Jasnières ‘Les Rosiers’ 2006

| 21. Dezember 2011 Alles lesen

Der dritte und letzte Wein des Loire-Experiments (Teil 1) – ‘Schätze in Weiss’, ist ein ‘Les Rosiers‘ von Eric Nicolas´ Domaine de Bellivière in Jasnières. Ein sortenreiner Chenin Blanc aus einer Appellation die selbst in Frankreich nicht wirklich bekannt ist. Die Weine aus dieser Region werden sehr von den Tuffböden geprägt und unterschieden sich von ihren Verwandten durch eine aussergewöhnliche Mineralität. Eric Nicolas hat sich auf den An- und Ausbau von Chenin Blanc spezialisiert und gehört zu den besten seiner Art. Seine Weine sind gewöhnungsbedürftig, nichts für Unerfahrene und von einer Komplexität, die echten Anspruch an den Weinfreund stellt.

Die braune Schlegelflasche ziert ein interessantes Etikett, welches crémefarben von einer knackig orangen Bordüre begrenzt wird. Eine stilistisch sehr schöne, frische und edle Farbkombination. Die Domaine in der Bordüre aufgedruckt und auf der hellen Fläche ‘Les Rosiers’ in orange. Der Rest vornehm zurückgehalten um nicht die wesentliche Information zu überdecken. Wer wissen will was in der Flasche ist, der darf sich mit dem Aufdruck auf dem Rückenetikett auseinandersetzen. Dieses ist zwar in französisch, aber Chenin findet auch der dieser Sprache nicht bemächtigte Weinfreund.

Der ‘Les Rosiers’ ist ein Langsamer Wein. Bei diesem Wein will ich es allerdings ganz genau wissen und gehe wie folgt vor. Obwohl eine Belüftung unbedingt empfohlen ist, giesse ich das erste Glas direkt aus der Flasche ins Glas. Die halbe geht dann für eine Stunde in eine Karaffe und der Rest in eine zweite.

Markant und ungewöhnlich

In einem satten Goldgelb mit leicht bernsteinfarbenen Anklängen steht der ‘Les Rosiers’ dann im Glas. Dicht und fest sieht er darin aus. Die Nase weiss im ersten Moment nicht so recht was sie vernehmen soll. Das Bukett ist wuchtig und intensiv. Ich bin mir nicht sicher und versuche mehr über den Duft herauszufinden indem ich ein kleineres Glas mit weniger Volumen nehme. Es riecht darin nach überreifen weissen Früchten (Quitten?), sehr konzentriert und vereinnahmend. Es riecht einerseits schwer und gleichzeitig vernimmt man eine elegante aber doch expressive Würze. Ebenso treten blumige Aromen in den Vordergrund. Ich war mir bis jetzt bei keinem Wein so unsicher und so verwirrt über ein Bukett wie bei diesem Chenin Blanc. Ich fühle mich fast wie bei der Verkostung des La Mailloche Arbois. Auch da war ich mehr als ‘verstört’. Ich bin geneigt eine schwere Spätlese zu riechen und weiss, dass ich damit weit davon entfernt bin. Der ‘Les Rosiers’ fordert mich heraus. Und erst recht meine Nase.

Charakterdarsteller mit Format

Was sich dann im Mund präsentiert ist ebenso markant wie überraschend. Rauchige Mineralität, verpackt in einer Schmelz die mundfüllend und cremig ist. Man glaubt im ersten Augenblick, dass diese Fülle nicht enden will und merkt plötzlich, wie sich diese in einer unglaublichen Trockenheit auflöst. Der ‘Les Rosiers’ ist unheimlich dicht, fast schon fett, ohne aber fett zu wirken. Er haftet sich gnadenlos an Lippen, Zunge und Gaumen fest und ‘schmiert’ diese förmlich ein mit seinen überreifen Fruchtaromen. Diese werden gleichzeitig mit einer leicht nussigen, mandelartigen und ganz feinen aromatischen Holznote unterfüttert. Die Säure muss man suchen. Obwohl vorhanden ist sie so kompakt in den Körper eingebunden, dass man glaubt es existiere keine. Was bleibt ist eine Mineralität welche einen ganz eigenen Charakter hat, nichts was man gewohnt ist oder glaubt zu kennen. Diese hier versteckt sich fast im Körper und es ist als würde man sie aus selbigem richtig herauspressen. Ein Highlight für Weinfreunde die Weine wirklich ‘erleben’ wollen.

