Hermitage 2010

| 21. November 2012 Alles lesen

Nobel geht die Welt zugrunde, heisst es. Weil es aber damit noch ein wenig dauert, packen wir einen nicht minder noblen und einen der berühmtesten Weine Frankreichs, einen Hermitage von der Maison Nicolas Perrin aus und versüssen uns den Tag damit. Vom Zeugenberg Hermitage in der Gemeinde Tain l´Hermitage am linken Ufer der Rhône stammt unser Edeltropfen, der aus den Rebsorten Marsanne und Roussanne gekeltert und aus dem Jahr 2010 ist. Vom Wine Spectator hat der Hermitage 2010 zwar 92 Punkte erhalten, was uns aber wie gewohnt egal ist. Wir wollen selbst erforschen was aus der Flasche in die Gläser kommt und wie sich das ‘flüssige Objekt’ in unseren eigenen Mündern anfühlt. Punkte sind das Eine, eigenes Erleben aber etwas völlig anderes.

Konsequent umgesetztes Corporate-Design auch auf den Weissweinen der Maison Nicolas Perrin. Nichts Neues ‘an der Front’ der Flaschenbeklebung gibt es über das konsequent durchgezogene Corporate Design auf den Weinen der Maison Nicolas Perrin zu berichten. Auf weissem Untergrund das alles überstrahlende Wappen mit den levadierenden Pferden und dem Motto ‘Axis Mundi’ in der roten Schleife. Selbstverständlich auch in gewohnt eleganter roter Schrift die Herkunft entsprechend gross platziert. Nichts zählt mehr als Herkunft bei französischem Wein.

Auch auf diesem Rückenetikett ist alles Wesentliche in englisch angeführt, was für französische Begriffe als echter Fortschritt angesehen werden kann, da man sehr gerne an der eigenen Sprache festhält und wenig Rücksicht auf jene nimmt die ihrer nicht mächtig sind. Weil der Wein noch jung ist und wir der Ansicht sind, dass etwas Luft ihm gut tun wird, darf der Hermitage für eine Stunde in der Karaffe seine Runden drehen.

Bratapfel & Pudding á la Karamell

Goldfarbig zieht der Hermitage seine Kreise im Glas und ganz leicht blitzen grünliche Reflexe auf. Ein dicker Film schmiert sich an der Innenwand gemächlich runter. Es riecht wunderbar fruchtig in der Nase, nach Birnen und Äpfeln, aber auch nach kandierten Früchten und Gewürzen. Es duftet saftig, voll und wunderbar aromatisch. Eine schöne Würze steht über dem Aromenkorb. Bratapfel kommt dazu, auch Karamellpudding und es fühlt sich dicht und kompakt an in der Nase. Insgesamt verströmt der Hermitage einen Duft der angenehm warm, rund und füllig wirkt.

Üppig, mild und mineralisch

Üppig. Das ist der erste Eindruck den man hat wenn der Hermitage in den Mund kommt. Dabei drückt er nicht einmal so sehr auf die Zunge als er sich sofort am Gaumen breit macht. Auf der Zunge spürt man ihn interessanterweise erst nachdem er ‘seinen Weg’ gegangen ist. Dann hinterlässt er einen Geschmack nach Mandeln und es fühlt sich an als würde er erst jetzt so richtig ‘aufgehen’. Mit dem zweiten Schluck wird dann gespielt im Mund und man spürt wie rund der Hermitage sich auf der Zunge anfühlt.

Trotz seines Saftes und seiner Üppigkeit hat man nicht das Gefühl von einem allzu körperreichen Wein malträtiert zu werden. Er hat Statur, ganz ohne Zweifel, aber seine Trockenheit mit welcher er über den Gaumen zieht lässt ihn erheblich leichter wirken als er ist. Eine kräftige mineralische Ader sorgt für Frische obwohl der Wein ob seiner Aromatik relativ warm wirkt. Dieses wohlige Gefühl wird durch die fast versteckte Säure noch verstärkt. Alles wirkt sehr mild im Mund, fast wie Kamillentee, und sowohl auf der Zunge wie auch am Gaumen spürt man den Hermitage weich dahin fliessen.

Herkunft & Boden – Alles was zählt

Der Hermitage ist ein Wein auf den man sich ‘eintrinken’ muss. Mag der erste Schluck für jene die ihn zum ersten Mal trinken verwirrend sein, so offenbart sich der Tropfen auf den zweiten und dritten Schluck immer mehr. Spätestens beim zweiten Glas löst sich alles in Wohlgefallen auf und man beginnt den Wein zu mögen. Man geniesst es wie er sich über den Gaumen schleicht, fein herb, saftig, sogar etwas rauchig und wie er sich geschmeidig auf den Lippen anlegt. Man kommt auf den Geschmack, man beginnt die Mineralik in diesem Wein besser zu ‘lesen’ und man erfreut sich ob der wohlig weichen Wärem die der Hermitage verströmt. Mt seinem langen Finale ermöglicht einem der Hermitage seine Aromatik nachzuschmecken, man kann ihn noch lange am Gaumen spüren, weil er richtig darauf haften bleibt.

Insgesamt ist der Hermitage ein Wein der seine Herkunft zeigt und sicher nichts für Freunde frischer Früchte ist. Herkunft und Boden dominieren und es macht Spass das alles kennenzulernen. Frucht ja, aber nur dezent. Der Rest soll für sich sprechen und das tut er auch. Idealer Herbst- und Winterweisswein, wenn es nass, kalt und in der Regel grau im Freien ist. Kein fröhlich-frischer Freudenspender, sondern Wein für gemütliche Stunden ohne Hektik und Getöse. Ein echter ‘Rückzugstropfen’ um das Leben ein wenig entschleunigter zu geniessen. 50-60 Euro machen ihn zum Meditationswein ohnehin und wer sich das Vergnügen Hermitage gönnt weiss sowieso, dass Zeit der grösste Luxus ist den man sich leisten kann.

Tipp: Geben Sie ihm auf jeden Fall 1 Stunde in der Karaffe. Servieren und geniessen Sie ihn um die 12º zu Spaghetti Carbonara, Grillfisch, Hühnerfleisch und zu so gut wie jeder Käsesorte (ausser Stilton und sonstigen ‘Nasentötern’). Geniessen Sie ihn solo mit den Füssen am Tisch als Entschleuniger der Zeit.

Verkostet wurde ein Hermitage 2010 von Maison Nicolas Perrin aus Valence in Frankreich. Zur Verfügung gestellt wurde uns der Wein von Veritable Vins Domaines, Deutschland.

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