Tempranillo 2005 – Sven Leiner

| 5. Januar 2012 Alles lesen

Den Auftakt der 1. Sven Leiner-Verkostungsrunde macht gleich der wohl ungewöhnlichste Wein aus seinem umfangreichen Sortiment. Ein Tempranillo! Ich höre fast die Schreie von eingefleischten ‘Regionalisten’ die reflexartig meinen, wer so etwas aus Deutschland braucht und wenn man einen Tempranillo will, dann muss der aus Spanien sein und so weiter und so fort. Ich sage, warum nicht? Sind es doch gerade solche ‘Experimente’ mutiger Winzer, die einen auf ‘neue Fährten’ bringen und damit sogar richtig überraschen können. Alleine schon der Mut Tempranillo in Deutschland anzubauen und herzustellen verdient Beachtung. Wir von weinquellen.at finden das einfach toll und zollen soviel Mut Respekt.

Die wuchtige Burgunderflasche ziert ein für deutsche Verhältnisse besonders elegantes und ansprechendes Etikett. Minimalistisch gehalten, nur mit dem Logo des Weingutes und der Rebsorte drauf. Alles andere kleinst gehalten und aus dem Auge des Betrachters geschoben. Vielmehr werden Nützlinge zu den Vermittlern eines frischen und die Natur miteinbeziehenden Corporate Designs.

In diesem Fall ist auf dem Etikett ein ‘Carabidae’, gemeinhin als Laufkäfer bekannt, abgebildet. Damit gibt Sven Leiner ein Statement für die Umwelt und seine Philosophie ab, bezeichnet er doch das was wir landläufig als Ungeziefer abtun als wichtige ‘Mitarbeiter’ in seinen Weinbergen. Ein Etikett mit Stil und mit Tiefgang noch dazu.

Vornehm rauchig in der Nase

Ein kräftiges Dunkelrot mit orange-bräunlichen Reflexen steht dicht im Glas. Der Film gleitet nur ganz langsam wieder von der Glaswand ab. In der Nase duftet es nach Holz und Tabak, es riecht fleischig-rauchig und man spürt die Kraft welche dieser Wein hat. Reife Pflaumenaromen vernimmt man in der Nase und die holzige Würze ist ausserordentlich dezent, tritt niemals unangenehm in den Vordergrund. Das Bukett riecht verhaltener als man es von manch spanischer Fruchtbombe kennt. Es riecht nach Tempranillo, es ist Tempranillo, aber dieser hier kommt aus der Pfalz.

Riskiert und gewonnen

Am Gaumen überrascht der Tempranillo mit einer sehr frischen Kühle und einer leicht nervösen Säure die sich aber erfreulich angenehm präsentiert. Sie ist auch eher als animierend als nervös zu bezeichnen. Man spürt den Wein förmlich über den Gaumen auf die Zunge ‘rieseln’, so mineralisch klar und erfrischend feingliedrig kommt der Tempranillo aus dem Glas. Es dominiert keine fette, süsse Frucht wie man es von unzähligen spanischen Artgenossen kennt und was eher einem Griff in den Marmeladetopf gleichkommt. Dieser Pfälzer ‘Spanier’ hat Leben in sich und strotzt nur so vor Eigenständigkeit und Profil. Der Wein hat 14%, aber man spürt davon im Mund so gut wie gar nichts. Vielmehr pulsiert er ganz fein am Gaumen und löst richtig Speichelfluss aus. Ich muss zugeben, nicht unbedingt ein ‘Fan’ von Tempranillo zu sein (so manch Spanier lehrte mich das Fürchten), aber für diesen hier kann ich mich voll und ganz begeistern. Weil er ‘anders’ ist und erdig ehrlich schmeckt. Dieser Tempranillo ‘riskiert’… und gewinnt.

Unglaublich ist die feine Holznote und vor allem die Kühle die der Wein ausstrahlt. Wenn man bedenkt, dass der Tropfen 33 Monate im Barrique ‘gehaust’ hat ist das mehr als beeindruckend. Hier wird man nicht vom Holz erschlagen, vielmehr spürt man wie eine sehr präsente Säure die Erste Geige spielt und alle nach ihrer Pfeife tanzen. Kein Fruchtgeplörre, aber trotzdem fruchtig, keine fette Flüssigkeit, sondern klar und mit fein strukturiertem Körper.

Wer braucht da noch Spanien?

Sven Leiners Tempranillo ist ein ganz besonderer Wein. Obwohl sehr körperreich, erdrückt einen dieser nie und man hat eher das Gefühl etwas ‘Leichtes’ im Mund zu spüren. Soviel kühle Frische und prickelnde Mineralität tragen den Wein leichtfüssig über Zunge und Gaumen und lassen einen vergessen welch Kraft in ihm steckt. Das ist kein Hammerwein der einen mit seinen 14% nach dem ersten Glas erschlägt, er ist viel gefährlicher! Man spürt ihn nicht und ist so mit dem Einordnen und ‘Erleben’ dieser Komplexität beschäftigt, dass man sogar den Rotschimmelkäse der am Teller liegt vergisst zu essen. Wer gerbrstoffreiche Tempranillos kennt der weiss wie ‘streng’ diese oftmals sind. Diese Tannine sind so etwas von fein und ‘körnig’, dass es eine Freude ist sie im Mund zu spüren. Sie leben förmlich und tanzen fröhlich Polka auf der Zunge.

Ich bekenne mich nach diesem Trinkerlebnis als ‘Fan’ und ziehe respektvoll meinen Hut vor soviel Wagemut. Ich will eine Kiste davon haben. So macht Wein erforschen Spass und bekräftigt mich in meiner Überzeugung ‘Teste täglich Unbekanntes’. Tun Sie es mir gleich und versuchen Sie diesen Wein. Mit knapp 25 Euro ist er nicht gerade ein Schnäppchen, aber wer will schon Schnäppchen für grosse Anlässe? Mit einer mindestens 12-jährigen Lagerfähigkeit sollte sich wohl doch das eine oder andere Fläschchen ausgehen und weglegen lassen. Machen Sie das, Sie werden es nicht bereuen. Ich sage nur: ‘Wer braucht da noch Tempranillo aus Spanien?’ Machen Sie sich den Spass und lassen Sie Ihre Freunde und Bekannten raten woher dieser Tempranillo kommt. Sie werden mit Garantie Ihre Überraschungen erleben.

Tipp: Geniessen Sie diesen Wein bei 16-18ºC und servieren Sie dazu feinen Rotschimmelkäse oder kräftig Geschmortes. Oder gönnen Sie sich diesen ‘falschen’ Spanier einfach solo. Er ist ein Gedicht und macht süchtig.

Verkostet wurde ein sortenreiner Tempranillo 2005 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.

Wollen Sie mehr über diesen Wein wissen? Hier stehen die wichtigsten Informationen über den Tempranillo 2005 für Sie zum Download bereit. Oder besuchen Sie Sven Leiner einfach zu Hause.

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Kategorie: Sven Leiner (D), Verkostet