Riesling Setzer 2011

| 23. Juni 2015 Alles lesen

Einen Riesling aus der “Mitte” habe ich heute am Tisch der Wahrheit stehen. Mitte deshalb, weil ich bereits von drei Jahren den Jahrgang 2009 und vor ein paar Monaten den Jahrgang 2013 davon verkostet habe. Heute ist 2011 dran. Mehr Mitte geht nicht. Um wen es geht? Um den Riesling Setzer 2011 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz. Und zwar vom Setzer-Berg, der ist vis á vis der Kleinen Kalmit. Mit wilden Hefen spontanvergoren und im grossen Holzfass ausgebaut ist der Riesling Setzer 2011 und wie sich dieser Jahrgang zeigen wird, dem wird jetzt auf den Grund gegangen.

Riesling Setzer 2011 Noch im alten Design ist das Etikett das auf der dunkelbraunen Schlegelflasche klebt gestaltet. Wie gewohnt in weiss gehalten und mit dem Logo des Weinguts ganz oben abgebildet. Die Rebsorte ist in den obligaten drei feinen Linien die einem Notenblatt gleichen eingearbeitet und unterhalb in einer alten American Typewriter-Schrift der Name SETZER in gold. Links der Jahrgang, 2011, und im rechten Teil des einteiligen Etiketts umfangreiche Informationen über die Lage, den Anbau und die Philosophie die hinter den Weinen Sven Leiners steht. Unverzichtbar wie auf allen Etiketten die Abbildung jenes Nützlings, der im Weinberg stetig seine Arbeit verrichtet. In diesem Fall handelt es sich um eine ‘Ichneumonida’, was dem Laien nichts sagen wird, Experten aber als Schlupfwespe bekannt ist. Eingefasst von einer goldenen Halsmanschette eine elegante Erscheinung. Bevor der Riesling Setzer aber endgültig in das Glas darf, wird er für eine Stunde sich selbst in der Karaffe überlassen um sich fein zu machen.

Pfirsich, Ananas & reichlich Mineralik

Klares, sehr intensives goldgelb leuchtet aus dem Glas heraus. Reifer, saftiger Pfirsichduft steigt einem augenblicklich die Nase hoch, feine Kräuter stehen dahinter, kraftvoll und würzig fühlt es sich an. Etwas Ananas taucht auf. Insgesamt riecht der Riesling Setzer 2011 weniger opulent als 2013 und klarer als 2009. Es hat etwas Pikantes im Duft, so als würde man frisches Gras zwischen die saftigen Fruchtaromen gesteckt haben. Keine leichte, frisch-fröhlich-beschwingte Nase, sondern ein sehr reifer Duft, der mit reichlich schottriger Mineralik unterlegt ist.

Butterweiche Mundmassage

Butterweich fliesst der Riesling Setzer in den Mund. Als würde man ein Stück Marshmallow zwischen Zunge und Gaumen pressen. Nur dass dieses eben flüssig ist. Dicht und leicht ölig steht der Setzer auf der Zunge, lässt hochreifen Pfirsich über sie fliessen und sorgt am Ende mit einem leichten herben Stich für die finale Überraschung. Verglichen mit 2009 ist 2011 sehr ähnlich, etwas feiner, leichter und lockerer aufgestellt. Von 2013 ist er weit entfernt weil ihm die enorme Rassigkeit fehlt die sich dort in frischer Säure und extremer Mineralik manifestiert hat. So steht mit dem 2011 ein Wein im Mund, der weich und cremig ist und der fast schon vorsichtig agiert. Erst nach und nach gräbt sich verhalten Säure durch den dichten Körper und tänzelt leichtfüssig über die Zunge. Der Gaumen ist benebelt vom reifen gelben Extrakt das förmlich an ihm haften bleibt. Im Abgang dann erst etwas sandig, steinig und mit einem zarten herben Touch versehen. In zwei Stunden wird der Wein sich wieder von einer vollkommen anderen Seite zeigen.

Wein für mehr als einen Tag

Sehr interesssant ist nach einer Weile zu beobachten, wie sich der Setzer von seiner anfänglichen Üppigkeit trennt und sich hin zu einem ausgesprochen trockenen, leicht feinstoffigen Wein verändert. Er verliert dabei aber nicht etwa von seiner Dichte, er fühlt sich nur erheblich trockener an und steht griffig auf der Zunge wie am Gaumen. Im Hintergrund sorgt präsente Würze für den Unterbau und lässt der Riesling Setzer dadurch auch recht kraftvoll erscheinen. Dem gegenüber stehen leichte 12,5% Alkohol, die den Wein wiederum leicht verdaulich und, trotz seiner sympathischen Speckfältchen, ebenso leichtfüssig machen.

Drei Stunden später haben sich deutlich schmeckbare Kräuternoten durchgearbeitet, die sehr schön mit der Würze harmonieren. Das Fett ist abgefallen, nur mehr ein letzter Rest der sich auf der Zunge abrollt ist vorhanden. Etwas Quitte ist aufgetaucht, der Pfirsich ist abgetropft und alles ist bei weitem nicht mehr so ölig wie zu Beginn. Der Wein ist feiner geworden, auch schlanker, wenngleich er von einem schlanken Wein noch immer meilenweit entfert ist. Vielmehr fühlt er sich jetzt auf der Zunge ein wenig leichter an, ist erheblich mineralischer geworden und auch die Säure hat sich dazu entschlossen ins Spiel einzugreifen. Am Gaumen nach wie vor elegant herb, etwas staubig. Im Abgang nach wie vor sehr saftig und würzig. Fest steht, dass der Riesling Setzer 2011 tatsächlich die Mitte zwischen 2009 und 2013 darstellt. Weniger opulent und konzentriert als 2009, rascher zugänglich und feiner, dafür aber dichter und weicher als 2013. Wieder ein ganz toller Riesling, den man über mehrerer Tage erforschen und geniessen sollte.

Tipp: 2-3 Stunden in die Karaffe damit. Mit 10-12º am besten zu geniessen. Fisch an heller Sauce, Gebackenes und auch Asiatisches wären feststoffliche Begleiter dazu. Als Solist ein Wein, den man unbedingt über mehrere Tage geniessen sollte um ihn in seiner ganzen Vielfalt zu erleben.

Verkostet wurde ein Riesling ‘Setzer’ 2011 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.

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