Simon 2012

| 29. Oktober 2015 Alles lesen

Françoise Julien und Christophe Peyrus sind Stars im Languedoc. Leise, frei von Allüren und einzig ihrem Tun verpflichtet, schaffen sie es, ihre Weine von der Domaine Clos Marie am Fuße des Pic St. Loup immer wieder auf die besten Karten französischer Restaurants zu bringen. Berühmt sind ihre Weine deshalb, weil sie in der Lage sind, in der heissesten Gegend Frankreichs, im Languedoc, burgundische Eleganz in die Flaschen zu zaubern. Einer dieser Weine, von dem Michel Bettane, eine Legende des französischen Weinjournalismus, behauptet, einer der 15 „besten Weine des Languedoc” zu sein, steht heute am Tisch der Wahrheit; der Simon rouge 2012. Wie sich das zeigt und wie das schmeckt, dem werde ich jetzt respektvoll auf den Grund gehen.

Simon 2012 Beklebt ist die braune Burgunderflasche mit einem einfachen, aber ansprechend gestalteten Etikett. Ganz oben die Herkunft, ohne die in Frankreich gar nichts geht, Pic Saint Loup. Darunter ist die Illustration eines alten Segelbootes aus dem ein übergrosser Frauenkopf mit goldener Haube oder Haar heraus ragt aufgedruckt. Hinweise auf diese Symbolik die etwas ans 16. oder 17. Jahrhundert erinnert, sind leider nicht überliefert. Unterhalb der Illustration in Grossbuchstaben CLOS MARIE und dann in rot in eleganter geschwungener Schrift Simon und noch der Jahrgang, 2012. Ganz unten ist all das angeführt was sonst auf einem Rückenetikett zu stehen pflegt, weshalb auf selbiges dann auch verzichtet wird. Links aussen noch die Nummer der Flasche eingestanzt, 04931. Bevor der Simon aber in das blank polierte Glas kommt, darf er sich für eine Stunde an seine neue Umgebung in der Karaffe gewöhnen und sich mit der berühmten Wiener Luft anreichern.

Kirtag in der Nase

Reif wie eine dunkle Kirsche funkelt Simon karminrot aus dem Becher raus. Der Duft ein Traum. Da ist Kirtag in der Nase. Lorbeerblätter, schwarzen Oliven, dicke fette Kirschen und Waldbeeren, Blaubeeren und ein ganzer Korb voll getrockneter Kräuter. Ein Furioso das verführerisch die Nasenflügel benebelt. Keine Hitze, keine Schwere, superfein, hoch würzig, frisch und kühl steht die Wolke im Glas und will beschnüffelt werden. Herrlich fruchtig, wahnsinnnig mineralisch und vor allem fein wie Kaschmir. Expressiv und elegant zugleich, ein Traum, ein Spektakel im Riechorgan.

Dunkelrotblauschwarzer Hausstaub

Oh ja, das ist es! Würzig, saftig, mineralisch, fruchtig und trocken wie Hausstaub. So steht der Simon plötzlich auf der Zunge, um sich nach und nach in seine Einzelteile aufzulösen. Da spürt man leicht süsslichen Saft in der Mitte, um sich augenblicklich den superfeinen Gerbstoffen hinzugeben. Man schmeckt schwarze Olive, atmet getrocknete grüne Kräuter und spürt wie würzig-mineralisch dieser Wein ist. Hitze? Fehlanzeige. Gewicht? Ebenso. Obwohl, Muskeln hat er schon, der Simon, doch die sind nur betont und nicht gepumpt. Es ist fruchtig im Mund, dunkelrotblauschwarz. Gibt´s nicht? Blödsinn. Wer den Simon auf der Zunge stehen lässt der kann diese Farbe schmecken und im Anschluss spüren wie sich hundert Jahre alter Hausstaub anfühlt. Da bleibt der Pelz hinter der Reisszahnreihe haften und sorgt dafür, dass sich man sich lustvoll die Haare von den Lippen leckt. Während der Gaumen völlig aus dem Häuschen ist und sich am liebsten in dem Saft ertränken möchte. Der Abgang phänomenal, ein Furioso an Aromen und der Nachhall ewig und nicht enden wollend.

Traumwein aus dem Languedoc

Zwei Stunden hat Simon nun in der Karaffe verbracht und was da im Mund abgeht ist Weltklasse. Wie Flugsand weht der Wein mit einer leicht kieseligen Textur über den Gaumen, ist extrem würzig, schmeckt nach Steak mit frisch gemahlenem Pfeffer, getränkt in Blaubeersaft. Das Gerbstoffkleid so samtig wie fein und kühl. Die Zunge suhlt sich in einem Bad aus schwarzen Oliven, Gewürzen, Lorbeerblättern und kaltem Graphit. Man ist geneigt die Lippen wie ein Affe vorzustrecken oder wie ein Pferd zu flehmen. Im Grunde genommen ist der Simon die Ausgeburt an Mineralik, doch macht ihn die dunkle, tief eingearbeitete Frucht erst zu einem richtigen Verführer. In Kombination mit den getrockneten Kräutern und der lebendigen Säureader die sich frisch und animierend anfühlt, ergibt alles zusammen einen Wein der edel, charaktervoll und klar ist.

Am Gaumen schmeckt man immer mehr schwarzblau, von rot ist nichts mehr da. Man rührt im Tintenfass und was heraus kommt ist schlichtweg phantastisch. Das Gefühl im Mund ist so, als würde man aus einem Tuch die letzen Reste fleischiger Fruchtaromen quetschen und sie beim Verdunsten spüren. Kurz noch einmal den Saft auf der Zunge spüren, bevor sich alles in totaler Würze wie auch Mineralik auflöst. Die Trockenheit die darauf folgt ist einfach überwältigend, weil sie nicht aufhört und ewig lange nachwirkt. Der Wein erinnert an das alte Spiel Simon says. Simon schafft auf der Zunge und am Gaumen an und der Weinfreund macht was ihm befohlen. Ohne jede Widerrede, ohne jeden Widerstand. Man ist Simon schlicht verfallen und wünscht sich nur, dass dieses Spiel niemals zu Ende geht. Müsste ich den Wein verorten, dann würde ich ihn nicht im heissen Languedoc vermuten, sondern ihn ohne zu zögern an die nördliche Rhône verfrachten. So kann man sich täuschen. Und das ist schön. Simon ist absolute Spitzenklasse und deshalb gibt es auch eine absolute Kaufempfehlung.

Tipp: Zwei Stunden in der Karaffe wirken Wunder. Am besten mit 16-18º geniessen. Rind, Wild, Fasan und Rebhuhn, oder einfach feinen Käse begleitet der Wein gekonnt. Als Solist ein edler Tropfen mit charaktervoller Eleganz.

Verkostet wurde ein Simon 2012 von der Domaine Clos Marie vom Pic St. Loup, Languedoc, Frankreich. Bezugsquelle: Pinard de Picard, Saarwellingen.

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