Rouge-Gorge 2013 Côteaux du Loir

| 19. Februar 2018 Alles lesen

Rouge Gorge “Weinverkostung für Fortgeschrittene” steht heute am Programm. Und alles andere als ein Kindergeburtstag wird es auch, das kann ich vorab schon versprechen. Der Hauptdarsteller, ein Pineau d´Aunis von Eric Nicolas´ Domaine de Bellivière in Jasnières an der Loire. Sein Name: Rouge-Gorge, was soviel wie “rote Gurgel” heisst. Pineau d´Aunis, eine Rebsorte die so zickig wie Pinot Noir ist, die so hell ist, dass man am liebsten Farbe hinzu schütten möchte, und die so anders duftet und schmeckt, wie man es, so man noch keinen im Glas hatte, noch nie gerochen und geschmeckt hat. Ein Wein für echte Abenteurer, nur für jene, die offen für Neues, vor allem für Anderes sind. Wie alle Weine stammt auch dieser von Eric Nicolas aus biodynamischer Bewirtschaftung, ausgebaut wurde im gebrauchten Barrique. Die Rebstöcke stehen auf Tuff- und Kalkboden. Seit zwei Stunden in der grossen Karaffe, wartet der Rouge-Gorge 2013 Côteaux du Loir darauf, sich endlich in seiner vollen Pracht zeigen zu dürfen. Das grosse Glas steht bereit und das Abenteuer, die Entdeckungsreise, kann beginnen.

Wie ein Bad im Basar

Leicht bräunlich angehauchtes Rot steht klar und transparent im Glas. Ganz unten könnte man sogar die Zeitung lesen. Wer Frucht im Duft des Rouge-Gorge sucht ist verloren. Nix da, nur orientalische Gewürze. Als wäre man am Basar in einen Stand mit Anis, Nelken, Fenchel und Cumin gefallen. Der totale Anti-Duft, sofern man das als Duft bezeichnen kann. Verstörend, irritierend für alle die auf Fruchtaromen konditioniert sind. Ein wahres Feuerwerk für jene, die ihre Sinne allem öffnen was daher kommt. Ein Erlebnis das einzigartig, unvergleichbar und garantiert auch unvergesslich ist.

Ja oder Nein

Kaum angelangt in der Geschmackszentrale, krallt sich der Rouge-Gorge die Zunge und lullt sie mit einem nelkig-süssen, wie auch kalkig-sprödem Auftritt ein. Der erste Eindruck mag sauer-schlank erscheinen, ja fast mager, doch hat man diesen “Schock” erst überstanden, spürt man plötzlich richtig Haftung auf der Zunge, schmeckt man die nicht ganz reife Sauerkirsche, was sich eben in erhöhtem Säurepuls zeigt und in Verbindung mit der frechen süssen Nelke eine quietschvergnügte Kombination ergibt. Am Gaumen weht der Wind des feinen Gerbstoffs, weiss und kalkig, wunderbar, schlicht grandios. Was man wirklich schmeckt ist schwer zu definieren, weil eben völlig ungewohnt wie unbekannt. Was fest steht ist eines; man mag es oder lehnt es ab. Für ein “vielleicht” ist hier kein Platz. Love it or leave it. So brutal einfach ist das.

Konventionen werden abgelehnt

Wer die “erste Runde” erfolgreich überstanden hat, dem öffnen sich auf einmal fremde Welten. Man meint im Orient zu sein, sich zwischen hunderten Gewürzsäcken zu befinden, überall hinein zu riechen und diese Düfte aufzusaugen. Man schmeckt Mandeln, man schmeckt Nelke, man riecht rosa Pfeffer und Kurkuma, Anis und auch Nelken. Rosenblüten fliegen durch die Gegend, es ist als würde der gesamte Orient im Mund und in der Nase explodieren. Hier feinster Gerbstoff der sich der Zunge und des Gaumens annimmt, ihn förmlich einreibt und für mächtig Haftung sorgt, dort eine subtile Süsse, die zwischen einer Nelke und der Sauerkirsche angesiedelt ist. Der Rouge-Gorge hat seinen Höhepunkt erreicht und zeigt jetzt (dazu später mehr) sein wahres Gesicht.

Lassen Sie diesen Wein passieren. Schieben Sie alles beiseite was sie über Wein wissen, was sie kennen und was sie üblicherweise erwarten. Nur dann sind Sie imstande den Rouge-Gorge objektiv zu erfassen. Trennen Sie Geschmack von Mundgefühl, schliessen sie die Augen und stellen sie fest, dass dazwischen Welten liegen. Filigran, mager, spröde mag er kurz erscheinen, um dann doch enorm “besitzergreifend” zu agieren und den ganzen Mund mit feinster Seide auszukleiden. Ein Schauspiel wie Sie es bis jetzt noch nicht erlebt haben. Das Finale interessanterweise leicht zitronig, etwas salzig und so rot wie eine nicht ganz reife Kirsche. Ein Wein der Konventionen ablehnt und sich nur jenen öffnet, die ihm seinen Willen lassen. So geht Weinabenteuer.

Tipp: Flasche öffnen und am ersten Tag kurz “antrinken”. Verändert sich da bereits gewaltig. Den Rest am zweiten Tag in die Karaffe geben und zwei Stunden stehen lassen. Oder am Vormittag in die Karaffe und am Abend trinken. Unbedingt grosses Glas nehmen. Zu orientalischer Küche, zu Fasan und Rebhuhn, zu fetteren Speisen generell. Als Solist nur für Kenner zu empfehlen. Dann aber ein umso grösseres Weinabenteuer.

Wein & und Winzer-Info:

Rouge Gorge
Wein: Rouge-Gorge 2013 Côteaux du Loir
Winzer: Domaine de Bellivière
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: – 2018
Boden: Tuff/Kalk
Ausbau: Barrique (gebraucht)
Besonderes: Biodynamisch
Dekantieren: Ja

Den Wein gibt es in der Weinfachhandlung K&U Weinhalle in Nürnberg zu beziehen.

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