‘Momentum’ rouge 2007

| 24. August 2012 Alles lesen

Mit dem zweiten Wein in dieser Verkostungsrunde lässt uns Raimond de Villeneuve vom Château de Roquefort den Moment, den Augenblick erleben, heisst die Cuvée aus Grenache, Syrah und Cinsault nämlich schlicht Momentum. Aus dem Jahr 2007 ist sie und nur in diesem Jahr wurde sie hergestellt. Danach ging es für 18 Monate ans Reifen und erst 2009 wurden 6610 Flaschen von dieser Rarität abgefüllt. Das war´s dann auch schon und auf das was uns denn nun erwartet sind wir mehr als gespannt. Allein schon deshalb weil dieser Tropfen als schlichter Vin de France daherkommt, was die unterste Qualitätsstufe der französischen Weinkategorien ist und sich früher schlicht und einfach Tafelwein nannte. Aristokratische Untertreibung nennt sich das.

Wie üblich steht die dunkle Burgunderflasche mit dem aussergewöhnlichen Etikett auf unserem Tisch und es macht wie immer Spass sich dieses Stück Papier genauer anzusehen. Selten zuvor hat uns ein Design mehr begeistert als jenes der Flaschenetiketten auf den Weinen von Raimond de Villeneuves Château de Roquefort.

Wie schon in einem anderen Verkostungsbericht erwähnt ist das die erfolgreiche Zusammenführung von Contemporary Art und Renaissance. Die Symbiose von aristokratischem Touch und moderner Grafik verleiht dem Stück Papier und damit auch der Flasche echten Pepp und sollte vielleicht in einer eigenen T-Shirt-Kollektion ihre Krönung finden. Natürlich steht auch drauf was drin ist in der Flasche und alles was man sonst noch wissen soll. Und was den Tafelwein angeht, so ist der mit seinen 14,5% sicher keiner der sich vor seinen ‘edleren’ Brüdern verstecken will und muss.

Mächtig Dampf im Glas

Nach neunzig Minuten wird der Momentum eingeschenkt und dann natürlich weiter in seiner Entwicklung beobachtet. Im Glas steht er in einem tiefdunklen granatrot, fast undurchsichtig. Da zeigt sich dichte Kraft und es herrscht mächtig Dampf im Kelch und an der Wand fliessen fette Kirchenfenster ab. Eine feste, intensive Kräuterwürze steigt die Nase vor von Saft fast triefender Frucht begleitet hoch. Es riecht konzentriert, betörend, kräftig. Man kann die Muskeln dieses Weines richtig spüren und weiss sofort, dass hier ein Brummer im Glas steht. Man denke an frisch gequetschte Beeren, rote und schwarze und dazu eine Handvoll überreifer Kirschen. Dann hat man in etwa das was sich hier in der Nase abspielt.

Süsses Monster

Und dann der Hammer mit der Keule. Das was hier in den Mund fliesst haut einen wie es so schön heisst, richtig ‘aus den Socken’. Nicht dass der Momentum breit wirkt, er zieht trotz seiner Mächtigkeit ziemlich gerade und fein über die Zunge. Aber kaum dort angekommen packt er den Hammer aus und zeigt was für ein süsses Monster er ist. Fast süsser Schmelz, kraftvoll, muskulös und voluminös, ohne aber fett zu sein kommt er daher. Schokoladig schmeckt er ein wenig, kräftig fruchtig ist er und mit feinen trockenen Gerbstoffen ist er ausgestattet. In ihrer Verbindung mit der Süsse des Momentums ein umwerfendes Erlebnis. Im Glas hat es 16º, draussen an die 35º. Und deshalb treibt uns der Momentum die Schweissperlen auf die Stirn. Ein waschechtes Schwergewicht welches bei diesen Temperaturen seinen Tribut fordert.

Faszinierend ist, dass mit der Zeit das Zusammenspiel von Gerbstoffen und Fruchigkeit immer feiner wird und man sich nur schwer dieser ‘narkotischen’ Ausstrahlung entziehen kann. Die kräftige und trotzdem sehr feine Würze passt perfekt dazu und man hat das Gefühl als würde der Momentum niemals aufhören nachzuhallen. Auf der Zunge ist er klar und frisch, zeigt aber beim ersten ‘andrücken’ augenblicklich was er so alles mit sich führt. Da wird hochkonzentrierter Saft heraus gepresst, Volumen freigesetzt und der Gaumen richtiggehend von dunkler schokoladig-herber Fruchtwürze eingelullt.

Ein Hammer in des Wortes Sinn

Eines ist jetzt schon klar: Dieser Wein haut einem (wenn man nicht aufpasst) garantiert die Sicherungen aus dem Kasten. Nach knappen drei Stunden an der Luft brennt sich der Momentum förmlich via Zunge auf den Gaumen ein, entwickelt sich zur süssen Droge und bringt einen an die persönlichen Grenzen von Vernunft und Konsequenz. Einerseits will man nicht aufhören ob dieses opulenten, mächtigen und saftig-süssen Geschmackerlebnisses, andererseits muss man, will man nicht mit wehenden Fahnen untergehen. Der Momentum ist ein Hammer in des Wortes Sinn.

Was diese ‘Wuchtbrumme’ jedoch von Seinesgleichen unterscheidet ist, dass der Momentum trotz allem ein direkter, gerader Wein bleibt, einen nicht den Mund verklebt ob seiner Süsse und der trotz dieser Attribute Frische vermittelt. Ein wenig rauchig, sehr viel fruchtig, nobel würzig und unheimlich narkotisierend ist er, der Momentum. Und das macht ihn zum persönlichen Winterfavoriten. Im Sommer passt dieser Wein perfekt am Abend zu rustikalem Grillgut und im Winter ist er einfach da um sich stilvoll und mit Würde ‘wegzuwerfen’. Meiden Sie ihn bei Hitze, er zwingt sie unbarmherzig Siesta einzulegen. Um knappe 17 Euro gibt es diese legale Droge käuflich zu erwerben und wenn sie daran ‘hängen bleiben’… selber schuld. Aber nicht vergessen: Es gibt, oder besser gesagt, es gab nur 6610 Flaschen von diesem ‘Monster’.

Tipp: 16-18º sind perfekt, im Sommer 1-2º kühler. 90 Minuten in den Dekanter, besser 2 Stunden und dann die Sicherheitsgurte anlegen. Zu blutigen Steaks und sonstigen toten Rindervariationen vorzüglich. Solo eingenommen Suchtstoff ohne Rückfahrticket.

Verkostet wurde ein ‘Momentum’ rouge 2007 vom Château de Roquefort in Roquefort la Bédoule in der Provence, Frankreich.

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