Moulin à Vent 2011

| 17. Mai 2016 Alles lesen

Moulin a Vent 2011 Was soll man gross sagen, wenn Frankreichs einflussreichster Weinkenner, Michel Bettane, lapidar meint, dass der Wein, der heute hier am Tisch der Wahrheit steht, zu den “20 besten französischen Weinen des Jahrgangs” gehört? Man kann ihn nur verkosten und sich selbst ein Urteil bilden. Deshalb wird der Moulin à Vent 2011 (ein sortenreiner Gamay von Granitböden) von der Domaine Jules Desjourney heute auch entsprechend “untersucht”, wenngleich es etwas schwer ist völlig objektiv zu bleiben, wird doch Fabien Duperray nicht nur als Naturereignis, sondern auch als ungekrönter König des Beaujolais bezeichnet. Als Gründer und Kopf der Domaine setzte Fabien Duperray von Anfang an auf nichts anderes als Qualität, kaufte nur die allerbesten Weinberge mit 50 bis 140 Jahre alten Reben die auf den besten Granitböden von Fleurie und Moulin à Vent wachsen und produziert dort still und leise Weine von Weltformat. Weine um die sich die internationale Szene reisst. Ich habe heute also das Vergnügen, einen seiner grossen Weine ganz allein für mich zu haben und mir mit ihm den Tag zu versüssen. Zwei Stunden lasse ich den Moulin à Vent in der Karaffe Kreise ziehen und poliere in der Zwischenzeit den grossen Becher blank. Denn der ist Pflicht bei einem Wein wie diesem.

Wild & verführerisch

Dunkelrot wie Stierblut steht der Moulin à Vent im grossen Kelch. Aus selbigem dampft einem eine Wagenladung dunkelschwarzer Kirschen entgegen. Satt, kraftvoll, würzig, fast schon pfeffrig. Dazu eine grosse Handvoll blauer Beeren. Der Duft ist höchst konzentriert, nicht mit heiss zu verwechseln. Das ist die Essenz aus sehr sehr alten Reben, die sich was sie brauchen von ganz tief im Boden holen. Es riecht wild und fordernd und schleppt als Anhängsel eine feine Note Jod mit sich herum. Sowas kenne ich sonst nur von jungen Mourvèdres aus dem Bandol. Ein Traum was sich da in der Nase abspielt.

Yin und Yang

Was ist das für ein frisches Säurespiel das auf der Stelle loslegt, sowie der Moulin à Vent auf der Zunge aufschlägt. Pulsierend, pochend, frisch und lebhaft tanzt eine kraftvoll dichte Essenz auf ihr, drückt richtig an und sorgt für enormen Vorschub in der Futterluke. Power pur und doch so leicht und fein. Schwarze, saftige Kirschfrucht mit der Säure einer gerade erst kurz rot gewordenen, ein Traum. Kaum aber abgeflossen schält sich die Mineralik über den Gaumen, lässt ihn harten Stein schmecken, “granitelt” richtig und lässt einen nicht mehr los. Der Wein fühlt sich filigran im Mund an und hat doch so viel urwüchsige Kraft die einen nur mehr staunen lässt. Ich sag´s nicht gern und doch immer wieder: “Bordeaux kann mir gestohlen bleiben”. Solange es Weine wie diesen gibt. Steht voll im Saft und hat trotzdem null Gewicht. Ist dicht und satt und fühlt sich trotzdem transparent an. Das ist Yin und Yang. Auf einmal. Zur gleichen Zeit. Das ist hoch erotisch.

Beaujolais von einem anderen Stern

Den Moulin à Vent zu trinken, ihn zu schmecken und zu spüren ist pure Wonne. Zu spüren wie er kraftvoll ist und dabei die Zunge und den Gaumen nur fast schüchtern berührt, erst gar nicht versucht einen zu drücken. Als würde er einen vorsichtig umarmen um nur ja nicht zu verletzen. Als würde Hulk ganz zärtlich einen Minion streicheln. Da ist soviel urwüchsige Kraft in dem Kerl, in seiner Essenz die er sich aus den tief verwurzelten Reben mühsam hoch geholt hat, und dann gibt er diese auf eine Art und Weise ab die man nicht für möglich gehalten hätte. Immer saftiger wird der Moulin à Vent auf der Zunge, immer kieseliger ebenso. Die Gerbstoffe packen ihren Sonntagsanzug aus und zeigen sich von ihrer Kaschmirseite. Etwas heller Tabak kommt dazu und rundet alles stimmig und harmonisch ab. Wer glaubt, dass die schwarze Kirsche wirklich fruchtig ist der irrt sich. Es ist einfach hoch konzentrierte Essenz die sich in einer ebensolchen mineralischen Umgebung auflöst. Das ist Gamay wie ihn der typische Beaujolaistrinker normalerweise nie im Glas haben wird. Das ist Beaujolais von einem anderen Stern.

Ich bin einfach hin und weg von diesem Teufelszeug. Weil es meine Zunge sanft einhüllt, sich dabei traumhaft herbfruchtig anfühlt, es mich kein Gramm Fett oder Gewicht spüren lässt, weil es so wunderbar feingliedrig am Gaumen ist und so kraftvoll würzig in den Abgang übergeht. Weil alles so leicht und filigran ist, so unbekümmert agiert und dabei doch so gross ist. Nach Stunden an der Luft ein “Film von Gerbstoff” auf der Zunge UND am Gaumen, von dem man sich wünscht, dass er niemals enden möge. Kirsche und heller Tabak in inniger Umarmung, ein Schuss weisser Pfeffer als Untermalung und alles ummantelt von einer federleichten Hülle, die sich mit einer dezent pikanten Note über alles legt. Der Moulin à Vent ist Beaujolais vom Allerfeinsten, Beaujolais für wahre Afficionados. Das ist ganz grosses Kino. Das Beste was ich bis heute an Beaujolais getrunken habe. Nur blöd, dass ich einen Kleinkredit benötige, um mir von diesem Stoff zumindest einen kleinen Vorrat anzulegen.

Tipp: Zwei Stunden sollten Sie dem Tropfen in der Karaffe gönnen. Danach verwöhnt er im Viertelstundentakt immer mehr. Mit 14-16º NUR aus dem grossen Glas geniessen. Rustikale Küche begleitet er genauso gekonnt wie feine Fleisch- oder Pilzgerichte. Als Solist genossen einer, der Sie in eine andere Welt entführen wird. Allerfeinster Stoff.

Verkostet wurde ein Moulin à Vent rouge 2011 von der Domaine Jules Desjourney im Beaujolais, Frankreich. Bezugsquelle: Pinard de Picard, Saarwellingen.

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