Gricos 2009 Aglianico Vulture

| 12. Januar 2013 Alles lesen

Den Beginn unserer Reise in die unbekannte Basilikata im tiefen Süden Italiens macht heute ein Wein aus einer Rebsorte, die nicht minder weitgehend unbekannt ist. Ein Wein, der von Fabrizio Piccin und seiner Frau Cecilia Naldoni, Besitzer des Weinguts Grifalco della Lucania in Venosa in der Region Potenza hergestellt wird und der den schlichten Namen Gricos trägt. Aus 2009 ist er, aus 100% Aglianico ist er und weit entfernt von vorgegebenen und/oder erwarteten Stilistikzwängen ist er. Fabrizio Piccin produziert Weine wie er sie haben will und beschreitet damit einen Weg, der es erlaubt neue persönliche Horizonte zu erschliessen und sich in neue Weinwelten zu begeben. Wir haben den Gricos 2009 aufgemacht und uns auf eine besondere Reise aufgemacht.

gricos Dunkelschwarz steht die Bordeauxflaache auf unserem Tisch der Wahrheit. Schwarz deshalb, weil auf der selbst schon äusserst dunklen Flasche ein noch dunkleres, nämlich schwarzes Etikett klebt. Als Kontrastfarbe dient ein sattes, durch rote Farbe angewärmtes Gelb, auf dem in eben diesem ein grosser Falke abgebildet ist und auf der gelben Fläche unterhalb in schwarz gross GRICOS steht. Darunter die Rebsorte und der Status der Appellation. Ein kraftvolles, impactstarkes Stück Papier das auf dem Gebinde klebt und doch wirkt es elegant und vornehm und lässt die Flasche als eine in sich verschmolzene Einheit erscheinen. Auf jeden Fall hinterlässt es Eindruck und hat einen immens hohen Wiedererkennungswert. Kein Etikett das man vergisst wenn man es einmal gesehen hat.

Am schwarzen Rückenetikett in italienisch und in englisch alles über den Wein, seine Herkunft und ein paar sensorische Notizen. Bevor der Gricos seine Flügel ausbreiten darf, kommt er für eine Stunde in den Dekanter um sein Federkleid auf Hochglanz zu bringen. Danach kommt er in die Gläser.

Fruchtig & gesittet rustikal

Relativ dunkel in der Farbe, fast schwarz, steht der Gricos im Glas und leuchtet nur an den Rändern in umso kräftigerem Rubinrot aus ihm heraus. Der Film an der Glaswand ist dünn und fliesst ebenso rasch wieder ab. Es duftet auf den ersten Eindruck fruchtig, nach dunkelroten Beeren und über dem Ganzen schwebt eine feine würzige Note. Es riecht einerseits sehr saftig und konzentriert, doch steht auch eine feine Holznote neben den kräftigen Aromen, ohne aber dominant zu werden. Leicht florale Noten sind dabei und insgesamt reiht sich dieses Bukett in die Kategorie ‘gesittet rustikal’ ein. In diesem konzentrierten Duftkorb riecht man Weichseln ebenso wie Brombeeren, alles bestreut mit feinsten Holzraspeln. Ein kräftiger, dichter, gehaltvoller Duft der aus dem Glas steigt.

Anders italienisch

Geschmacklich ungewohnt, gefühlsmässig überraschend. So kommt der Gricos über die Lippen auf die Zunge und den Gaumen. Geschmacklich ungewohnt deshalb, weil er so gar nicht (wie erwartet) ‘italienisch’ schmeckt und gefühlsmässig überraschend, weil er mit einer Gerbstoffdichte auf die Zunge kommt die schon beeindruckend ist. Saftig lässt sich der Gricos auf der Zunge nieder, man spürt das Holz und merkt, dass diese Frucht so gut wie keine Süsse in sich trägt, sie ist einfach nur ‘fruchtig’. Gleichzeitig merkt man die Dichte dieses Weins, spürt wie sich kräftige aber dennoch elegante und fruchtige Gerbstoffe bemerkbar machen und die Lippeninnenseiten in Beschlag nehmen, ohne dabei zu kräftig zu werden. Der Gricos ‘schmeckt’ anders italienisch und er fühlt sich auch anders italienisch an. So kräftig seine Tannine sind, so mild verrichten sie ihre ‘Arbeit’ im Mund und lassen genug Platz, um den insgesamt fruchtigen Eindruck elegant zu unterstützen und zu führen.

Dicht, substantiell & alltagstauglich

Mit zunehmender Luftaufnahme wird der Gricos intensiver, dichter, saftiger und rustikaler. Wobei rustikal hier dafür stehen soll, wie erdbetont der Wein sich gibt. Es ist diese Kombination von Frucht und Gerbstoffen die so harmonisch ineinander greifen und zu einem kraftvollen Ganzen verschmelzen. Der Gricos wirkt einerseits sehr fein und ist trotzdem ein kräftiger Bursche. Er ist dicht und doch fühlt er sich nicht protzig an. Ich bin begeistert von dieser Gerbstoffqualität welche nicht den üblichen Pelz auf die Zunge und den Gaumen zaubert, sondern nur durch ihre fruchtige Art beeindruckt. Sie überlässt dem Gaumen jederzeit die Kontrolle und setzt sich vielmehr an der Innenseite der Lippen fest, um von dort in ein langes fruchtiges, leicht rauchiges Finale überzugehen. Was bleibt sind Lippen an denen man dem Wein hinterher leckt und ein Abgang der ebenso fruchtig wie intensiv ist.

Wenn der Gricos nur der ‘kleinste’ Wein von Grifalco ist, dann beginne ich sofort davon zu träumen was die anderen drei zu bieten haben. Soviel authentischen Weinwert um 8-9 Euro zu finden ist nicht leicht, soviel Weincharakter ebensowenig. Ausgestattet mit einem mehr als gefälligen Trinkfluss hat der Gricos das Zeug zum Alltagsitaliener, so man gewillt ist ein wenig vom ‘einstudierten’ Italiengeschmack abzuweichen. Seine 13,5% sind kräftiger als sie erscheinen, dafür sorgt der dichte Saft im Wein und seine konzentrierten Aromen. Kein leichter Bursche, obwohl er sich leicht und locker anfühlt. und sich ebenso leicht und locker wegtrinkt.

Tipp: Gönnen Sie dem Wein 1 Stunde im Dekanter. Geniessen sie ihn bei 16-18º zu regionaler Küche, zu BBQ und vor allem zu jeder Art von Pasta. Macht auch solo grossen Spass und ist ein absolut unkomplizierter Alltagswein.

logo60 Verkostet wurde ein Gricos 2009 Aglianico Vulture von Fabrizio Piccin und Cecilia Naldoni von der Grifalco della Lucania in Venosa in der Region Potenza, Italien.

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