Morellino di Scansano ‘Bellamarsilia’

| 24. November 2011 Alles lesen

Den 2. Teil der Themenrunde ‘Weine off the beaten track‘ eröffnet unter dem Motto ‘Abenteuer in Rot‘ eine aussergwöhnliche italienische Cuvée aus der Maremma. Genau genommen ein Morellino di Scansano ‘Bellamarsilia‘ von Gianpaolo Paglias Weingut ‘Poggio Argentiera’. Morellino ist nichts anderes als die Bezeichnung für die Rebsorte Sangiovese, welche in der Gegend um die Gemeinde Scansano eben Morellino genannt wird. Morellino di Scansano ist seit 2006 ein DOCG (Denominazione di Origine Controllata e Garantita)-Weinanbaugebiet in der südlichen Toskana.

Diese Cuvée aus 85 % Sangiovese, 10 % Ciliegiolo und Alicante ist angetreten, um sich gegen ihre ‘Konkurrenten’ aus der Toskana zu behaupten und wenn man den Erzählungen glauben darf, dann braucht sie sich vor ihnen nicht zu verstecken. Dass der ‘Bellamarsilia‘ aus 2009 gleichzeitig der erste biologisch produzierte Wein des Weingutes ist, macht ihn neben der Tatsache, dass es sich dabei um einen ‘Langsamen Wein‘ handelt, noch um ein Stück sympathischer.

Schon die optische Erscheinung in der die Maremma-Cuvée abgefüllt ist sorgt für Aufsehen. Richtig protzig steht die schwarze Flasche da, mit einem ebensolchen schwarzen Etikett, das von knallgelben Rändern eingefasst ist. Es schreit nach Aufmerksamkeit und die bekommt es auch. Ein gelber Kreisel als Logo über der Trademark PoggioargentierA symbolisiert Bewegung und Dynamik.

Der Legende nach entstammt der Name Bellamarsilia der wunderschönen Margherita Marsili, auch ‘Rossellana’ aufgrund ihrer feuerroten Haare genannt. Diese hübsche junge Frau wurde vom gefürchteten Barbaren und Piraten Khair ed Din, auch als ‘Barbarossa der Korsar’ bekannt, entführt und nach Konstantinopel verschleppt.

Reife Kirschen und ein Kräuterstrauss

Bereits beim Öffnen der Flasche bekam ich die Aufgewecktheit des Morellinos kurz zu riechen. Jetzt, nach einer halben Stunde in der Karaffe, durfte er zeigen was ihn von seinen ‘Brüdern’ aus der Toskana unterscheidet. Im Glas lässt der Bellamarsilia keinen Zweifel aufkommen warum Rot zu den schönsten Farben gehört. Dieses hier ist fast schon kitschig schön und funkelt wie ein Bengalisches Feuer. Die Farbe ist klar, man sieht bis auf den Grund des Glases und versinkt förmlich in einem Bottich von Kirschrot, wofür zu einem gewissen Teil sicher die Rebsorte Alicante verantwortlich ist. Der extreme Duft der Kirschen rührt mitunter von der Ciliegiolo her, (Ciliegia = ital. für Kirsche).

Das Bukett ist sehr angenehm. Es schreit nicht, sondern verströmt zivilisert seine Aromen. Dazu gehören eindeutig saftig-reife Kirschnoten, viel Sonne und eine gewisse Frische. Die Nähe zum Meer macht sich bemerkbar und man vernimmt einen leicht kräutrigen Hauch in der Nase. Im Gegensatz zu seinen Kontrahenten aus der Toskana riecht der Morellino (Sangiovese) ‘leiser’, komplexer und frischer. Am Ende des Geruchsparcours erscheinen dann noch Erdbeeren und runden das Bukett fein ab.

Erfrischend kühl und saftig

Und dann die Überraschung im Mund. Dieser Morellino schmeckt total anders als die ganzen Sangiovese-Weine aus der Toskana. Es ist nicht dieses ‘verfruchtelte’ Geschmackserlebnis das man von herkömmlichen Sangioveseweinen kennt. Mit relativ wenig Körper sucht sich der ‘Bellamarsilia’ seinen Weg über die Zunge und versprüht dabei eine aufregend kühle Frische. Ein äusserst animierendes Fruchtspiel, das aber trotzdem nie überschwänglich wird, sorgt für ein richtig ‘erfrischendes’ Mundgefühl. Eine feine Säure die es versteht sich in Zaum zu halten und den Früchten den Vortritt zu lassen stützt den Wein und lässt ihn so zeigen was er kann.

Was den ‘Bellamarsilia’ zusätzlich sehr angenehm macht sind die feinen Gerbstoffe, die dem ganzen Bündel von fruchtigen Aromen eine ausgewogene Struktur verleihen. Sie treten zwar nicht vordergründig auf, sind aber die ganze Zeit über vorhanden und halten den Wein auf eine gewisse Art und Weise ‘zusammen’. Auch wenn es sich bei Morellino und Sangiovese um ein und die selbe Rebsorte handelt, könnten diese unterschiedlicher nicht sein. Diese hier ist kühler, frischer, gleichzeitig saftiger und reifer.

Klimawandel in der Nase und am Gaumen

Die Tatsache, dass die Maremma am Meer liegt ist sicher mitverantwortlich für die höchst erfreuliche Frische welche dieser Wein ausstrahlt. Das mediterrane Klima tut der Rebsorte sicher besser als das eher kontinentale Klima der Toskana und lässt diese reifer und saftiger werden. Zumindest vermittelt das den Eindruck den dieser Morellino hinterlässt.

Das Schöne an diesem Morellino ist, dass man sich damit einfach auf die Couch knotzen und einen wunderbar entspannten Abend machen kann. Auch wenn der Wein 13,5% hat merkt man von diesen so gut wie nichts. Der Tropfen ist dermassen animierend, dass er schneller die Kehle runter rinnt als einem lieb ist. Dafür sorgt mit Sicherheit seine kühle Frische, seine exzellente Balance und seine unwiderstehlich fruchtige Süffigkeit.

Wer Sangiovese-Weine liebt, der sollte sich unbedingt einmal einen ‘Morellino’ aus der Maremma gönnen und sich auf das Abenteuer einlassen. Als Belohnung lernt man einen Wein kennen, der so anders und so vielschischtiger ist, dass man gerne bereit ist sich geschmacklich einmal von der Toskana Richtung Meer zu begeben. Mit knappen 10 Euro für die Flasche ist dieser Morellino auch noch wirklich günstig, zahlt man anderswo das Doppelte für weitaus weniger Qualität.

Tipp: 14-16ºC sind sicher ideal für diesen Wein. Eine halbe Stunde in der Karaffe sollte man ihm gönnen. Danach steht purem Trinkvergnügen nichts mehr im Weg.

Wein & und Winzer-Info:


Wein: Morellino di Scansano ‘Bellamarsilia’ 2009
Winzer: Gianpaolo Paglia – Poggio Argentiera
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: 2013+
Anbau: Biologisch
Ausbau: Edelstahltank
Besonderes: In Umstellung auf Zertifizierung
Dekantieren: Ja

Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle aus Nürnberg zur Verfügung gestellt.

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