Patchwork 2013

| 20. Januar 2015 Alles lesen

Mit dem Les Bruyères 2012 von Stèphane Tissot aus Montigny-les-Arsures im französischen Jura wurde diese Verkostungsrunde eröffnet. Heute steht quasi der “Einstiegswein” in Stéphane Tissots nicht gerade alltägliche, manche sprechen sogar von eigenartiger Riege von Chardonnays am Tisch der Wahrheit. Der Patchwork 2013, vormals als Classique unters Volk gebracht. Ein ganz junger Hüpfer ist der Patchwork, von 5 bis 6 Lagen mit Lehm- und Kalkmergelböden stammt er, im gebrauchten Barrique ist er ausgebaut und selbstverständlich mit wilden Hefen spontan vergoren. Wie der Name schon sagt ist er quasi ein Puzzle und genau dieses werde ich jetzt wieder in seine Einzelteile auflösen und dann langsam wieder zusammenfügen.

Patchwork Auf der braunen Sachsenkeule mit dem am Flaschenhals hochgeprägten Herkunftsnachweis JURA klebt das typische vanillegelbe Tissot-Etikett. Oben in diesem Fall nicht der Name des Weines, sondern gross in schwarz die Rebsorte; CHARDONNAY. Erst darunter erfährt man, dass der Wein Patchwork heisst. Getrennt ist alles wieder durch den goldenen Balken und der Jahrgang steht wie gewohnt hochgestellt am rechten Rand. Die zart hellgraue Weinpresse, das Leitmotiv auf allen Tissot-Etiketten steht wieder von links nach rechts ins Bild hinein. Im rechten unteren Teil Bénédicte & Stéphane Tissot in schwarz. Das Rückenetikett informiert auf französisch über die Lagen und deren Böden (Lehm und Kalkmergel) sowie dass die Reben älter als 25 Jahre sind. In der Mitte ganz gross über die Herkuft, Arbois. Ergänzt vom Hinweis der ECOCERT-Zertifizierung. Vollendet wird auch diese Flasche durch eine knallig gelbe Halsmanschette. Eine Stunde darf sich der Patchwork an der Luft akklimatisieren bevor in den grossen Becher kommt.

Grüne Nuss & Weisser Kalk

In blassem gelb mit einem zarten grünen Schimmer leuchtet der Patchwork aus dem Glas heraus. Unmittelbar nach dem Eingiessen zeigt er sich jedoch als “Stinker vor dem Herrn”. Was wieder typisch ist für Stéphane Tissots Weine und die meisten Leute mit Sicherheit verschreckt. Es riecht sauer, nach übermatschigen Birnen und Äpfeln und vor allem ausgesprochen hefig. Begleitet von einer gepressten Zitrone. Kaum schwenkt man den Patchwork und lässt ihn ein paar flotte Runden im grossen Glas drehen, löst sich alles wie von Zauberhand berührt fast auf. Übrig bleibt eine feine grüne nussige Note mit viel weissem Kalk. Verwirrend, überraschend, eindrucksvoll.

Einfach eindrucksvoll

Eindrucksvoll strömt der Patchwork auf die Zunge, zeigt sich dort mit einer frischen Säure und lässt einen über eine Aromenvielfalt staunen, die man nicht erwartet hätte. Sauer? Nicht wirklich, eher saftig zitronig. Mager? Keinesfalls, eher schlank. Verstörend? Allemal. Da sind frische Birnen und Zitronen, rosa Grapefruit, Limetten und jede Menge Apfelschalen dabei. Die grüne Nuss tanzt im Hintergrund und ein ganz feiner hefiger Film zieht über den Gaumen hinweg. Über die Zungenränder fliesst der Patchwork leicht salzig, am Ende fast schon süsslich ab. Er fühlt sich im Mund unheimlich schlank an und erst jetzt erinnert man sich daran, dass hier gerade mal 12 PS unter der Haube ihre Arbeit verrichten. Wie nicht anders erwartet ist der Wein ein einziges Spektakel und mit Recht als Einstiegs-Chardonnay ausgewiesen. Gerade noch “gesittet” genug um neugierig auf den grossen Rest von Stéphane Tissots Weinen zu machen.

Ein gefährlicher Verführer

Wunderbar nussig steht der Patchwork nach einer Stunde auf der Zunge. Darüber liegt ein feiner Mantel Kalk, man spürt jetzt die Textur, nimmt die zarte Hefenote intensiver wahr und “schmeckt” förmlich die überbordende Mineralität die dieser Wein in sich trägt. Dabei ist er im Mundgefühl ungemein frisch, agil und jugendlich unbeschwert. Der Patchwork macht richtig Spass im Mund, entwickelt sich mit Luft immer mehr zu einem Wein mit dem man spielen will, den man gern von links nach rechts, von vorne nach hinten rollen lassen möchte. Saftig lullt er die Zunge ein, salzig-süss verlässt er sie und am Gaumen schmeckt man dem Kalk hinterher. Im Abgang ein saftiger wie fast schon fruchtiger Zeitgenosse, der erst im Nachhall wieder die Hefe aus dem Papier rollt und eindrucksvoll auf diese aufmerksam macht.

Nuss und Hefe. Das sind nach drei Stunden die dominierenden Aromen des Patchwork. Sowohl in der Nase wie auch im Mund. Die Unterlage bildet Lehm und Kalk. Je länger man den Wein auf der Zunge stehen lässt, umso saftiger wird er auf ihr. Man will es als süss empfinden, was es aber nicht ist. Es ist vielmehr extraktreich und am Ende ist es einfach diese enorme Aromatik aus dem Konglomerat von unterschiedlichen Lagen die sich hier zusammen finden. Nie geht das Salz im Mund aus, nie die Zitrone, der Apfel oder die Birne. Saftig und süffig ist der Patchwork, was eigentlich schon einer Beleidigung gleich kommt, weil Stéphane Tissots Weine erst einmal erobert werden wollen bevor man Freundschaft schliesst mit ihnen. Doch der Patchwork ist ein Verführer und wer sich von diesem Chardonnay verführen lässt, der wird auch den Rest erkunden wollen. Ich kenne die Weine Stéphane Tissots und diesen hier als Einstiegs-Chardonnay zu bezeichen trifft den Nagel auf den Kopf. Eindrucksvoller und leichter kann man einem “Neuling” nicht schmecken und fühlen lassen, wohin die Reise dieses visionären und mehr als eigenwilligen Winzers geht. Lassen Sie sich ein darauf, verlassen Sie die Autobahn und lernen Sie die Landschaft von den Nebenstrassen aus betrachtet kennen.

Übersicht über alle bis jetzt verkosteten Weine von Stéphane Tissot.

Tipp: Eine Stunde in der Karaffe ist fein, zwei sind ideal, drei perfekt. Um die 10-12º aus dem Burgunderglas geniessen. Fisch und weisses Fleisch begleitet er vorzüglich. Sogar als Solist ein überzeugender wie faszinierender Begleiter.

Verkostet wurde ein Patchwork 2013 von Stéphane Tissot aus Montigny-les-Arsures im französischen Jura.

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