Gumpoldskirchen 2013 Pinot Noir
Auf nach Gumpoldskirchen. Zurück in meine Kindheit und Jugend. Aufmerksame Leser wissen was damit gemeint ist, andere lesen hier nach was es damit auf sich hat. Aus Gumpoldskirchen, jenem Weinbauort an der Thermenlinie im südlichen Niederösterreich, das auf immer und ewig mit “Südbahn” verbunden sein wird, kommt auch der heutige Wein von Fred Loimer. Und der heisst eben auch ganz schlicht und einfach Gumpoldskirchen. Ein Pinot Noir, Jahrgang 2013. Drei Wochen war der Wein auf der Maische, in grossen Holzgärständern wurde er spontan vergoren und in gebrauchten 300 Liter Eichenfässern ausgebaut. Abgefüllt wurde der Gumpoldskirchen im Juli 2015 und heute, ein knappes Jahr danach, steht er bei mir am Tisch der Wahrheit. Ganz interessant wird dabei sein, wie sich der Gumpoldskirchen 2013 von seinem “Kollegen”, dem Langenlois 2013, den ich bereits im Vorjahr verkostet habe, unterscheidet. Das Glas ist poliert und in der Karaffe dümpelt der gute Tropfen seit einer Stunde vor sich hin. Also, auf geht´s!
Minze, Moos & dunkle Beeren
Dunkles karminrot steht im Glas und fliesst langsam an der Wand ab. Brombeeren und jede Menge trockene Zweige sind die ersten Aromen die sich die Nasenflügel hoch arbeiten. Ein wenig Moos liegt darunter, viel Erde und braune Gewürze. Es duftet intensiv ohne zu lärmen. Ein Minzeblatt treibt sich im Hintergrund herum, sorgt für kühle Frische und verleiht dem Gumpoldskirchen einen leicht ätherischen Touch. Trotz seiner Feinheit ein kraftvoller Duft der aus dem Glas strömt. Rot, erdig, würzig, frisch. Herbst in der Nase.
Flotter Drive & volle Power
Überraschend weich und mild kommt der Gumpoldskirchen auf die Zunge. Tannine fast nicht spürbar, bestenfalls erahnbar. Dafür ein frischer Saft der einen Kirschen und Waldbeeren schmecken lässt. Lebhaft macht sich eine tolle Säure bemerkbar, sorgt für Drive und am Gaumen merkt man ganz langsam, wie trocken, fast schon herb der Wein ist. Erst jetzt spürt man die toll eingebundenen Tannine wie sie Haftung aufbauen und sich auch hinter den Lippen etwas festsetzen, bevor es im Anschluss Richtung Speiseröhre geht. Der Abgang saftig, fruchtig-herb und fein würzig. Es fühlt sich, trotz aller Eleganz, kräftig an, der Wein hat Power und steckt doch in einem relativ feingliedrigen Gerüst. Geht im Glas immer mehr auf und entwickelt eine richtig erdige Charakteristik. Was jetzt schon als grösster Unterschied zum Langenlois 2013 erkennbar ist.
Ein Muss für alle die Charakter mögen
Was mich beim Gumpoldskirchen ganz persönlich “anmacht”, ist seine gewisse Rustikalität mit der er sich im Mund ausbreitet. Der Langenlois ist elegant, distinguiert. Der Gumpoldskirchen ein durchtriebener Halunke, der sich nicht scheut sich in den Dreck zu werfen. Er hat Ecken und Kanten, lässt gerade soviel Frucht im Mund stehen, dass man sie schmeckt und macht sonst brutal auf Erdigkeit. Knochentrocken, würzig und kraftvoll macht er Druck am Gaumen. Gleichzeitig wird er auf der Zunge immer frischer, fast schon keck dank einer äusserst feinen Säureader. Man schmeckt etwas Sauerkirsche, welche sich mit einem leichten Stich auf der Zungenspitze bemerkbar macht. Neckisch, frech und fröhlich. Um sofort im Anschluss traumhaft griffig an den Lippen und am Gaumen abzuklingen. Am Ende spürt man Erde und schmeckt kirschrot.
Definitiv nichts ist der Gumpoldskirchen für Pinot Noir-Freunde die nur auf Frucht und glattgebügelte Haptik stehen. Die werden nachhaltig traumatisiert verenden. Ein Muss dagegen ist der Tropfen für all jene die Charakter mögen, die ein wenig Cowboy sind und auch sonst nichts gegen etwas Staub in den Stiefeln einzuwenden haben. Die werden glücklich sein kein Zuckerwasser trinken zu müssen, sich zufrieden in den Schaukelstuhl vor dem Saloon verfrachten und sich einen grossen Kelch genehmigen bevor sie wieder in den Sonnenuntergang aufbrechen. Conchita, Margarita und Tusnelda müssen warten wenn der lonesome cowboy sich mit seinem “dirty wine” lieber am Lagerfeuer vergnügt als im plüschdekorierten Heim den Lagerkoller kriegt. In diesem Sinne, lasst euch sagen, der Gumpoldskirchen hat schon so manchen Snob ganz rasch in aufgeregte Flucht verschlagen. Ich schmeisse meine Stiefel jetzt ins Eck und gönn´ mir mal noch einen Humpen von dem rustikalen Tropfen. Wanna join the club?
Tipp: 2 Stunden Luft im Dekanter sind fein. Mit 14-16º geniessen. Braten, Käse, Wild und andere Fleischgerichte veredelt er gekonnt. Ohne alles, einfach so, ein Wein für Cowboys und andere verwegene Gestalten.
Verkostet wurde ein Gumpoldskirchen 2013 Pinot Noir von Fred Loimer in Langenlois, Niederösterreich.
Kategorie: Loimer (A), Verkostet