Sauvignon Blanc ‘Hohenegg’ 2008
Kenner wissen bereits was es damit auf sich hat, wenn Hohenegg angekündigt wird. Genau; ein Wein von der Lage Hohenegg mit ihren teilweise über 50% Neigung und ihren kalkhaltigen lehmigen Sanden, dem Opok, steht zur Verkostung an. Diesmal steht der Sauvignon Blanc -H- 2008 vom Weingut Tauss aus Leutschach in der Steiermark am Tisch der Wahrheit. Wie üblich wurde von Hand gelesen und im Anschluss spontan im grossen Holzfass vergoren und gelagert. Auch hier ein Analysewert, der den Begriff Trockenheit schon im Vorfeld ‘erfühlbar’ macht: Restzucker 0,5 g/l. Dann einmal ran an das Gebinde und es von seinem Kork befreien. Der Tropfen will erkundet werden.
Auf der klassischen Burgunderflasche klebt das bereits bekannte crémefarbige Etikett im ‘alten’ Design. Oben der breite weinrote Rand mit der stilisierten Sonne im Logo eingearbeitet. Im grossen crémefarbigen Teil wieder die Landschaft in ockergelb aufgedruckt, die sanften Hügel inklusive einer steilen Weinberglage zeigend. Unterhalb steht in diesem Fall Sauvignon Blanc Hohenegg. Auch wenn das neue Design wesentlich mehr Eleganz ausstrahlt und auch entsprechend kühler und schlanker wirkt, so steht die alte Gestaltung für Wärme und innere Ruhe.
Auf dem Rückenetikett erfährt man wieder alles über die Opokböden und auch hier ist wieder eine empfohlene Trinktemperatur, sowie eine Dekantierempfehlung angeführt. Wie üblich halte ich mich dran und deshalb wandert der Sauvignon Blanc Hohenegg bevor in das grosse Glas kommt für eine Stunde in die Karaffe, um sich mit einer ordentlichen Ladung Sauerstoff anzureichern.
Typisch und doch ganz anders
In relativ kräftigem Gelb, ins Gold gehend, steht der Sauvignon Blanc Hohenegg im Glas. Im Duft noch ein wenig verhalten, nicht laut, etwas frisch gemähtes Heu, saftige grüne Wiese und eine gute Portion Kamillentee riecht man. Nach ein paar schnellen Drehungen taucht jede Menge Salz auf, das langsam die Nasenflügel hochzieht. Sofort als Sauvignon Blanc erkennbar und doch vollkommen anders. Weicher, wärmer und runder in der Nase, kein stahlig harter, grüner lauter Duft, sondern gelbe Aromatik mit reifen Aromen die sich dicht und trotzdem fein anfühlen. Wunderbarer Duft den man sich ohne Mühre merkt und der sich nachhaltig im Riechzentrum festsetzt.
Einfach traumhaft
Einfach traumhaft was da in den Mund kommt. Auf der Zunge gelbe Aromen, frisches Heu, ein Handvoll Stachelbeeren, etwas Johannisbeere und ungefähr zehn Beutel Dr. Kottas Kräutertee. Dabei dicht, ungemein frisch und so trocken, dass man den Mund so richtig voll nehmen muss um das Gefühl von feucht zu spüren. Es ist reif auf der Zunge, das Wort Restsüsse nur zu denekn wäre Sünde. Der Wein hat Grip und ist doch unheimlich fein und leicht im Mund. Macht trotzdem Druck am Gaumen und lässt wunderbar kalkige Nebelschwaden langsam und intensiv über ihn hinweg ziehen. Wie schon in der Nase auch im Geschmack eindeutig und augenblicklich als Sauvignon erkennbar und auch hier vollkommen anders als alles was man davon kennt.
Stil & Contenance wie ein nobler Brite
Doch was macht den Sauvignon Blanc Hohenegg so anders, wo er doch so typisch ist? Es ist seine physische Dichte, seine Engmaschigkeit die ihm soviel Charakter gibt und ihn zu einer komplexen, tiefgründigen Weinpersönlichkeit macht. Hier sind keine typisch lauten Sauvignon Blanc-Attitüden riech-, schmeck- und fühlbar, hier ist alles auf ein Niveau hochgeschraubt, das den Wein emotional erlebbar macht. Alles ist intensiver (auch dank des reifen Leseguts), alles ist dichter auf der Zunge, am Gaumen spürt man den Kalk, den Boden generell, es ist eine feine salzig-kalkige Mineralik welche die Zunge umspült und es sind frische Fruchtaromen, äusserst dezent eingesetzt, die für den totalen Trinkspass mit Gefühl sorgen. Der Sauvignon Blanc Hohenegg ist nicht der röhrende Ferrari, er ist der distinguierte Brite, der ohne Lärm, dafür jedoch mit Stil und Contenance durch die Gegend cruist.
Trotz seiner so gut wie absoluten Trockenheit schafft es der Hohenegg doch reichlich dichten Saft im Mund zu zeigen, den Tick von Fleisch und Frucht spüren zu lassen. Die Zunge liebt ihn, weil sie mit ihm spielen kann, ihn spürt und sein ‘Gewicht’ schätzt. Der Gaumen ergötzt sich an der mineralischen Salzigkeit genauso wie am weissen Kalknebel der ihn befeuchtet. Im Abgang vereint sich alles zu einem wunderbar dichten und beeindruckenden Intermezzo von Frucht, Säure, Mineralität und macht dem Wort Haptik alle Ehre. Der Hohenegg ist wieder einer jener Weine die man nicht geschmacklich, sondern auf der Gefühlsebene erleben muss. Ich bin und bleibe ein ewiger Nörgler und Misstrauischer wenn es um Sauvignon Blanc geht, weil zuviel Schrott davon produziert wird. Aber was Roland Tauss aus dieser Rebsorte in die Flasche zaubert ist ganz grosses Kino, welches sogar mich zum Fan werden lässt. Kaufen, trinken, fliegen. Grandioser Wein der keiner weiteren Worte bedarf.
Tipp: 1 Stunde in der Karaffe atmen lassen. 12-14º Trinktemperatur sind empfohlen und auch ideal. Küchentechnisch universell einsetzbar, am besten und beeindruckendsten aber für sich allein genossen. Über einen Tag, über zwei oder auch mehr. Wunderbarer Wein für Geniesser mit Anspruch.
Mehr über den Sauvignon Blanc -H- 2008
Verkostet wurde ein Grauburgunder Hohenegg 2011 vom Biologisch-dynamischen und Demeter-zertifizierten Weingut Tauss aus Leutschach in der Steiermark, Österreich.