Spätburgunder Kalmit 2012

| 28. April 2015 Alles lesen

Alle drei Jahre wieder, kann man quasi sagen. Im Mai 2012 habe ich den Spätburgunder Kalmit 2009 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz verkostet, Heute, 2015 und auch fast schon wieder Mai, verkoste ich den Spätburgunder Kalmit 2012 von ihm. Wie der Name schon sagt, stammt der Wein vom Ilbesheimer Kalmit, der höchsten dem Haardtrand vorgelagerten Erhebung in der Rheinebene. Wie gewohnt spontanvergoren und im Barrique ausgebaut ist auch der Jahrgang 2012. Der Spätburgunder Kalmit zählt zu den Lagenweinen Sven Leiners und es wird interssant zu erleben, was sich von 2009 zu 2012 verändert hat und wie dieser Unterschied erschmeckbar ist.

Spaetburgunder Kalmit 2012 Die erste Änderung ist gleich einmal die Flasche. Nicht mehr dieses dicke Ding steht da, sondern die leichtere, klassische Variante. Das Etikett so gut wie unverändert, nur eben dem neuen, modernen Corporate Design angepasst. Strahlend weiss wie üblich, oben in der Mitte LEINER als reduziertes Logo mit einem Nützling der die Position des I einnimmt. Unten die drei feinen Linien im Stile eines Notenblatts. Ganz gross in schwarz Spätburgunder und links und rechts davon der Jahrgang (2012) und trocken. Unterhalb in goldener Schreibmaschinen-Typo KALMIT, was die Lage und die Herkunft anzeigt. Der ‘Weinbergmitarbeiter’, wie Sven Leiner seine Nützlinge nennt, in diesem Fall einer aus der Familie der Reduviidae. Muss man nicht kennen, ist aber nichts anderes als eine Raubwanze. Die man auch nicht kennen muss. Am rechten äusseren Rand des einteiligen Etiketts noch ein paar Informationen über die Lage und deren Böden sowie über die biodynamische Bewirtschaftung. Um dem Spätburgunder Zeit zu geben sich ausgehfein zu machen, darf er sich für eine Stunde in der Karaffe akklimatisieren.

Erde, Rauch & Pfeffer

In kraftvollem kirschrot steht der Spätburgunder Kalmit im grossen Kelch und zeigt sich von seiner transparentesten Seite. Was die Nase hoch strömt ist ein erdiger, würziger Duft, der so gut wie alles was man an Fruchtnoten erwartet hätte vermissen lässt. Es ist eher so, dass ganz tief eingebunden ein paar reife Himbeeren verzweifelt um ihre Wahrnehmung kämpfen, sich aber bestenfalls nur leise bemerkbar machen. Dominiert wird der Duft von einer fast schon pfeffrigen Würze die sich aus dem Kalk erhebt. Unterlegt ist alles mit geräuchertem Holz, das sicher noch nicht vollständig eingebunden ist, in diesem Fall für eine ausgeprägte rauchige Note sorgt.

Scharfe Munition

Wer einen Spätburgunder erwartet der sich schön fruchtig und schmeichelhaft zeigt, der wird sein blaues Wunder erleben. Hier steht pure Würze und ein Laster voll mit Erde im Mund. Daneben fäll ein Sack Zement vom Kipper. Auf der Zunge zwar saftig, doch kaum erfasst wird es herb und erdig am Rand und am Gaumen zieht eine Pfefferwolke vorbei, die sich in einem ebenso herben Abgang auflöst. Von Frucht so gut wie keine Spur. Nur mit viel Phantasie kann man eine verirrte Himbeere ganz weit hinten erkennen. Soviel steht jetzt schon fest, der Spätburgunder Kalmit 2012 hat mit dem aus 2009 ausser der gleichen Rebsorte so gut wie nichts gemeinsam. Zumindest nicht nach einer Stunde. Da regiert die Erde, da hat das Holz das Kommando und da dreht eine äusserst pfeffrige Würze am Aromenrad. Scharfe Munition im Kelch, da braucht es Luft und Zeit.

Ein Wein wie eine Trüffelsau

Nach zwei Stunden in der Karaffe wird der Spätburgunder Kalmit etwas “roter” im Geschmack. Auf der Zunge ahnt man jetzt so etwas wie Frucht, es ist saftiger geworden und auch ein wenig fülliger. Was trotzdem nach wie vor dominiert ist eine ausgeprägte Würze. Es ist erdig, es ist kalkig, der Pfeffer ist feiner geworden und am Gaumen fühlt es sich nach wie vor herb an. Der Wein ist alles andere als ein Faserschmeichler. Macht nicht auf sympathisch, nett und liebenswert. Hier steht ein Charakterkopf im Becher der sich nichts um Konventionen schert. Überraschend fein sind die Gerbstoffe die dem Kerl eine fast elegante Struktur verleihen würden, wenn da nicht diese unbändige rote Würze für Rock ‘n’ Roll im Mund sorgen würde. Das Holz ist etwas in den Hintergrund getreten und der anfängliche Rauch hat sich ebenso ein wenig verzogen. So wie sich die paar roten Beeren versuchen durchzugraben denke ich, dass es gut ist noch eine weitere Stunde zu warten mit dem nächsten Glas. Da kommt noch was, zumindest fühlt es sich so an.

Wie vermutet geht der Spätburgunder Kalmit erst mit der Zeit ein wenig aus sich heraus und ist bereit ein paar rote Fruchtaromen freizugeben. Insgesamt aber bleibt er ausgesprochen erdig, sehr kalkig und würzig auf der Zunge. Am Gaumen dominiert herb und auch im Abgang und im Nachhall wird es, wenn auch etwas saftiger, nicht wirklich fruchtiger. Im Gegensatz zu 2009 ist der aus 2012 ein komplett anderer Wein. Er erinnert an die ersten kühleren Herbsttage, an trockenes Laub, an feuchtes Unterholz und ebensolche Erde. Der Wein ist wie eine Trüffelsau. Permanent im Boden mit der Nase und ständig auf der Suche nach der Knolle. Erst am Abend, nach einem ganzen Tag offen in der Flasche, offenbart sich das, was wirklich in ihm schlummert. Aber das ist eine andere Geschichte. Was bleibt ist die Erkenntnis, dass man sich mit dem Spätburgunder Kalmit 2012 viel Zeit nehmen und sich in gewisser Weise mit ihm zusammen raufen muss. Wer dazu bereit ist wird dann auch den entsprechenden Spass mit ihm haben.

Tipp: 3-5 Stunden im Dekanter sind empfehlenswert. Mit 16-18ºC aus dem grossen Kelch geniessen. Zu Wild- und Champignongerichten, zu rotem Fleisch und sehr gut zu reifem Rotschmierkäse. Als Solist nur etwas für Abenteurer denen Zeit egal ist.

Verkostet wurde ein Spätburgunder Kalmit 2012 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.

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