Liaison 2011 Pinot Noir

| 22. Dezember 2014 Alles lesen

Sven Enderle und Florian Moll. Zwei die sich 2007 zusammen getan und ein Weingut in Münchweier, einem Stadtteil von Ettenheim in Baden gegründet haben. Enderle & Moll heisst es und ich habe acht Weine hier, die ich in den nächsten Monaten verkosten darf. Den Anfang macht der Pinot Noir ‘Liaison’ 2011, benannt nach jener Lage, die früher ‘Villages’ hiess. Von unterschiedlichen Böden, welche mit älteren Rebstöcken bepflanzt sind, wurde dieser Wein quasi ‘zusammengetragen’ und eine Cuvée daraus gemacht. Ein wesentliches Merkmal der Weine von Enderle & Moll ist, dass sie spontan vergoren und nicht geschönt werden, dass sie unfiltriert sind und während der 12-15 monatigen Lagerung in gebrauchten Barriques nicht abgezogen oder umgelagert werden. Heute steht der erste von acht Weinen hier am Tisch der Wahrheit und ich freue mich schon ganz besonders darauf, weil es immer nur sehr kleine Mengen gibt, die in der Regel ausverkauft sind bevor man eine Flasche ausgetrunken hat.

PN Liaison 2011 So unaufgeregt wie bei Enderle & Moll die Weine mehr oder weniger sich selbst überlassen werden, so unaufgeregt ist auch das Etikett das auf der Burgunderflasche klebt. Auf dem leicht gelblichen Papier steht in verspielter Typo gross Pinot Noir als Blickfang drauf, unterhalb LIAISON und der Jahrgang in rot. Enderle & Moll in ebenfalls verspielter Typo unten. Einzig das Wappen von Münchweier bringt etwas Leben aufs Papier und zeigt auf silbernem Untergrund eine blaue Sichel zwischen zwei grünen Nadelbäumen. Eingefasst ist das Etikett von einem zweilinigen dünnen Rahmen. Antidesign, was wiederum perfekt zum Minimalismus in der der Weinbereitung von Enderle & Moll passt. Am Rückenetikett liest man oben LANDWEIN OBERRHEIN sowie Pinot Noir Liaison 2011 und sonst nur noch Adresse, eMail und Internet sowie die Losnummer. Das war’s dann auch schon wieder. Eine halbe Stunde darf der Wein sich in der Karaffe vergnügen bevor er in den Burgunderkelch kommt.

Kirsche im Minzematel

Sehr helles kirschrot zeigt sich ganz leicht getrübt im grossen Burgunderkelch. Vom Geruch her überrascht der Liaison sofort die Nase, weil er nicht von typisch fruchtigen Beerenaromen, sondern von einer feinen Minznote dominiert wird. Frisch riecht es, wie eine mit Minze besprühte Wiese. Erst ganz weit ahnt man Erdbeeren. Es duftet pikant im Becher, würzig und richtig erdig. Keine lieblich fruchtige Himbeernote steigt aus dem Glas hoch, es duftet herrlich kühl und kirschig-minzig. Ein Fest für die Nase, auch weil es sich um einen wohltuend anderen ‘Pinot-Duft’ handelt als man es gewohnt ist.

Frisch, kühl & pfeffrig

Welch eine Wohltat! Das ist Pinot Noir wie ich ihn mag. Da kommt kein verschmuster Mix aus Erd- und Himbeersaft in den Mund, der Liaison befreit sich auf der Zunge von saftigen Kirscharomen, welche vorher noch in trockener Erde eingelegt wurden um auch schön den Boden zu transportieren. Frisch fühlt es sich an, nichts von einlullender, banal fruchtiger Saftigkeit, vielmehr erfrischend, der Minze geschuldet, die über allem schwebt und für Kühle im Mund sorgt. Weisser Pfeffer zieht über den Gaumen und verleiht dem Liaison sogar so etwas wie eine feine Schärfe. Der Wein hat Kanten, und das ist toll. Dominiert von Kräutern und Gewürzen, allen voran das übergrosse Minzblatt und dann im Schlepptau eine feine Kirschfrucht, die sich mit der Erde um den Platz rauft. Herrlich!

Charakterkopf mit Kanten

An sich vermeide ich Vergleiche ja. Doch beim Liaison fällt mir auf der Stelle eine gewisse Ähnlichkeit zum ‘San Andreas Fault’ von David Hirsch von der Sonoma Coast ein. Diese Würze, die Pfeffrigkeit und die ungemein kühle Frische die der Liaison im Mund verstrahlt. Auf der Zunge steht ein Saft der einserseits recht elegant wirkt, doch machen ihn die ausgeprägten Erdarmonen und die Minzigkeit auch etwas ‘forsch’ und sorgen für die bereits erwähnten Kanten. Es ist nicht rund was man im Mund spürt, es ist klar, leicht herb und von einem Gerbstoffkleid begleitet, das ultrafein erst nach dem Abgang auf der Zunge haften bleibt. Geschmacklich nur den Boden übrig lassend und im Nachhall eine Kirsche, gut gewürzt mit Kardamom und Fenchel.

Immer mehr drängt sich mit der Zeit eine feine Herbheit in den Vordergrund, der Liaison wird pfeffriger im Mund. Auf der Zunge beginnt er leicht zu rieseln und am Gaumen haftet er mit einer Würze die beeindruckt. Reduziert auf Kirsche wenn es um die Frucht geht, spielt der Boden die Hauptrolle. Die Zunge tränst dank der feinen Säure die dem Saft entströmt, der Gaumen ist benebelt vom weissen Pfeffer und der Minze und die kecke Zitrusnote die im Hintergrund tanzt, verleiht dem Ganzen noch den Extra-Kick an frecher Individualität. Lange bleibt der Liaison nach seinem Abgang noch bestehen, wirkt ewig nach, setzt noch einmal Kirschen, Zitrusnoten und etwas Minze frei und sorgt so für einen frischen Ausklang. Der Liaison ist kein Pinot für Schmusetiger, das ist Pinot Noir für Freunde extrovertierter Charakteristik. Für jene, die es satt haben immer aus dem Früchtebecher raus zu löffeln. Hier regieren Erde, Kräuter und Gewürze. Die Frucht darf mitspielen, aber niemals das Kommando übernehmen. Frisch, kühl und charaktervoll mit Ecken und mit Kanten. So einfach anders kann guter Spätburgunder sein.

Tipp: 1 Stunde Luft ist fein. Im Burgunderglas mit 15-17º geniessen. Zu Braten, Wild und Champignongerichten. Auch bestens zur entspannten Solounterhaltung geeignet.

Verkostet wurde ein Liaison 2011 Pinot Noir vom Weingut Enderle & Moll aus Münchweier in Baden, Deutschland.

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Kategorie: Enderle & Moll (D), Verkostet