Riesling ”Handwerk 2013
Vor genau drei Jahren bin ich zum ersten Mal mit Pfälzer Weinen in Berührung gekommen. Sowas darf man als “Weinschreiberling” ja gar nicht laut sagen, ist aber so. Im Jänner 2012 begann eine Verkostungsreihe mit Weinen eines jungen ambitionierten Winzers, der sich nicht um den Mainstream schert und konsequent seinen eigenen Weg geht. Die Rede ist von Sven Leiner aus Ilbesheim und einige seiner Weine die ich verkostet habe gehören seither zum ständigen privaten Bestand. Heute starte ich eine neuerliche Reise mit Sven Leiners Weinen und bin bereits gespannt wie sich seine Stilistik weiterentwickelt hat, wie sich die Weine entwickelt haben und was diese heute von jenen von damals unterscheidet. Den Anfang macht ein einfacher Tropfen, der Riesling ‘Handwerk’ 2013, ein sogenannter Gutswein mit läppischen 11,5 Umdrehungen. Leichter kann der Einstieg in eine neue Verkostungsreihe nicht sein.
Auf den ersten Blick hat sich am Design der Etiketten aus der Linie Handwerk nicht wirklich etwas verändert. Erst auf den zweiten Blick stellt man kleine Modifikationen fest. Wie gewohnt dominiert die Farbe Orange am weissen Hintergrund, zeigt wahllos Fingerabdrücke und auch der “Mitarbeiter”, wie Sven Leiner seine Nützlinge bezeichnet, ist in knalligem orange abgebildet. In diesem Fall eine Ichneumonidae, dem Botaniker auch als Schlupfwespe bekannt. Über drei zarten, durchgängigen Linien steht gross Riesling und unterhalb in einer alten Schreibmaschinen-Schrift - handwerk - in Kleinbuchstaben. Nur das Logo oben am Etikett hat sich verändert. Es wurde reduziert und in moderner Typo gestaltet. Das I im Namen LEINER stellt ein Insekt dar und unterhalb steht Ilbesheim, Pfalz. Am rechten äusseren Rand des in einem Stück gedruckten Etiketts erfährt man ausführlich alles über das Wesen und die Bedeutung der Schlupfwespe. Weiters ist das demeter-Siegel angebracht und das europäische BIO-Gütesiegel. Eine halbe Stunde darf der Riesling ‘Handwerk’ in der Karaffe Luft aufnehmen.
Fruchtig, würzig, dicht
Goldgelb steht der Riesling Handwerk im Glas und leuchtet mit sich selbst um die Wette. Frischer Pfirsich dampft heraus, fruchtige Zitrustöne wie auch ganz viel nasse Mineralik. Es ist ein leiser Duft, kein lautes Gebrüll, sehr dezent und doch ausgeprägt fruchtig und auch würzig. Reifes Steinobst riecht man und in der Nase fühlt sich alles weich und ausgesprochen dicht an. Zarte Hefetöne dümpeln im Hintergrund herum, welche sich aber mit der Zeit auflösen und den Duft danach noch frischer erscheinen lassen. Und sonst, dominiert eine rassige Mineralik und lässt auf ein ebensolches Trinkvergnügen schliessen.
Speichelfluss extrem
Von wegen einfach. Auch wenn der Riesling Handwerk der einfachste von Sven Leiner ist, so zeigt er extreme Rasse kaum dass er auf der Zunge steht. Einerseits ist der Wein sehr dichtmaschig, hat durchaus Körper und macht Druck, doch ist alles von so einer lebhaften Säure getrieben, dass es einem augenblicklich die Zunge einrollt und die Wangen zusammen zieht. Was für ein frecher Tropfen! Dabei schmeckt man reifen Pfirsich ebenso wie grünen Apfel und merkt gleichzeitig wieviel nasses Geröll sich durch diesen Obstkorb an die Oberfläche wühlt. Über den Zungenrand fliesst der Riesling derart säurebetont, dass sich die Poren nicht mehr schliessen wollen und auf Dauerspeicheln umstellen. Tolle Würze pinselt den Gaumen ein, sogar leicht rauchig fühlt sich der Riesling Handwerk an. Im Abgang fruchtig wie auch würzig und im Nachhall lang und intensiv. Speichelfluss extrem und seliges Grinsen inklusive.
Knackiger Zechwein für jeden Tag
Eine Stunde Luft lässt den Tropfen weiter wachsen und so zeigt er sich auf der Zunge zwar noch immer mit einer rassigen Säureader, ist aber erheblich mineralischer geworden. Kalk tritt immer mehr zum Vorschein und lässt der Wein etwas aufgelockerter erscheinen. Es fühlt sich feinmaschiger im Mund an, ist auch trockener, obwohl genug Saft für zwei Weine in dem Riesling schlummern. Der Riesling Handwerk ist hochpulsig wie ein Rennpferd, brodelt nur so vor Lebenslust und sorgt im Mund für richtig Zirkus. Frisches Steinobst und nasse Mineralik haben zueinander gefunden und harmonieren jetzt sehr schön miteinander. Nichts drängt sich vor, alles ist an seinem Platz. Am Gaumen wird der Wein weisser, feiner und sogar etwas fruchtiger. Die Säure hat sich etwas beruhigt und ermöglicht einem sich mehr auf die reife Frucht und die elegante Würze zu konzentrieren.
Richtig saftig ist der Riesling Handwerk in der Zwischenzeit geworden. Dabei fällt auf, wie der Wein nach zwei Stunden immer mehr mit einem feinen weissen Nebel am Gaumen abzieht. Marillenaromen kommen an die Oberfläche und komplettieren den Obstkorb. Was man schmeckt und fühlt ist das absolut reife Lesegut. Wie auf den Punkt gegart steht der Tropfen durchaus füllig auf der Zunge und lässt diese seinen weichen runden Körper spüren. Die Säure hat sich ausgetobt und überlässt der Frucht und dem Gestein das Kommando. Hält sich im Hintergrund und sorgt für den richtigen Rhythmus im Mund. Wer diesen Wein vier, fünf und mehr Stunden offen in der Karaffe stehen lässt, der wird dafür mit purer Mineralik belohnt. Süffig, saftig, würzig und supertrinkig ist der Riesling Handwerk und für 7 Euro 50 ab Hof fast schon unanständig günstig.
Tipp: Eine Stunde in der Karaffe sollten Sie ihm gönnen. 10-12ºC Trinktemperatur sind ideal. Begleitet frische Salate, Fisch und Grillhuhn, aber auch Pasteten. Solo ein Zechwein allerfeinster Güte. Trinkt sich leicht und locker weg.
Hier gibt es eine Überblick über die bisher verkosteten Weine von Sven Leiner.
Verkostet wurde ein Riesling ‘Handwerk’ 2013 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.
Kategorie: Sven Leiner (D), Verkostet