Riesling ‘Steinreich’ 2011

| 25. Februar 2014 Alles lesen

Den Auftakt dieser Verkostungsrunde mit dem ungezwungenen Thema Nicht denken, trinken! macht ein Riesling von der Mosel. Ganz genau ein Steillagen-Riesling, denn im Flachen kann jeder. Der Riesling ‘Steinreich’ 2011 der Familie Clüsserath stammt vom hartem Schiefer der Trittenheimer Apotheke, so heisst die Lage, ist spontan vergoren und gleichzeitig so etwas wie ein Gegenpol zur massenkompatiblen Interpretation von Riesling. Handwerk, Tradition und Herkunft stehen bei Ansgar Clüsseraths Weinen an oberster Stelle und so ist auch sein Riesling ‘Steinreich’ ein Produkt dieser Philosophie. Frei dem Motto folgend denken wir nicht länger drüber nach und öffnen einfach mal die Flasche um den guten Tropfen genüsslich zu verkosten.

Riesling Steinreich Auf der klassischen dunkelgrünen Schlegelflasche klebt ganz unten ein eher schmales, dafür aber umso auffälligeres Etikett. Steht im oberen Teil davon auf einem lindgrünen Untergrund in schwarz und weiss schlicht und einfach Ansgar Clüsserath – Steinreich – Riesling drauf, so ist die untere Hälfte einzig und allein einem Bild gewidmet, welches den Boden dem der Steinreich entspringt zeigt; Schiefer. Nichts als einige übereinanderligende Schieferplatten legen eindrucksvoll Zeugnis von der Herkunft dieses Weines ab. Einfaches, aber wirkungsvolles Etikett.

Das weisse Rückenetikett gibt ausser über das was unbedingt notwendig und vorgeschrieben ist keine weiteren Auskünfte. Was jedoch sofort ins Auge springt ist die Zahl 11,5, welche auf ein recht lustiges und flottes Trinkvergnügen schliessen lässt. Als ‘Sponti’ steht dem Steinreich ein 30 minütiges Luftbad in der Karaffe zu, bevor er endgültig zum ‘verputzen’ in die blank polierten Gläser kommt.

Dichter gelber ‘Sponti-Duft’

In strahlendem goldgelb mit einem saftigen grünen Schimmer steht der Steinreich im Glas. Aromen von Birnen, Pfirsichen und Mirabellen strömen in die Nase. Man riecht den ‘Sponti-Charakter’, es duftet konzentriert, dicht und kraftvoll. Deutliche Schiefernoten treten hervor und je länger der Steinreich an der Luft ist umso mineralischer wird auch sein Duft. Was bleibt ist die Dichte in der Nase, man kann sie fast greifen. Kraftvoll legen sich Quitten- und Pfirsicharomen an den Nasenwänden an und pressen förmlich ihren Saft darauf. Eine gewisse Opulenz kann man dem Tropfen in der Nase nicht abstreiten. Volles, intensives Dufterlebnis.

Weich, mild, konzentriert

Der erste Eindruck den der Steinreich im Mund hinterlässt ist so verwirrend wie überraschend. Ungemein weich strömt er auf die Zunge um dort ganz plötzlich mit frischer Säure aufzutrumpfen. Es fühlt sich mild an und doch merkt man eine gewisse Rasse die sich ausbreitet. Als würde das komplette Leben in diesem Wein Tropfen für Tropfen langsam von innen heraus kommen. Weich im Körper, konzentriert, warm, sogar etwas rauchig am Gaumen. Steinobst schmeckt man, Quitten sind dabei und alles unterwirft sich einer ausgeprägten Mineralik welche für ein durchaus steiniges Mundgefühl sorgt. Fein und leicht schwebt der Steinreich im Mund und hat doch soviel Gewicht, dass man ihn unendlich lange am Gaumen wie auch im Nachhall spüren kann.

Saftig, dicht, harmonisch, rassig

Nach einer Weile an der Luft zeigt sich der Steinreich äusserst finessenreich was die Balance zwischen Fruchtaromen und Mineralik angeht. Man merkt die geringen Erträge die sich in saftigem Körper manifestieren, man kann das bisschen Fett auf seinen Rippen fühlen, wie es sich sanft und weich im Mund anlegt, ohne dabei dick zu werden. Der Wein bleibt aber immer leicht und fein und verblüfft mit seiner frischen Säure, die sich perfekt in diese weiche Gesamthaptik einfügt. Ich würde dieses Mundgefühl als ‘schlanke Opulenz’ bezeichnen. Unverkennbar ist ein langes Hefelager, die dichte Konsistenz lässt den Tropfen vom Gefühl her ‘so viel’ erscheinen, ohne wirklich viel zu sein. Es kommen Melonen zum Vorschein auf der Zunge, auch ganz feine Zitrusnoten. Kern- und Steinobst sind relativ präsent in diesem mineralischen Gesamtgefühl integriert. Saftig, dicht, harmonisch, weich und mild auf der Zunge, zieht der Tropfen leicht rauchig, auch mit etwas Speck behaftet über den Gaumen, legt dort den Staub von Schiefer ab und verabschiedet sich in einem wohligen, nebligen Rauch von Steinobst und staubigem Geröll. Man schmeckt ihm lange hinter und spürt dabei eine wohlige Wärme im Mund.

Fast wirkt der Steinreich viel zu ‘kompliziert’ um dem Thema Nicht denken, trinken! gerecht zu werden. Zu vielschichtig, zu individuell ist er. Man kommt nicht umhin sich etwas mehr mit ihm zu befassen, eben weil er so gegen den Strich gebürstet ist. Und doch passt er perfekt, weil, sobald er seine ‘Reiseflughöhe’ erreicht hat, einfach dahinfliesst und man das Denken wirklich einstellt. Es überrascht wie ‘voll’ ein Wein mit 11,5% sein kann, wie dicht er sich anfühlen und wieviel Charakter in so einem Leichtgewicht stecken kann. Was er braucht ist Luft, viel Luft. Dann dreht er auf und trinkt sich wie Wasser. Nur mit wesentlich mehr Geschmack und Gefühl. Richtig rassig wird der Steinreich dann am Abend bei der Nachverkostung. Lebendige, freche Säure trägt ihn jetzt über die Zunge und sorgt für reichlich Speichelfluss wenn er über die Ränder abfliesst. Jetzt will man nur mehr eines, ihn einfach laufen lassen bis er alle ist.

Tipp: 1-2 Stunden in der Karaffe sind ideal, ebenso 8-10º Trinktemperatur. Flexibler Speisenbegleiter und als Solist ein Wein den man sehr rasch sehr lieb gewinnen kann.

Wein & und Winzer-Info:

Steinreich
Wein: Riesling ‘Steinreich’ 2011
Winzer: Ansgar Clüsserath
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: -2016+
Anbau: Naturnah
Ausbau: Großes Holzfaß
Besonderes: Steillagen-Riesling
Dekantieren: Ja

Der Wein wurde uns von der K&U Weinhalle aus Nürnberg zur Verfügung gestellt.

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