Riesling ‘Dachsfilet’ 2010

| 7. Februar 2013 Alles lesen

Absolut nichts mit einem Stück Fleisch zu tun hat der Wein, den wir heute von seinem Schraubverschluss befreien. Auch wenn es sich dabei um ein ‘Filet’ handelt, strömt aus dieser Flasche nur ‘Flüssiges vom Dachs’, wobei wir auch schon beim ungewöhnlichen Namen dieses Rieslings vom Weingut Prinz von Hessen sind, nämlich Dachsfilet. Wir haben einen Riesling ‘Dachsfilet’ 2010 am Tisch der Wahrheit stehen und wissen, dass dieser Name von der Lage Dachsberg stammt, welche auf 180 Meter Seehöhe liegt und die höchste, steilste und windigste Lage des Weinguts Prinz von Hessen ist. Von dem übrigens nur das beste Lesegut verwendet wird und somit die Verbindung zum ‘Filet’ herstellt. Angesichts der windigen Lage packen wir das Outdoor-Equipment aus und lassen uns den Wind durch unser frisch geföntes Haupthaar blasen.

Dachsfilet Wie schon das Etikett des Riesling ‘Steckenpferd’ ist das des Dachses im gleichen Design gestaltet. Nur dass in diesem Fall nicht Kinderspielzeug und Reiterutensilien darauf illustriert sind, sondern eben ein frecher Dachs der beharrlich das Wappen derer von Hessen zwischen seinen Beissern hält. Ob er es nur beschützt oder möglicherweise gar gestohlen hat geht nicht exakt hervor, weshalb man hier nur Mutmassungen anstellen kann. In jedem Fall gilt die Unschuldsvermutung bis uns der Dachs vom Gegenteil überzeugt.

Alles ist wieder von einem feinen goldenen Rahmen umfasst und am unteren Teil des Etiketts steht in verspielter Typo Dachsfilet. In gold das Weingut oben und am Rückenetikett wieder alles Wissenswerte über Lage, Wein und sonstiges was üblich und notwendig ist. Die Angabe von 12,5% kündigt leichtes unbeschwertes Trinkvergnügen an und deshalb kommt der Dachs, der noch nicht des Diebstahls überführt ist, in die Weissweingläser.

Dichter Saft & ‘Steinigkeit’

Ein helles Gelb schimmert frisch mit frechen grünen Reflexen aus dem Glas heraus. Ebenso schön legt sich der Wein an der Glaswand an und fliesst langsam wieder ab. Es duftet wunderbar frisch, sehr saftig und überaus fruchtig in der Nase. Man riecht reifen Pfirsich aber auch exotisches wie Litschi und Ananas. Erfrischend sind die Stachelbeeraromen welche die Nase hochziehen und dem Dachsfilet eine leichte ‘grüne Note’ verleihen. Eine ausgeprägte Kräutrigkeit steht über all dem fruchtigen Bukett und lässt einem so richtig das Wasser im Mund zusammenlaufen. Eine elegante ‘Steinigkeit’ lässt den Duft zusätzlich noch erfrischender erscheinen.

Straffe Säure & Kräuterwürze

Mit einer straffen Säureader breitet sich der Dachs sofort an der Innenseite der Wangen aus und presst förmlich seine exotischen Fruchatromen an ihnen aus. Saftiger Pfirsich, süsse Ananas und Stachelbeeriges schmeckt man und man fühlt alles richtig spritzig und aktiv die Wangen hinuntergleiten, um am Ende auf der Zunge einen kräuterwürzigen Eindruck zu hinterlassen. Sehr interessant und überaus attraktiv ist die Kombination der Kräuterwürze mit dem ‘Zuckerschwänzchen’, welches sich durch einen Restzuckerwert von 12,9 g/l ergibt. Es ist ungewohnt, hat aber eindeutig einen ganz speziellen Reiz. Auf der Zunge wirkt der Dachs sehr rund und saftig, am Gaumen zieht er füllig und auch schön mineralisch seine Spur. Er wirkt überaus frisch und beschert einem einen ebenso mineralischen wie auch fruchtig-kräutrigen Abgang. Im Nachhall schmeckt man der lebendigen Säureader hinterher und versucht sich den Saft von Aprikosen und Ananas von den Lippen zu lecken.

Lebendigkeit und klare Frische

Was den Dachsfilet ganz klar von seinen bisher verkosteten ‘Brüdern’ unterscheidet ist eindeutig die kräuterbetonte Aromatik. Diese Kombination von reifer saftiger Frucht mit ausgeprägter ‘Wiesen & Gartenkraut’-Charakteristik macht ihn aussergewöhnlich anders, verleiht ihm eine ganz spezielle Aura. Es wird auch weniger die Zunge gefordert als der gesamte Mundraum. Der Dachs definiert sich eher über die Wangen und den Gaumen und erst ganz am Schluss spürt man seinen frischen Saft auf der Zunge stehen. Abgerundet wird der insgesamt herzhafte Gesamteindruck von einer steinigen mineralischen Note die der Dachs mit sich führt und welche ihn im Mund erfrischend kühl und klar wirken lässt.

Der Tropfen hat eine durchaus pikante Note, wirkt mehr grün als gelb, zeigt mehr Kraut als Frucht und doch ist es die Frucht die alles zusammenhält. Die überaus lebendige und spritzige Fruchtsäure trägt ihr Übriges dazu bei um den Wein erfrischend, aktiv und animierend erscheinen zu lassen. Sie verleiht ihm kräftige Textur genauso wie Lebendigkeit und macht ihn zu einem wirklich fröhlich-frechen Tropfen. Dieser Dachs beisst nicht, er neckt, hat Charme, Persönlichkeit und Profil. Seine 12,5% machen ihn noch attraktiver und am Ende ist die Flasche schneller leer als man es vorgehabt hat. Um die 20 Euro kostet ‘das’ Dachsfilet in Deutschland, um die 25 in Österreich. Womit auch das geklärt wäre. Wir sind zwar weniger, dafür aber wertvoller. Oder so. Spasswein mit Persönlichkeit. Aufgrund des Preises nicht für jeden Tag, aber wer will schon jeden Tag ‘Filet’ zu Mittag?

Tipp: Aufmachen, einschenken und geniessen. Am besten bei 10º zu frischen Salaten, sommerlicher Gemüseküche, aber auch zu weissem Fleisch, Fisch und Meeresfrüchten. Oder einfach als Solist weil einem danach ist.

PvH-Logo Verkostet wurde ein Riesling ‘Dachsfilet’ 2010 vom Weingut Prinz von Hessen aus Johannisberg im Rheingau, Deutschland. Das Weingut Prinz von Hessen ist Mitglied des VDP (Verband Deutscher Prädikatsweingüter).

Zur Verfügung gestellt wurde uns der Wein von TxB Fine Wine, Wien via Katharina Haase, FIVE.COMM, Wien.

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Kategorie: Prinz von Hessen (D), Verkostet