Gutedel ‘Heugumber’ 2011

| 26. September 2012 Alles lesen

Von Rheinhessen führt unsere Reise in den Süden von Deutschland, wo wir einen Stopp im Markgräflerland einlegen. In Efringen-Kirchen in Baden-Württemberg, das direkt an den Rhein grenzt und genau die Grenze zu Frankreich markiert. Aus diesem ‘äussersten Eck’ haben wir einen Wein am Tisch stehen, der in Deutschland nicht gerade fröhliche Urständ feiert, in dieser Region aber zum genüsslichen Weinalltag gehört, nämlich einen Gutedel. In der Schweiz und Frankreich als Chasselas bekannt, tritt der fröhliche Badener unter dem Namen Gutedel auf. Sein Beiname ‘Heugumber’ bedeutet im alemanischen soviel wie Grashüpfer, und genau diesen lassen wir jetzt aus der Flasche springen. Von Hanspeter Ziereisen ist der Tropfen übrigens, und dessen Ausspruch “Über Qualität rede ich nicht – ich setze sie voraus” macht uns besonders neugierig. Noch dazu wo es sich um einen Wein handelt, der praktisch zum Sozialtarif unters Volk gebracht wird.

In der grünen Burgunderflasche steht der ‘Heugumber’ also vor uns und darauf klebt ein einfaches, aber umso ‘fetzigeres’ Etikett. In perfekt passender gelblicher Farbe mit einem grünen ‘Wasauchimmer’ oben. Ist das ein Autogramm, einfach etwas ‘Hingekritzeltes’ oder steckt da gar ein tieferer Sinn dahinter? Es gefällt mir und ohne dem was drunter steht, nämlich Heugumber 2011 Ziereisen, könnte ich es mir durchaus gut in einem feinen Rahmen an meiner Wand vorstellen. Aber dazu ist es dann wohl doch nicht gedacht, oder doch?

Auf der Rückseite erfährt man alles Wesentliche über diesen Wein und ebenso, dass es sich dabei um eine der ältesten Kulturrebsorten der Welt handelt. Viel Platz wird der Herstellung eingeräumt und man erfährt, dass der ‘Grashüpfer’ 8 Monate auf der Hefe reifte bevor er in die Flasche durfte. Wir sind bereit der Hüpfer raus zu lassen und ‘knacken’ die Flasche einfach auf.

Zitrusfrucht & Wiesengräser

Aus dem Glas strahlt der Heugumber in einem hellen und intensiven strohgelb. Ein feiner grünlicher Film liegt auf der saftigen Farbe. Seine Aromen verströmt der Tropfen sehr verhalten und man muss seine Nase schon tief ins Glas stecken um die feine Zitrusfrucht mit sehr pikanter Würze zu vernehmen. Es ist ein ganz eigener Duft der da im Glas haust, komplex, dicht und mit einem Hauch Vanille behaftet. Irgendwie riecht es wie auf einer frischen Wiese mit ihren unzähligen Gräsern und Sträuchern. Ein sehr animierendes, pikant-frisches Bukett das trotz seiner Intensität äusserst verhalten und weich ist.

Erfrischend, füllig, delikat

Kaum hat der Heugumber erfrischend und fast ‘spritzig’ die Lippen passiert setzt er auf der Zunge seine zitrusfruchtigen Aromen ab. Nicht ordinär und einfach rücksichtslos, sondern weich, saftig und äusserst mild. Es fühlt sich insgesamt sehr mild an was man da im Mund hat und man wundert sich, wie soviel Milde so erfrischend sein kann. Fährt man sich mit der Zunge über die Lippen sticht sich förmlich die Zitrone durch. Jedoch nicht so wie man sich das gemeinhin vorstellen würde, sondern saftig wie eine warme Zitronencreme, füllig, voll und fast schon opulent. Es fühlt sich toll an diese fröhlich-freche Note lange auf der Zunge zu spüren und zu fühlen wie sie über den Gaumen wegzieht. Bei all der aromatisch-delikaten Fülle fällt einem erstmal gar nicht auf wie trocken dieser Wonnetrofpen in Wirklichkeit ist.

Doppel-Jackpot

Was beeindruckt ist das wirklich charaktervolle Mundgefühl das der Heugumber vermittelt. Da ist nichts von einem federleichten Tropfen der ob seiner läppischen 11,5% vielleicht allzu leicht wirken, banal einfach oder seelenlos schmecken könnte. Genau das Gegenteil ist hier der Fall. Man erwartet nicht diese stoffige Konsistenz, nicht diese Fülle und so einen ausgeprägt aromatischen Körper in diesem Wein. Hier hat man mindestens das Doppelte von dem im Mund als man erwartet hätte.

Spontan vergoren, ein langes Hefelager und 8 Monate in Edelstahl und grossen Eichenfässern gereift, das alles sorgt für dieses stoffige, cremig-füllige und saftige Gefühl im Mund. Absolut mild in der Säure dürfte er nicht einmal dem sensibelsten Magen etwas anhaben können und wer glaubt, dass das schon alles war was dieser geschmeidig-fröhliche Tropfen zu bieten hat, der irrt. Der Heugumber hat mehr als nur eine freche Fruchtigkeit zu bieten, er hat zu all dem auch noch richtig Charakter in Form einer feinen mineralischen Ader, eines mittellangen Abgangs und eines wunderbar pikant-fruchtigen, sogar leicht herben Nachhalls. Mich persönlich fasziniert sein grüner grasiger Duft und seine pikante Fülle im Mund. Und das alles für lächerliche 5 Euro 90. Ein echter Segen um sich, wenn nötig, auch ein zweites Fläschchen aufzumachen.

Tipp: Aufmachen, einschenken, Spass haben. Am besten bei 8 – max.10º. Servieren Sie ihn zu kräftiger Gemüseküche, gebratenem Süsswasserfisch, oder machen Sie die Pulle einfach so weg. Und kühlen Sie eine zweite Flasche ein.

Wein & und Winzer-Info:


Wein: Gutedel ‘Heugumber’ 2011
Winzer: Weingut Ziereisen
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: -2013+
Anbau: Naturnah
Ausbau: Holzfass >300l
Besonderes: -
Dekantieren: Nein

Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle aus Nürnberg zur Verfügung gestellt.

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