Moll diese Art der Weinbereitung durch und wenn der Grauburgunder von der Charakteristik her nur annähernd so ausfällt wie der Liaison den ich zuvor verkostet habe, dann tut sich hier eine äusserst interessante Weinwelt für mich auf.

Grauburgunder Noch einen Schritt weiter bei der Minimalgestaltung der Gebinde geht Enderle & Moll bei den Weissweinen. Das an sich schon spärliche, im Anti-Design gestaltete Etikett mit dem Wappen von Münchweier ganz oben und der Weinbezeichnung Grauburgunder in der verspielten Typo in der Mitte, wird dieser klaren Flasche ohne weiteren Schnickschnack einfach der Stoppel oben reingesteckt und fertig ist die Pulle. Es ist einfach, fast schon banal und genau das macht die Erscheinung so eindrucksvoll. Das ist ‘ne Flasche und da ist Wein drin. Was braucht es mehr? Auch am Rückenetikett liest man oben wieder LANDWEIN OBERRHEIN sowie Grauburgunder 2013. Sonst noch die Adresse, eMail, Internet und die Losnummer. Weil der Wein unfiltriert ist und man sehr schön einige der Trubstoffe in der Flasche umherströmen sieht, wird der Wein in die Karaffe umgefüllt und eine Stunde in Ruhe gelassen. Zeit genug um das Burgunderglas polieren zu können.

Frisch & aninimerend

Nicht rosa, nicht lachs, nicht orange, sondern alles zusammen ergibt, da der Wein nicht filtriert ist, eine zarte rötliche Farbe die aus dem Glas leuchtet. Sie erinnert mich augenblicklich an jene des La Courtade Rosé von der Insel Porquerolles. Untypisch auch der Geruch der die Nasenflügel hoch zieht. Es riecht nach frischer Quitte, es fehlt komplett das rauchig-birnige. Kein Matsch, vielmehr frisch und animierend mit straffer Mineralik, feine Zitrustöne, trockenes Heu, ein paar Mandelsplitter. Insgesamt ein sehr dezenter Duft, der blind nicht zwingend als Grauburgunder erkannt werden muss.

Straff, kühl und mineralisch

Straff, mit wunderbarer Säure und kühler Mineralik kommt der Grauburgunder auf die Zunge. Richtig erfrischend agiert er im Mund, läuft mit klaren Zitrusnoten über die Zungenränder und sorgt für angenehmen Speichelfluss. Auch im Geschmack eher an Quitten und Ringlotten erinnernd als an Birne. Null Speck, null Rauch, nur pures Leben das sich hier im Mund ausbreitet. Der Wein sprüht förmlich Funken, als würde man mit Feuersteinen aneinander klatschen. Rassig und dabei gleichzeitig relativ cremig gleitet er über die Zunge, verspritzt dort seine Säure und neckt mit herrlich kecken Zitrusaromen. Am Schluss bleibt eine leichte Mandelnote am Gaumen stehen. Im Abgang frisch, mineralisch und staubtrocken.

Nichts für die Jack Wolfskin-Fraktion

Ich bin fasziniert von der Agilität mit welcher der Grauburgunder im Mund arbeitet. Er taucht die Zungenspitze ganz tief in den Säuretopf ein und zieht dann weich und cremig über die Zunge hinweg. Hinter sich schleift er dabei saftige Ringlotten her, die an den Zungenrändern auf Zitrusfrüchte treffen und so für Spass sorgen. Mit Luft treten dann die Mandelaromen weiter in den Vordergrund, verleihen dem Wein einen leicht herben Touch, streichen den Gaumen ebenso herb ein und sorgen für ein trockenes und doch recht saftiges Mundgefühl. Nach und nach wird der Grauburgunder fleischiger, gleichzeitig scheint es, als würde sich seine Textur ‘öffnen’, es wird ‘grober’ im Sinne von weitmaschiger. Als würde sich der Wein aufsplitten und in zwei Spuren durch den Mund fahren. Links Geschmack, rechts Gefühl und am Gaumen trifft sich alles wieder zur fröhlichen Zusammenkunft. Beeindruckend!

Jetzt, nach drei Stunden in der Karaffe, wird der Grauburgunder auch erdiger. Er reduziert sich immer mehr auf den Boden, auf seine Mineralität und auf seine doch recht komplexe Struktur. Was an Frucht noch da ist zieht er mit, lässt sie erkennbar bleiben, aber nicht das Kommando übernehmen. Furztrocken, edel herb, animierend frisch und dezent fruchtig – eine Kombination die mehr als Spass macht. Die Birne hat sich übrigens bis jetzt nicht blicken lassen und ich bin sicher, dass sie heute auch nicht mehr vorbei schauen wird. Grauburgunder ganz weit abseits der ausgelatschten Trampelpfade. Nichts für die Jack Wolfskin-Fraktion, sondern was für echte Outdoor-Freaks. Ich hab noch eine halbe Flasche und die wird dann am Abend enduntersucht.

Tipp: Karaffieren (wegen Trubstoffen) empfohlen. Eine Stunde Luft ist fein. Im grossen Burgunderglas mit 12-14º geniessen. Passt zur herbstlichen regionalen Küche und macht auch als Alleinunterhalter grossen Spass.

Verkostet wurde ein Grauburgunder 2013 vom Weingut Enderle & Moll aus Münchweier in Baden, Deutschland.

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