Kalkofen 2012

| 31. März 2015 Alles lesen

Mit zwei tränenden Augen geht diese Verkostungsrunde zu Ende. Sind es nämlich die letzten beiden Weine die von Franz Weninger zur finalen Verkostung anstehen. Selten zuvor war ich so von Blaufränkisch begeistert, es gibt nur wenige Ausnahmen, und selten zuvor war ich so beeindruckt was man aus dieser Rebsorte machen kann. Heute steht der Kalkofen 2012 am Tisch der Wahrheit und er ist der vorletzte Wein aus Franz Weningers umwerfendem Blaufränkisch-Sortiment. Er stammt von der Lage Kalkofen, einem flachen Südwesthang mit, der Name verrät es bereits, stark kalkhaltigem Boden. Spontanvergoren und 20 Monate in 500 Liter-Holzfässern ist der Wein gereift, von welchem es nur 2100 Flaschen gibt. Eine wird jetzt aufgemacht um die letzte Runde endgültig einzuläuten.

Kalkofen So wie die Blaufränkisch Franz Weningers unverkennbar sind, so sind es auch die Etiketten die seine Flaschen zieren. Einprägsam, unglaublich impactstark. Wie gewohnt ganz in weiss mit den typischen, aus dem Papier gestanzten Kreisen, die man erst durch Anfassen zur Kenntnis nimmt. Nur einer ist wie üblich nicht gestanzt, ihn rahmt eine rote Aura ein, welche den Schein der Sonne darstellen könnte. Ich werde Franz Weninger bei Gelegenheit fragen was es mit diesem roten “Ausreisser” auf sich hat. Unten am Rand ganz unaufgeregt in einfacher klassischer Typo Kalkofen und Blaufränkisch 2012. Das war’s dann auch schon wieder. Auch auf diesem einteiligen Etikett steht am linken äusseren Rand wieder alles was man über den Wein so wissen sollte, inklusive dem Hinweis auf die Spontanvergärung sowie dass es sich um einen Wein der Klassifikation Mittelburgenland DAC handelt. Bevor der Kalkofen aber in das Glas kommt wird er zur Belüftung für eine Stunde in den Dekanter verfrachtet.

Kirschen, Staub & Minze

Dunkles kirschrot steht im Glas, ist klar und gewährt tiefe Einblicke bis auf den Glasboden. In die Nase strömt ein kräftiger würziger Duft. Dunkle Kirschen riecht man, etwas Brombeere und auch schwarze Johannisbeeren tauchen auf. Es duftet intensiv nach Boden, nach Erde und Kalk, Staub nebelt alles ein und macht den Duft insgesamt sehr fein. Eine leise Minzenote steht über der Würze und löst Jubel in der Nase aus. Es riecht intensiv und doch so feingestrickt und ganz weit hinten dümpelt eine gelbe Tropenfrucht still und leise vor sich hin. Letztlich ist alles würziger als fruchtig, erdiger als saftig.

Würzig, fruchtig, erdig, staubig

Schwarze Johannisbeeren sind das erste was man auf der Zunge schmeckt. Schlagartig stehen diese mittendrauf und lassen ihren Saft spüren. Dann kommt etwas Kirsche und dann, wie plötzlich aufziehender Nebel, stehen Gerbstoffe im Mund die für richtiges rascheln sorgen. Man spürt förmlich wie der Kalk von der Wand vom Gaumen abrieselt, wie staubig sich das anfühlt und wie fein alles wirkt. Dabei ist der Kalkofen ungemein schlank im Mundgefühl, zieht mittig über die Zunge und geht erst am hinteren Gaumen so richtig in seiner roten saftigen Fruchtigkeit auf. Davor herrscht Würze, trockene Erde und ganz viel Staub. Hinter den Lippen versammeln sich frische Tannine zu einem Stelldichein und zeigen was sie unter elegantem Pelz verstehen, um dann doch der Fruchtigkeit und der grandiosen Säureader nachzugeben und diesen den Vortritt zu gewähren.

Einfach Gran-di-os

Sobald der Kalkofen genügend Sauerstoff geatmet hat dreht er so richtig auf. Nach zwei Stunden steht da purer Saft im Mund, die Gerbstoffe sind nun so fein, dass es sich anfühlt als würde man einem ein hauchdünnes Blatt Löschpapier zwischen den Lippen durchziehen. Auf der Zunge erdig, rot, kirschig, würzig und eingehüllt in einer Wolke von Kalkstaub. Phantastisch ist Untertreibeung, es ist einfach grandios. Wer jedoch glaubt, dass sowas nur mit Breite und Fülle geht, der ist am völlig falschen Dampfer unterwegs. Der Kalkofen ist lang, schmal, schlank und leicht im Mund. Es ist wieder dieses irgendwo versteckte Minzeblatt das für soviel Frische sorgt und sich dabei niemals wirklich zeigt. Rauch zieht auf, ganz fein und leicht, Holz von alter Rinde und fast verdörrte Kirschen sorgen für Begleitmusik. Der Kalkofen wird immer saftiger, immer süffiger, immer griffiger und vielschichtiger und es kostet jede Menge Überwindung die Flasche nicht auf der Stelle gnadenlos zu verputzen. Je länger der Kalkofen offen ist, umso mehr nimmt er Fahrt auf. Er legt dermassen zu, dass man sich fragt wohin diese Reise überhaupt noch gehen soll. Es wirkt als würde er dabei immer feiner, immer klarer und eleganter werden.

Ich kenne unzählige Blaufränkisch aus dem Mittelburgenland die pure Marmelade sind und dann steht so etwas im Glas. Die Antithese quasi. Langsam beginne ich zu überlegen, ob ich wenn ich Franz Weningers Blaufränkisch trinke, dies nicht in Ehrfurcht auf den Knien machen sollte. Was dieser Wein da wieder ablässt ist einfach grandios. Schlank, klar, rein, fein, staubig, kalkig, erdig, rot, würzig, süffig und weiss der Teufel was noch alles. Steht mit einer stoischen Ruhe im Mund als würde ihn die Welt nichts angehen, drückt auf die Tube um mit Saft zu necken und löst sich dann in einem erdig-staubigen Nebel einfach auf. Johannisbeeren aus Omas Garten, reife Kirschen und ein freches Minzeblatt sorgen für Saft und Frische, trockenes Holz, erdige Würze und kalkiger Staub für Grip mit Mehrwert. Mittlerweile trinkt er sich als wäre er nur zum Saufen gemacht. Was einen daran hindert ist einzig und allein sein Preis. Der wiederum vollkommen in den Hintergrund tritt wenn man dieses Elixier erst einmal im Mund hat. Dann ist es einem nämlich schnurzegal ob man dafür um die 33 Euro für das Fläschchen aufzuwenden hat. So wie sich der Stoff trinkt, will man sich am liebsten drin ertränken.

Tipp: Ein bis zwei Stunden in der Karaffe sind ideal. Geht an der Luft immer mehr auf. Um die 16-18º geniessen. Zu Wild, Lamm und Rind wie zu rustikalen Gerichten ein sicherer Begleiter. Wer ihn zur Solounterhaltung aufmacht sollte besser eine zweite Flasche einplanen. Trinkt sich wie Wassser und macht augenblicklich süchtig.

Verkostet wurde ein Kalkofen 2012 vom Weingut Weninger in Horitschon, Burgenland, Österreich.

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