UWAGA! Sven Leiner

| 24. August 2012 Alles lesen

Vor kurzem ist die umfassende Sven Leiner-Verkostungsreihe zu Ende gegangen und wir sind zu grossen Fans seiner beeindruckenden Weine geworden. Jetzt haben wir nachträglich das Vergnügen einen Wein von Sven Leiner kennenzulernen, der auf den Namen UWAGA! hört, ein sogenannter ‘Naturwein’ ist und für den Weinladen Viniculture in Berlin, der sich auf Naturweine spezialisiert hat abgefüllt wurde. Wer nun glaubt sich aufgrund des Namens im tiefsten Busch zu befinden der irrt ganz nebenbei auch ganz gewaltig, heisst UWAGA! nämlich auf polnisch schlicht und einfach Achtung! bzw. Vorsicht! Ach ja, eine Scheurebe treibt in dieser Flasche ihr ‘Unwesen’ und wir sind bereits sehr neugierig womit uns Sven Leiner diesmal überraschen wird.

Hatte man sich bereits an das auffällige Corporate Design mit seinen eindrucksvollen orange beklecksten Etiketten gewöhnt, so mahnt dieses hier mit erhobenem Finger zur Vorsicht. Ganz dem Namen UWAGA! entsprechend und mit nichts was von der allgemeinen Aufmerksamkeit ablenken könnte. In weinrot eine Hand die mahnend den Finger hebt, UWAGA! in der Mitte und das war´s dann auch schon.

Am Seitenrand dann ein paar Informationen bei denen man sowohl auf Jahrgang wie auf Inhalt einfach verzichtet. Nichts was darauf hindeutet um welche Rebsorte es sich handelt und aus welchem Jahr der gute Tropfen sein mag. Dafür der Hinweis, dass er vom Weingut Leiner für den Berliner Weinladen Viniculture abgefüllt wurde, es sich um einen trockenen deutschen Tafelwein handelt und die Trauben aus ökologischem Anbau stammen.

Bevor wir den UWAGA! aber mit der entsprechenden von ihm geforderten ‘Aufmerksamkeit’ in die Gläser lassen, kommt er für zwei Stunden in die Karaffe um sich dort entfalten zu können. Was beim umgiessen in die Karaffe gleich einmal ins Auge springt ist, dass der Wein darin aktiv aufschäumt, perlt und wie eine frischer G´spritzter (Schorle) aussieht. Kurz daran gerochen tut sich nicht viel, was sich aber sicher im Lauf der Verkostung noch erheblich ändern wird.

Verhalten, kalkig, interessant

Nach zwei Stunden kommt der UWAGA! ins Glas und zeigt sich dort in einem saftigen Gelb mit kräftigen grünen Reflexen. Was den Geruch angeht tut sich noch nicht wirklich viel. Noch ist alles sehr verhalten, es riecht ein wenig nach frischem Gras, eine leichte Zitrusnote vernimmt man und insgesamt reicht es verhalten frisch und durchaus saftig. Auf keinen Fall ist hier ein sogenannter ‘Stinker’ im Glas. Es riecht nur ein wenig anders, kalkig trifft es wohl am besten. Interessanter Duft und jedenfalls spannend dieses Bukett in den nächsten Stunden weiter zu beobachten.

Rassige Säure & Mineralik

Der erste Schluck überrascht dann richtig. Da zischt eine unbändig aktive, animierende und frische Säure auf die Zunge und explodiert förmlich im Mund. Der UWAGA! präsentiert sich saftig, unheimlich mineralisch und mit einer gut definierten Kalkspur im Gepäck. Es schäumt richtig im Mund, er prickelt, man schmeckt etwas leicht zitroniges. Der ‘Hauptgang’ aber folgt mit eben jener Kalkspur die für einen trockenen, fein herben Rundumschlag sorgt und den Mund komplett mit diesem wohlig warmen Ton ausfüllt. Es ‘schmeckt’ definitv anders als man es von ‘normalem’ Wein gewohnt ist, wobei das Schmecken sich eher auf das Fühlen bezieht.

