‘Les Clous’ Pierre Boisson 2012

| 22. Dezember 2015 Alles lesen

Wenn man einmal angefangen hat sich durch Meursault, Puligny-Montrachet, Auxey-Duresses, Volnay, etc. zu kosten, dann ist es unmöglich, Weinen die von dort kommen nicht zu verfallen. Weisse Burgunderweine, die zum Besten gehören was es in der Weinwelt gibt. Einen Kandidaten aus Meursault habe ich heute wieder am Tisch der Wahrheit stehen. Ein Kleinod von einem Winzer, der noch immer als Insider gilt, jedoch längst keiner mehr ist; Bernard Boisson, burgundisches Urgestein aus Meursault. Sein Les Clous Pierre Boisson 2012 wurde schon mit jenen Kalibern von Coche-Dury verglichen (und auch verwechselt). Wer das schafft, dem sollte man doch schon mal etwas mehr Aufmerksamkeit schenken und ein wenig tiefer graben.

Les Clous 2012 Das grosse gestanzte Etikett ist so minimalistisch wie auch auffällig gestaltet. Ganz oben in Riesenlettern AUXEY-DURESSES, die Appellation, die alles ist für Frankreichs Weine. Darunter LES CLOUS 2012, etwas kleiner aber ebenso unübersehbar. Am unteren Rand noch PIERRE BOISSON (der Name des Sohnemanns), welcher auch bereits im Betrieb mithilft und tätig ist. Eingefasst ist alles von einem dem Stanzmuster des Etiketts folgenden schwarzen Rahmen. Die gewählte Schrift, eine Copperplate, ist mindestens genauso berühmt wie das Weingebiet selbst. Mehr gibt es nicht, auch kein Rückenetikett. Wer braucht das schon wenn er einen Wein aus Auxey-Duresses im Glas hat? Da Bernard Boisson seine Weine immer reduktiv ausbaut, gönne ich dem Les Clous, der mit 13 Umdrehungen angetrieben wird, eine gute Stunde in der Karaffe um sich entsprechend entfalten zu können und poliere in der Zwischenzeit den grossen Kelch.

Salz, Zitrone, Feuerstein

In hellem Gelb zieht der Les Clous im Becher seine Kreise. Ein ganz komplexes Gemisch an Düften entweicht dem Glas. Da ist Nuss und da ist Salz, da ist Zitrone und grüne Wiese. Etwas weisser Blütenhonig vermengt sich mit einem feuchten Holzscheit. Kreide legt ihren Staub über nassen Feuerstein, die Zitrone und das Salz erinnern fast an eine klassische Margarita. Nur mit Petersilie statt Minze oben drauf. Es ist ein durch und durch komplexer, fast floraler Duft, der zu entschlüsseln nicht so einfach ist. Erst nach und nach macht der Wein auf und wird immer feiner in seiner Aromatik.

Knackig, karg und klar

Salz trifft Silex. Was für eine Rassigkeit. Mit einer alles anderen als holzgepimpten Fülle kommt der Les Clous in den Mund, nämlich mit frischer Zitrone, ebenso frischer Säure und einer Konsistenz die sich weich und mild anfühlt. Kein Holzgewitter, vielmehr mit Finesse und Reinheit, fast schon Kargheit, steht der Wein auf der Zunge. Ich drehe und quetsche den Tropfen im Mund und merke wie es mir ganz leicht die Augenbrauen hoch zieht und wie sich meine Wangen nach innen zusammen ziehen. Wer Salz liebt wird sich mit dem Les Clous augenblicklich für immer und ewig binden wollen. Ein knackiger Burgunder aus dem Wunderreich der Côte de Beaune, was für ein Erlebnis. Allerfeinstes Holz, leicht angetoastet ganz weit hinten und vorne eine Klarheit die fast erschreckend ist. Der Gaumen eingetaucht in eine Silexwolke, der Abgang zitronig, blütig und auch auch etwas apfelig. Ein Traum von Finesse und Eleganz.

Ganz grosses Burgunderkino

Drei Stunden ist er offen, der Les Clous, und ich möchte mich ihn ihm ertränken. Butterweich ist er im Mund, von Butter allerdings keine Spur, nur milde und weiche Textur aus der frech und frisch Zitrone tröpfelt. Damit sie nicht zu sauer wird dämpft Salz den Aufschlag und man spürt mit welcher rassigen Frische der Wein über die Zunge zieht. Den Gaumen hingegen überschüttet der Les Clous mit einer Ladung feuchten Feuersteins der den mineralischen Auftritt noch einmal richtig anschiebt. Wer holzgeschwängerte Burgunder liebt und auf Vanille steht, der wird sich wenn er den Les Clous im Mund hat freiwillig von der Brücke stürzen. Soviel Frische, Agilität, Klarheit und Rasanz ist für dieses Klientel nicht akzeptierbar, geschweige denn verkraftbar. Der Les Clous befeuert Zunge wie Gaumen, reizt, neckt und spielt mit seinen Zitrus- und Apfelnoten, fordert mit seinem Salzgehalt und verstört mit seiner dabei an den Tag tretenden Kargheit. In diesem Fass will man beerdigt werden. Gefüllt, natürlich.

In der Nase mittlerweile ein Gedicht, ein Traum von Flieder, Nuss und Aprikose, aber auch von Apfel und Akazie. Im Mund ein Meer aus weichgespültem Salz und Kreide, saftiger Zitrone und einem mürben Butterkeks. Mineralisch der Nebel der sich nach dem Abgang im Mund ausbreitet. Fein, leicht, weiss und frisch ist es und die Gier nach dem nächsten Maul voll Wein ist übermächtig. Es gibt Leute die nie verstehen werden, wie man eine Flasche einfach so auch mal ganz ohne Anlass zwischendurch verputzen kann (und will). Ist auch sinnlos dem auf den Grund zu gehen. Der Les Clous wird allerdings den Morgen nicht erleben, auch wenn er da mit Sicherheit noch grandioser ist als momentan. Was mir in diesem Augenblick aber vollkommen egal ist weil das Zeug ganz einfach derart genial ist, dass mich das Morgen nicht mehr kümmert. Klar, die Flasche kostet 30 Euro. Und? Haben Sie schon mal eine Flasche Coche-Dury bezahlt? Eben. Und hören Sie endlich auf Holz zu saufen und gönnen Sie sich etwas wirklich Grandioses. Der Les Clous macht Sie arm, aber reich werden Sie sowieso nicht mehr. Kaufen!

Tipp: Zwei Stunden in der Karaffe wirken Wunder. Mit 10-12º aus dem grossen Glas trinken. Klassiker der französischen Küche begleitet er ebenso gekonnt wie feine regionale Gerichte. Als Solist ein Überflieger. Ganz ganz grosses Burgunderkino!

Verkostet wurde ein Les Clous blanc 2012 von der Domaine Boisson-Vadot aus Meursault im Burgund, Frankreich. Bezugsquelle: Pinard de Picard, Saarwellingen.

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