Neuburger 2011 Nikolaihof

| 20. September 2013 Alles lesen

Bereits vor 2000 Jahren haben die Römer in der Wachau Weinbau betrieben. Nicht ganz so lange ist es her als ich, dank meines alten Herrn, beim Heurigen aufgewachsen bin und nie verstanden habe was ihn an ‘seinem’ Neuburger so faszinierte. Es gab in Traiskirchen keinen Heurigen dessen Neuburger er nicht kannte. Und weil das endlich für mich abgeklärt werden soll, steht heute ein Vertreter dieser Sorte am Tisch der Wahrheit. Vom ältesten Weingut Österreichs, dem Nikolaihof aus Mautern in der Wachau ist er und eines ist schon sicher: Die Weine, und dazu zählt sicher auch dieser, haben garantiert nichts mehr mit jenen aus den 60er und 70er Jahren zu tun und deshalb freue ich mich heute ganz besonders über diesen hier, der so mit meiner Kindheit verbunden ist. Ein Flashback in die Zeit, in der ich Himbeerkracherl trinkend auf Traktoren spielte und ‘Schurli’ auf der Ziehharmonika Horst Chmelars Wiener Lieder für meinen Vater spielte.

Neuburger Nikolaihof Mit einem eleganten Etikett ist die dunkle Flasche die vor mir steht beklebt. Auf hellem Untergrund ist am ‘Hauptetikett’ nur Nikolaihof Wachau in geschwungener Schrift aufgedruckt. Umrahmt von zwei goldenen achteckigen Rahmen die alles wie ein ‘Türschild’ aussehen lassen. Nicht unbedingt eine moderne Erscheinung, viel eher die Interpretation von Tradition und Zeitlosigkeit. Unter dem Hauptetikett ein schmaler Streifen mit NEUBURGER darauf, ebenfalls duch goldene Rahmenlinien eingefasst. Es wirkt wie Altes das auf neu macht, ist unaufgeregt einfach und passt für mich sehr schön zu meinen mit dem Wein verbundenen Erinnerungen.

Am hinteren Etikett erfährt man ausfühlich alles über die Philosophie nach welcher der Nikolaihof arbeitet sowie darüber, dass es sich um einen Biowein handelt der nach Demeter zertifiziert ist. Eine schwarze ‘Halskrause’ mit Nikolaihof in gold drauf rundet das elegante Erscheinungsbild stimmig ab. Nicht weil er muss, sondern weil es unmittelbar mit der Erinnerung an meines alten Herrn üblicher Bestellung “einen Halben Neuburger” verbunden ist, kommt selbiger in die Karaffe.

Floral und sehr verhalten

In hellem strohgelb dreht der Neuburger seine Kreise im Glas. Ein zarter Stich ins Limettengrüne funkelt auf. In der Nase hat der Wein nichts mehr mit dem zu tun woran ich mich auch heute noch erinnere. Es duftet verhalten floral, nach weissen Blüten und es fühlt sich eher nach Softgummi als nach harten Drops an. Ein sehr weicher Duft mit ebenso weichen, fast cremig wirkenden Aromen zieht die Nasenflügel hoch. Nichts was mich an andere Weine erinnert, nichts was laut ist, am ehesten etwas leicht grünnussiges, das sich jedoch gekonnt zurückhält. Alles ist sehr mild, sehr rund und leise und lässt meine Spannung entsprechend steigen.

Supersofter Faserschmeichler

Hmmmmm…das ist nicht das woran ich mich erinnere. Das hier ist weich, schon fast cremig, sehr mild auf den Lippen, voll auf der Zunge und erst im Abgang ist etwas, das ich mir einbilde wieder zu erkennen. Es ist dieses Nussige, das mir im Gedächtnis geblieben ist. Auch hier spürt man diese Nuss sehr schön am Gaumen, schmeckt weisse Blüten und fühlt wie supersoft der Wein auf der Zunge liegt und diese umspült. Von Säure ist so gut wie nichts zu spüren, sie hält sich nobel zurück, was dafür sorgt, dass die zarte Würzigkeit besser zur Geltung kommt. Floral-würzig würde es am besten treffen. Wie ein Faserschmeichler steht der Neuburger auf der Zunge, fühlt sich voll an und am Gaumen zeigt er sich mit verhaltener Säure und dieser grünen Nussnote.

Vollmundig & Extraktreich

Etwas gewöhnungsbedürftig ist für mich dieses Fehlen von aktiver und lebendiger Säure, was aber auch nicht unbedingt Sache der Rebsorte ist. Ebenso erstaunlich ist die Milde dieses Tropfens. Ungemein zart fühlt er sich auf der Zunge an, fast hat man das Gefühl er will um jeden Preis Frieden stiftend sein. Kein lauter Ton, alles warm, rund, weich und sehr harmonisch. Erst im Abgang und auch im Nachhall spürt man so etwas wie Säure, die sich aber sofort wieder hinter den leicht nussigen und feinst würzigen Aromen versteckt. Was bleibt ist ein zarter Hauch von Erde der am Gaumen haften bleibt und die Gewissheit, dass man diesen Wein ohne jedes Risiko als bekömmliche Medizin verabreichen kann.

Insgesamt ist der Neuburger 2011 vom Nikolaihof ein ausgesprochen floraler Wein. Man sucht vergeblich nach irgendwelchen Fruchtaromen, vielmehr erinnert dieser Wein an eine von wilden Blumen übersäte Wiese und an in ihren aufgeplatzten grünen Schalen am Boden liegende Walnüsse. Mit der Zeit wird der Wein immer saftiger, driftet langsam ins Grüne und beginnt so etwas wie ‘Leben’ auf der Zunge zu entwickeln. Müsste man einen Vergleich anführen, dann würde in diesem stehen, dass sich der Neuburger 2011 im Mund wie supersofte Marshmallows anfühlt. Was eher verwundert ist, dass der Wein trotz seiner spärlichen 12,5 vol.% doch kraftvoll unterwegs ist, was sicher an der fehlenden Säure liegt die sonst alles irgendwie puffert. Es ist das Extraktreiche, das sich in den Vordergrund spielt und die volle Aromatik, die so richtig aufdreht. Zart und harmmonisch hin oder her, die Vollmundigkeit des Weines macht ihn zu einem relativ potenten Tropfen, der aber trotzem mit seiner milden Charakteristik zu überzeugen vermag.

Tipp: Es macht Sinn den Wein für 1 Stunde in die Karaffe zu füllen. Bei 12-14º zu Pasteten, Truthahn, Lamm, Kalb oder Rind geniessen. Auch zu etwas ‘Salzigem’ vorzustellen. Als Solist ein unprätentiöser Zeitgenosse der die leisen Töne mag.

Neuburger Nikolaihof 500x500 Verkostet wurde ein Neuburger 2011 vom Weingut Nikolaihof aus Mautern in der Wachau in Niederösterreich, Österreich. Familie Saahs bewirtschaftet Ihr Weingut nach den Regeln des Demeter-Bunds und ist entsprechend zertifiziert. Bezugsquelle: Bio Wein Online Ramsau/Steiermark, Österreich.

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