Der UWAGA! lebt im Mund, breitet sich expressiv und kraftvoll aus, erfrischt mit seinem lebhaften Säurespiel und trocknet noch während des Schluckens am Gaumen auf. Kein kaltes, lautes Fruchtspiel das hier stattfindet, sondern nur ein Monolog aus karger, kalkiger Mineralik. Der UWAGA! verspricht mit zunehmender Luftaufnahme richtig spannend zu werden. In zwei Stunden verkosten wir dann weiter und schliessen Wetten ab wohin die Reise gehen wird.

Weich und mild und noch viel mineralischer

Nach vier Stunden Luftaufnahme kann man gut feststellen, dass sich die mineralische Note im UWAGA! immer mehr durchgräbt und in den Vordergrund rückt. Sowohl im Duft wie auch im Mund. Am Gaumen ist er jetzt noch ein wenig saftiger, er ist durchaus als rund zu bezeichnen und angenehm mild und weich. Die Heftigkeit mit der die Säure am Anfang auf der Zunge gearbeitet hat hat nachgelassen, er ist ruhiger geworden und noch kalkiger am Gaumen und noch herber im Abgang. Dieses Gefühl hatte ich persönlich bei den ‘Kalmit-Weinen’ Sven Leiners, welche auch besonders und gerade durch ihre expressive Mineralik aufgefallen sind. Der UWAGA! ist kein Wein den man sich mal rasch aufmacht, vielmehr ist es ein Wein, der einen dazu einlädt mit ihm auf Entdeckungsreise zu gehen. Die durchaus auch zwei Tage dauern kann. Und deshalb lassen wir ihn weiter ‘wachsen’ und verkosten abends noch ein Glas davon. Der Rest ist dann zum ‘Frühstück’ an der Reihe.

In der Nase zeigt sich der UWAGA! nach nunmehr neun Stunden etwas feinfruchtig, frisch und hat eindeutig dazugewonnen. Getragen von einer ausgeprägten mineralischen Note wirkt er weich und sanft. Auch geschmacklich hat der UWAGA! dazugewonnen, zeigt Kraft und Körper trotz seiner vergleichsweise leichten 12% und fühlt sich warm und weich im Mund an. Über die Zunge gleitet er stoffig hinweg, mit feinen Gerbstoffen versehen hüllt er sie in eine herbe Note ein und sorgt für einen ebenso herben, mit einer ausgeprägten Kalknote behafteten Abgang. Es ist ein kompaktes, komplettes Mundgefühl das hier vermittelt wird und lange anhält. Für heute lassen wir es damit gut sein und verkosten den Rest der Flasche morgen. Dann hat er knappe 24 Stunden Luft geatmet und es wird spannend zu erleben wie er sich verändert hat.

Nur mehr pure Mineralik

Was gestern irgendwie an ‘Frucht’ noch kurz da war, ist heute vollkommen verschwunden. Alles was übrig geblieben ist ist pure, karge und kalkige Mineralik. Der UWAGA! hat sich zu einem herben, durchaus stoffigen, runden, weichen und ein spannendes Mundgefühl vermittelnden Wein verwandelt. Man spürt nur mehr ganz fein seine anfangs so überbordende Säurestruktur, sie ist ganz verhalten geworden, aber trotzdem angenehm präsent geblieben. Es würde grossen Spass machen diesen Wein noch einen weiteren Tag zu beobachten, aber das überlassen wir in dem Fall dann jenen die gerne auch mal richtig ‘experimentieren’ wollen. Insgesamt war es ein tolles Erlebnis die Wandlung des UWAGA! miterleben zu können. Es hat in jeder Phase Spass gemacht, den grössten zwischen fünf und zehn Stunden an der Luft. Damit haben auch wir auf weinquellen.at das Kapitel ‘Naturwein’ eröffnet und es werden weitere folgen. Sven Leiners UWAGA! ist dafür jedenfalls der perfekte Einstieg in das Thema.

Tipp: Geniessen Sie den UWAGA! am besten bei 12-14º und geben sie ihm mindestens 3-4 Stunden in der Karaffe zum atmen. Ab fünf Stunden fährt der ‘Zug’ dann richtig los. Trinken Sie ihn über den Tag verteilt oder auch über zwei und beobachten Sie wie er sich ständig verändert. Erlebniswein für Abenteurer.

Verkostet wurde ein UWAGA! von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.

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