SPONTAN 2013
Zwei Weine habe ich von Andreas Barths Weingut Lubentiushof aus Niederfell an der Mosel hier. Und weil ich mich spontan entscheiden muss, entscheide ich mich für den SPONTAN. So heisst der eine der beiden nämlich. SPONTAN 2013, ein Riesling, wie der Name schon sagt spontan vergoren. Wie übrigens alle Weine die Andreas Barth macht. Soviel zu spontan. Es ist die Philosohpie des Quereinsteigers alles wegzulassen, was nicht von der Natur selbst erledigt werden kann. Der Autodidakt spielt mit der Zeit, lässt selbiger die ihre und setzt vertrauensvoll auf die “Unverbesserlichkeit der Natur”. Der im Stahltank ausgebaute SPONTAN 2013 ist “langsam & wild” und mit gerade einmal 11 PS ein echtes Leichtgewicht. Wie langsam, leicht und wild er aber wirklich ist wird jetzt erkundet, und dazu wird der Wein spontan von seinem Schraubverschluss befreit.
Schon das Etikett das auf der grünen Schlegelflasche klebt ist erfrischend anders. Kein übliches Design, vielmehr flott, modern, grafisch einem Artikel eines Magazins ähnelnd. So mit Headline, Vorspann, Textbereich und allem was ein keckes Layout ausmacht. Ganz gross in schwarzen Kapitalen SPONTAN und unten drunter in hellblau LANGSAM & WILD. Danach folgt eine Kurzbeschreibung und im linken Teil des Etiketts wird man gefragt, wann man das letzte Mal spontan war. 4 Antworten sind möglich. Ganz gross ganz unten TRINKTEMPERATUR 9ºC, grafisch auf die beste Weise gelöst, die ich bis heute auf Weinetiketten gesehen habe. EAN- und QR-Code runden das hervorragende Design gekonnt ab. Am rechten, schwarzen Teil des in einem Stück gehaltenen Etiketts die restlichen erforderlichen Informationen über Wein und Weingut. Insgesamt eines der ansprechendsten Designs der letzten Jahre. Da ich spontan vergorene Weine immer karaffiere, entscheide ich mich auch beim SPONTAN spontan dazu und fülle ihn für 30 Minuten in den kleinen Eimer um.
Nasse, steinige Spontinase
Blasses Gelb mit einem deutlichen Grünschimmer dreht seine Runden im Glas. Sofort erkennbar die Spontinase. Nasser Stein dominiert, Steinobsnoten stechen durch. Noch riecht es ein wenig unsortiert, was sich aber im Lauf der Zeit ändern wird. Rauchige Würze dampft die Nase hoch, unterlegt von leichten Hefetönen. Ein Duft dem man sich langsam nähert und der so gar nicht Mainstream ist. Wer mit “spontan” noch nichts am Hut hat wird erschrecken, vor allem wenn der Wein direkt aus der Flasche in das Glas kommt. Wer es kennt wird mit dem kleinen Stinker umzugehen wissen. Insgesamt kein Duft für Anfänger, was aber im Mund schon wieder völlig anders aussehen kann.
Rassig, klar & lebenslustig
Ohne Vorwarnzeit (direkt aus der Flasche ins Glas) steppt der SPONTAN mit einer mehr als lebenslustigen Säure durch den Mundraum. Ganz spontan ziehen einem die frischen Zitrus- und Steinobstnoten die Augenbrauen hoch und erst danach bemerkt man wie weich der Wein, wie cremig er fast ist. Der Tropfen hat soviel Rasse, dass man Mühe hat sie in Zaum zu halten. Wie schon am Etikett angekündigt ist das richtig WILD und was die Cremigkeit angeht, so trifft es das Wort LANGSAM ebenso voll auf den Punkt. Auf der Zunge klar, rein, kristallig. Am Gaumen wunderbar rauchig-würzig, nass, dicht und haften bleibend. Es fühlt sich saftig an, auch rund. Trotz seiner frechen Art mit der sich der SPONTAN über Zunge und Gaumen hermacht. Eine feine Hefenote hechelt im Abgang hinterher und versucht Anschluss an die Äpfel zu finden. Der erste Eindruck. Hui Buh!
Riesling mit Geländereifen
Mit Luft kommen immer mehr reife Apfelaromen durch, die Säure wird “geschmeidiger” und man schafft es ohne nervöses Zucken mit den Augenbrauen einen grossen Schluck zu nehmen. Schlank und mittig steht der Wein auf der Zunge, auch wenn die weiche Cremigkeit den Eindruck von Breite vermittelt. Weich und rund fühlt er sich an und doch spürt man sein kristallines Herz pochen. LANGSAM & WILD, besser kann man es nicht treffen. So klar und fein sich der SPONTAN auf der Zunge anfühlt, so dicht ist er auch. Über die Zungenränder fliesst er neckisch ab und lässt noch einmal seine frische Säure spüren. Am Gaumen hingegen zeigt er sich rauchig, leicht würzig und mineralisch. Es ist der nasse Stein, der Schiefer dem er auch entstammt, der diese Wärme und das mineralische Element so delikat in Szene setzt. Im Mundraum breitet sich ein Gefühl von Wohligkeit aus, im Abgang nur mehr Stein der seinen Staub vorsorglich am Gaumen zurück gelassen hat, wo er jetzt haftet und lange wärmend nachwirkt. Und noch einmal blitzt die lebendig-lustige Säureader auf und verteilt grüne Äpfel und Zitronen. Erfrischend, belebend, mitreissend und irgendwie auch einfühlsam. Der SPONTAN wird ganz spontan zu einem “kleinen” grossen Wein, genau wie ich es mag.
Nach zwei Stunden “Stehzeit” in der Karaffe ist die Spontinase nach wie vor präsent. Nur kommen jetzt verstärkt der nasse Schiefer und richtig reife Apfelnoten durch. Auf der Zunge wirkt der Wein sortierter, irgendwie auch reduzierter. Die Säure hat sich tiefer in den weichen Körper eingegraben und insgesamt wirkt alles mineralischer. Die Unterfütterung mit Hefe verleiht dem SPONTAN Charme und Charakter, der nasse Schiefer hat die Hauptrolle übernommen und gibt die Richtung vor. Riesling mit Geländereifen, irgendwie. Der Trinkfluss hat die höchste “Gefahrenklasse” erreicht und dank der lächerlichen 11 Umdrehungen ist eine Flasche schneller leer als einem lieb ist. Was bleibt ist die Erinnerung an Steinobst, Rauch und Schiefer sowie der Nachhall, der für Wohlgefühl am Gaumen sorgt. Um schlappe 11 Euro zu erstehen und am besten kistenweise einzukaufen. Das Zeug ist schneller weg als man bis zehn gezählt hat.
Tipp: Unbedingt eine Stunde in die Karaffe damit. Entwickelt sich an der Luft ständig weiter. Mit 9-10º perfekt zu trinken. Macht Spass zu jeder Art von Fisch und Fischpastete. Zu Rillettes de Canard der Überflieger. Als Solist ein Fuchs, der kaum geöffnet, auch schon wieder weg ist.
Verkostet wurde ein Riesling SPONTAN 2013 vom Lubentiushof in Niederfell an der Mosel, Deutschland. Bezugsquelle: 225 Liter-Handverlesene Weine, München.
Kategorie: 225 Liter (D), Verkostet