Müller-Thurgau 2013 Muschelkalk

| 24. Februar 2015 Alles lesen

Die dritte Verkostungsrunde mit den Weinen von Enderle & Moll aus Münchweier in Baden eröffnet heute ein Wein, der unter all den ‘modernen’ Rebsorten etwas ins Hintertreffen gerückt ist; ein Müller Thurgau, heute Rivaner genannt, ursprünglich vom Schweizer Rebforscher Hermann Müller aus dem Schweizer Kanton Thurgau gezüchtet. In einer alten Spindelpresse verarbeitet und ein Jahr auf der Feinhefe “gelagert”, kam der Müller-Thurgau 2013 Muschelkalk danach ungeschönt auf die Flasche und darf heute zeigen, was ihn von seinen Artgenossen unterscheidet. Eines ist aber jetzt schon sicher: Nachdem was ich bis jetzt von Sven Enderle und Florian Moll verkostet habe, muss auch dieser Tropfen eine erfreulich natürliche Wohltat werden.

Mueller-Thurgau Altbekanntes wieder auf der transparenten Burgunderflasche. Das typische Enderle & Moll Etikett im klassischen Nicht-Design. Oben wie gewohnt das Wappen von Münchweier mit den knorrigen Bäumen und der Sichel dazwischen aufgedruckt. Unterhalb in herrlich altmodischer Schreibschrift-Typo Müller-Thurgau gross und platzfüllend angebracht. MUSCHELKALK steht unterhalb und somit ist auch klar ersichtlich woher der Wind Wein kommt. 2013 und Enderle & Moll komplettieren das von zwei feinen Linien eingerahmte Stück Papier. Irgendwie habe ich in der Zwischenzeit dieses Antidesign lieb gewonnen. Am Rückenetikett steht wieder nur das Nötigste, oben wieder LANDWEIN OBERRHEIN und dann noch die Adresse sowie Internet und eMail. Besondere Behandlung braucht der Müller-Thurgau Muschelkalk wohl keine und deshalb wird er nur zwecks Setzungsmöklichkeit eventueller Trubstoffe in die Karaffe umgefüllt und eine halbe Stunde stehen gelassen. Dann kann es losgehen mit dem Badener Tropfen.

Muskatstaub & Hefenoten

Obwohl fast unfiltriert abgefüllt, steht der Müller-Thurgau Muschelkalk relativ klar in sattem Gelb im Glas. Äusserst verhalten ist er in der Nase. Blumig riecht es, ein Hauch von fein zerriebenem Muskatstaub weht aus dem Glas und insgesamt kann man das Bukett als durchaus fruchtig bezeichnen. Mild fühlt es sich in der Nase an, ein zarter Duft mit frischen Zitrustönen macht alles andere als Lärm im Riechorgan. Etwas Holunder riecht man und auch Steinobst steht im Glas. Es ist eine feine, saftige Aromatik die den Tropfen sehr sympathisch erscheinen lässt. Eine dezente Hefenote rundet alles ab.

Mild wie Kamillentee

Frisch, leicht muskatig und mit durchaus präsenter Säure macht sich der Müller-Thurgau Muschelkalk im Mund bemerkbar. Ein Geschmack an den man sich erst gewöhnen muss, allein schon deshalb, weil Müller-Thurgau nicht gerade jeden Tag getrunken wird. Auf der Zunge saftig, dabei äusserst weich und mild. Hefearomen vermengt mit feinem Muskatstaub sorgen für eine eigenwillige wie auch toll schmeckende Aromatik. Der Wein fühlt sich wie Balsam an und fliesst auch butterweich an den Zungenrändern ab. Am Gaumen relativ blumig wie auch fruchtig, man spürt den Kalk der darin eingebunden ist und alles zu einem zwar trockenen, aber doch recht saftigen Trinkerlebnis macht. Im Abgang frisch, ebenso blumig, hoch aromatisch und mild wie Kamillentee.

Einfach eine Wohltat

Von seiner Weichheit und seiner Milde her erinnert mich der Müller-Thurgau Muschelkalk an milden, leicht nussigen Silvaner. Sogar Neuburger kommt mir in den Sinn. Nur dass er eben blumiger und vor allem von einer schönen Mustkatwürze dominiert ist. Die frischen Steinobstaromen stehen erst in zweiter Reihe auf der Zunge, dürfen erst nachdem der Muskatstaub verweht ist “an die Öffentlichkeit” und machen den Wein so zu einem fruchtig-herben Tropfen. Denn leicht herb empfindet man ihn wenn er über die Zunge nach hinten abgewandert ist und sich über den Gaumen verabschiedet hat. Dann schmeckt man auch wieder die zarte Hefenote, man schmeckt den Kalk sehr schön heraus und man spürt so gut wie gar nichts mehr von irgendeiner Säure. Ist da überhaupt noch welche drin?

Je mehr man mit dem Müller-Thurgau Muschelkalk im Mund spielt, je öfter man ihn auf der Zunge auf- und abrollen lässt und ihn am Gaumen presst und knetet, umso mehr findet man Gefallen an diesem aromatischen Zeitgenossen. Eine echte Wohltat. Im Grunde genommen ein leiser Wein der fast schon schüchtern wirkt, weil er so gar nichts extrovertiertes hat. Wohlschmeckend wie auch wohltuend steht er einfach im Mund, strahlt mit seiner Aromatik, erfreut mit seinem herben Charme und mit seiner durchaus ausgeprägten Mineralität die Hand in Hand mit einer feinen Fruchtigkeit geht. Zechwein für alle die es “mit dem Magen haben” und trotzdem nicht auf Wein verzichten wollen. Medizin die man rezeptfrei bei Enderle & Moll beziehen kann. Garantiert natürlich, garantiert ohne Nebenwirkungen. Am Beipackzettel steht nur “Wohl bekomm’s” und deshalb trink’ ich jetzt auch noch ein Glas darauf.

Tipp: Zwecks möglicher Trubstoffe in die Karaffe umfüllen und einfach antrinken. Mit 10-12º am besten. Passt gut zu Paniertem, zu Wiener Küche allgemein und auch zu Knödel mit Ei und Salat. Zur Entspannung solo als milde Medizin einnehmen.

Verkostet wurde ein Müller-Thurgau 2013 Muschelkalk vom Weingut Enderle & Moll aus Münchweier in Baden, Deutschland.

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