Pinot Noir 2011 Schiefer

| 30. Oktober 2014 Alles lesen

Wenn Kometen vom Himmel fallen sollte man in Deckung gehen. Wenn sie jedoch in Form von Uwe Schiefers Pinot Noir 2011 in die Erdumlaufbahn eintreten, dann sollte man ein Glas bereit halten, um diesen nur in besonderen Jahren hergestellten Tropfen geniessen zu können. Sortenreiner Pinot Noir von sehr jungen Reben aus den Lagen Hannersberg, Königsberg und dem Rechnitzer Weinberg sorgt dann für den Ausnahmezustand. Für drei Wochen wird der Wein in Holzfässern vergoren, der Jahrgang 2011 wurde im Anschluss darin für 18 Monate vergoren und am Ende ohne Schönung, Abzug und Filtration abgefüllt. Heute steht er am Tisch der Wahrheit und zur Sicherheit liegt auch ein Entmagnetisierungsgerät bereit. Man weiss ja nie was Kometen alles anstellen, wenn sie zum ersten Mal mit irdischer Luft in Berührung kommen.

Pinot Noir 2011 Schwarz wie die Nacht ist nicht nur die wuchtige Flasche, sondern auch das Etikett das auf ihr klebt. Das einzige weisse Teil das sich von der dunklen Fläche abhebt ist ein Komet. Oder Meteorit. So genau weiss man das nicht und ist auch nur schwer festzustellen. Auf jeden Fall hat es etwas ‘ausserirdisches’ an sich. Unten steht in weiss dann noch der Jahrgang 2011, ebenfalls in weiss. Schiefer ist in schwarz auf schwarz gedruckt und nur erkennbar weil es ganz leicht hochgeprägt ist und sich durch die Spiegelung verrät. Rechts aussen am einteiligen Etikett in weiss wieder alles was man wissen muss über diesen besonderen Wein, der nur in besonderen Jahren erscheint. Irgendwie hat diese Erscheinung etwas mystisches, exterritoriales an sich und macht richtig neugierig auf das was drin ist. Damit sich der Komentenwein aber auch entsprechend auf seinen Eintritt in die Erdatmosphäre vorbereiten und an sie gewöhnen kann wird er, um jedes Schockerlebnis zu vermeiden, vorsichtig für eine Stunde in die Karaffe befördert.

Würzig, fruchtig, fein

Erdbeerhimbeerrot mit leicht orangebräunlicher Tönung leuchtet der Wein aus dem Glas heraus. Riecht man bereits beim Eingiessen Kirschen und Erdbeeren, so steht im Glas zuerst eine feine Würze über allem. Erst danach dürfen sich die Nasenflügel über das komplette Angebot von wilden Waldbeeren freuen. Es duftet rotbeerig, durchaus fruchtig, dabei aber sehr fein unterlegt mit einem dezenten Holzton. Ein Tick Milchschokolade taucht auf, auch ein wenig Blutorange ist dabei. Sehr schön stechen frische reife Erdbeeren aus dem ganzen Aromenkorb heraus und verleihen dem Pinot Noir seine typische Nase, die durch ihre Würze noch um einen Deut interesannter wirkt.

Rotwürziger Charakterkopf

Mehr Würze als Frucht nimmt man dann im Mund wahr. Der Pinot Noir fliesst mit angenehm feinen Gerbstoffen auf die Zunge, wo sich augenblicklich ein Korb von roten Beeren, von Kirschen, von Wald und Holz und Erde auf ihr ausbreitet. Es fühlt sich saftig an, auch druckvoll. Am Gaumen eine rote Würze die beeindruckt. Kräftig, harmonisch, schön balanciert zwischen Frucht und Würzigkeit. Beides tritt auf einmal auf und lässt den gesamten Mundraum die Farbe Rotbraun spüren. Kein leichtgestrickter Wein, sondern einer mit Textur, mit Kraft und Charakter. Sehr vielschichtig in seiner Struktur, die für zahlreiche intensive Geschmacks- und Gefühlseindrücke auf der Zunge wie am Gaumen sorgt. Im Abgang rotwürzig, kräftig und sehr lange anhaltend.

Eleganz im Barbour-Style

Was mir persönlich ausgesprochen gut gefällt ist der Umstand, dass dieser Pinot Noir nicht die reine Fruchtbombe mit leichter Holz-Würze-Untermalung, sondern das genaue Gegenteil davon ist. Hier steht eine ansprechende Würze auf der Zunge und am Gaumen, welche eindrucksvoll von deftig roter Beerenaromatik begleitet wird. Pinot Noir im Reverse-Mode sozusagen. Kein leichtes Fruchtwässerchen, überhaupt nicht schick, sondern ein charakterstarker Individualist der zeigt, dass auch Kraft finessenreich sein kann. Die Zunge spürt den dichten Saft, die dichte Struktur und die ebenso dichte wie kräftige Würze, welche aber von ebenso kräftigen roten Aromen und einem Schuss Schokolade unterstützt wird. Zusammen fühlt sich das etwas schwerer an als rein auf Frucht getrimmter Pinot. Am Gaumen haftet dieser rotwürzige Film ewig lange und will nicht und nicht abgehen. Auch das Gerbstoffkleid ist ein ausgesprochen feines, niemals lästiges, vielmehr angenehmes Gefühl im Mund. Es wird äusserst interessant diesen ‘Kometenwein’ in ein paar Stunden weiter zu verkosten.

Je mehr Luft der Saft aufnimmt umso ‘schmatziger’ wird er. Einerseits ist es als würde man in einem riesengrossen Becher eingestampfter Waldbeeren wühlen, andererseits ist es diese deftige Würze die alles so kraftvoll erscheinen lässt. Der Wein versprüht Wärme, verbreitet sich im gesamten Mundraum in einer Wolke aus Himbeer-Erdbeer-Kirscharomen und befeuert alles mit feinstem Holz. Das ist Wein mit einer Eleganz im Barbour-Style. Nichts für den Sommer, das ist Herbst, das ist Nebel, etwas Regen und der Duft von nassem Laub. Pinot Noir den sogar der Schweisshund lieben würde, würde man ihn mit ihm teilen. Ein Spätburgunder für das Moor, das schottische Hochland, oder für die unendlichen Weiten des regionalen Flachlands. Hauptsache Nebel liegt über allem. Kraft, Charakter und Selbstbewusstsein machen diesen Tropfen zwar nicht zu einem Kometen, aber zu einem Vertreter seiner Sorte, die andere neben sich ‘verglühen’ lässt.

Tipp: 1 bis 2 Stunden Luft tum ihm ausgesprochen gut. Um die 18º sind empfehlenswert. Perfekt zu Wild vom Wald, zu Ente, mittelwürzigem Käse, Champignongerichten und zur deftigen Herbstküche. Als Solist ein Spätburgunder der mit Profil und Charakter punktet.

Gibt es unter anderem bei Wagners Weinshop oder Weinshop 24

Verkostet wurde ein Pinot Noir 2011 von Uwe Schiefer aus Welgersdorf im Südburgenland, Österreich.

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