Der Chenin Blanc hat Volumen, er hat Charakter und er hat Wucht. 14% sind nicht gerade wenig und von einem Leichtgewicht ist dieser Wein so weit entfernt wie ich vom Mond. Er lässt sie einen nicht unmittelbar spüren, hängt sich aber relativ rasch mit voller Kraft rein. Ich kann meine Nase nicht zügeln und stecke sie immer wieder ins kleine Glas. Ich bin gespannt wie sich der Wein aus den beiden Karaffen präsentieren wird und erkenne neidlos an, dass mich der ‘Les Rosiers’ an meine Grenzen bringt.

Entdecker kommen voll auf ihre Kosten

Ich muss zugeben, dass mich dieser Wein mehr fordert als ich gedacht hätte. Einerseits ist er relativ klar definiert und zugänglich, andererseits schmeckt er so komplett anders als herkömmliche Chenin Blancs und ist dermassen komplex und vielfältig, dass man sich leicht in ihm ‘verirrt’. Ist das erste Glas, direkt aus der Flasche eingeschenkt, schon verwirrend und eine echte Herausforderung, so riecht der Wein aus der vor einer Stunde befüllten Karaffe wie schweres, kräftiges Winterparfum mit holzig-würzigen Noten.

Auch schmeckt der ‘Les Rosiers’ jetzt anders, er ist noch fülliger geworden, ist voller Kraft und macht so richtig Druck im Mund. Wie Öl schmiert sich der Chenin Blanc mit einer verblüffenden Trockenheit um die Lippen und den Gaumen und füllt den Mund mit einer Dichte aus, die schon unheimlich wirkt. Der Wein ist eine Wucht und brennt sich förmlich in die ‘Geschmacksbibliothek’ ein. Was sich hier im Mund abspielt ist ein Erlebnis allerfeinster Güte.

Gefühlsmässig würde ich den Wein mit einer halben Stunde Luftzufuhr als optimal bezeichnen, ertappe mich aber dabei wie sehr ich die ‘Auseinandersetzung’ mit jenem der eine Stunde atmen durfte geniesse. Nach zwei Stunden kommt dann jener Wein ins Glas, der diese Zeit in Ruhe in einer anderen Karaffe verbringen durfte.

Ein echter Verwandlungskünstler

Dieser Wein schmeckt anders, er hat die Wucht und Fülle mit der er zu Beginn aufgetreten ist ‘zurückgeschraubt’ und präsentiert sich jetzt zwar noch immer fein cremig, jedoch tritt eine fruchtige Mineralität in den Vordergund. Der ‘Les Rosiers’ ist jetzt noch trockener als er schon war und wirkt insgesamt frischer. Im leicht herben Nachhall kommt jetzt auch die Säure besser zum Vorschein. Dieser Wein ist ein Verwandlungskünstler. Sogar das Bukett ist ziemlich leise geworden, hat sich fast geschlossen und man muss schon dreimal seine Nase ins Glas stecken um zu riechen was sie noch so freigibt.

Zusammenfassend muss ich sagen, dass dieser Chenin Blanc aus Jasnières eine echte Herausforderung und definitiv nichts für Weinanfänger ist. Ich war selten zuvor so beschäftigt mit Riechen und Schmecken und ‘ intern katalogisieren’ wie mit diesem Tropfen. Der ‘Les Rosiers’ ist alles andere als ein Wein für jeden Tag, weshalb die 18 Euro auch nicht wirklich abschrecken. Er ist alleine schon aufgrund seiner immensen Wandlungsfähigkeit locker erheblich mehr wert.

Tipp: 30 Minuten sind fein wenn Sie die frische Mineralität und die Komplexität der Aromen erleben wollen. Wenn Sie Wucht, Fülle und den vollen ‘Impact’ haben wollen, geben Sie ihm 1 Stunde. Geben Sie ihm 2 Stunden in der Karaffe erleben Sie was ‘Langsamer Wein’ wirklich heisst. Sind Sie geduldig, dann beobachten und trinken Sie den Wein über zwei Tage hinweg. Überraschungen sind garantiert.

Wein & und Winzer-Info:


Wein: Jasnières ‘Les Rosiers’ 2006
Winzer: Eric Nicolas – Domaine de Bellivière
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: 2009-2012+
Ausbau: Holzfaß >300 l
Dekantieren: Ja

Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle aus Nürnberg zur Verfügung gestellt.

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