Vigneti Trebbio 2010
Vor fast einem Jahr hatte ich den Vigneti Trebbio 2009 zur Verkostung, heute steht der 2010er am Tisch der Wahrheit. Dieser Wein, der einem Gemeinschaftsprojekt von Anna und Stefano Casadei, den Besitzern des Castello del Trebbio in einer mit Laurenz M. Moser und dem Schweizer Felix Christen eingegangenen Kooperation entstammt, hat schon im Vorjahr grossen Spass gemacht und umso neugieriger bin ich den ‘Nachfolger’ kennenzulernen. Auch der Vigneti Trebbio 2010 ist eine Cuvée aus Sangiovese, Syrah, Merlot, Petit Verdot und Cabernet Franc und auch da wurde wieder ein Teil, die Syrah, in der Tonamphore ausgebaut. Der Rest durfte sich zu 30% in neuem und zu 70% in gebrauchtem Holz entwickeln.
Unverändert ist das Etikett das auf der Flasche des 2010er klebt. Turmhoch in grau und wieder mit der chronologisch angeführten Geschichte des Castellos von Beginn an. Im Zentrum des Etiketts wieder in weisser Schrift VIGNETI TREBBIO in Grossbuchstaben, oberhalb Toscana IGT und darunter der Jahrgang. Der Rest ist wieder wunderschönes Design, das trotz (oder gerade wegen) der düsteren Farbgestaltung und der Linolschnittartigen Illustrationen in den einzelnen Kästchen ein richtig spannender Hingucker ist.
Aufgeklärt wird wieder am hinteren Etikett, wo der Weinfreund alles (chronologisch Kästchen für Kästchen) über die Geschichte dieser sogar von Mord- und Totschlag behafteten Familienhistorie erfährt. Und weil der Vigneti Trebbio 2010 noch ein relativer Jüngling ist, darf er sich bevor er in die blankpolierten Gläser kommt für zwei Stunden in der Karaffe austoben.
Dunkelwürzig, kräftig und ein wenig rustikal
Im Glas zeigt sich der Vigneti Trebbio 2010 wie schon sein ‘älterer Bruder’ in einem intensiv funkelndem kirschrot. Kraftvoll schmiert er an der Glaswand ab. Es duftet nach Kirschen und ganz viel Gewürz im Glas. Da zieht Pfeffer, Wacholder und auch etwas Nelke die Nasenwand hoch und gräbt sich richtig in sie ein. Nicht so fruchtig wie der 2009er, mehr würzig und brauner in der Wahrnehmung. Alles wirkt kraftvoller und auch intensiver, die Erde hüpft einem förmlich ins Gesicht und ganz weit hinten merkt man eine leichte Eukalyptuswolke. Sehr frisch aber auch gewissermassen ‘rustikal’ fühlt sich der Wein in der Nase an.
Überraschend schlank und fein
Mit überraschend fruchtiger Säure und einer angenehmen Würze kommt der Vigneti Trebbio auf die Zunge. Zwar spürt man ein doch recht straffes Gerbstoffgerüst, ist aber geneigt dieses als durchaus fein und sehr schön mit der Säure harmonierend wahrzunehmen. Es fühlt sich frisch an am Zungenrand, überhaupt nicht druckvoll oder banal dicht oder pampig. Frische Säure, feine, noch nicht ganz reife Kirschen schmeckt man und auf die Idee, dass sich 14% in diesem Tropfen verstecken kommt man nicht im Entferntesten. Fast ist man geneigt dieses Mundgefühl als mager zu bezeichnen, so schlank macht sich der Wein im Mund breit. Ganz am Ende, wenn sich der Wein den Rachen hinunter bewegt, schmeckt man einen superfeinen Hauch von Holz, der über der zarten Kirschfrucht schwebt.
Charaktervoller Frischling
Der Vigneti Trebbio strotzt vor jugendlicher Frische und lässt keinen Zweifel darüber aufkommen, dass Sangiovese zwar die Hauptrolle spielt, diese aber mit den Teamkameraden wunderbar harmoniert. Es pappt nicht, sondern fühlt sich rassig-würzig an, hat Pepp in der Textur und wie bei so vielen Weinen wo selbst nur ein geringer Anteil an Petit Verdot mitspielt, schmeckt man diesen eindeutig als violett heraus. In Kombination mit der roten Fruchtigkeit und der pfeffrigen Würze ist dieser ‘rustikale Tick’ eine bezaubernde Ergänzung, die sich letztlich erst im Abgang richtig bemerkbar macht.
So sehr sich die Zunge über die säurebetonte Frische freut, so sehr gefällt es dem Gaumen wenn die sandig feinen Gerbstoffe über ihn hinweg ziehen und es so richtig rieseln lassen. Ohne dabei jedoch für Pelz im Mund zu sorgen. Vielmehr sind sie wunderbar eingebunden und machen den Wein dermassen trinkig, dass das Glas schneller leer ist als man es geplant hat. Trotz seiner PS ist der Tropfen leicht und schlank und präsentiert sich als gänzlich ‘ungefährlich’. Zumindest vom Gefühl her. Erfrischend ist ein Wort, dass diesen Wein wohl noch am besten beschreibt. Kühle Würze, jugendliche Frucht, fröhliche Säure und ein Tick ‘Rustikalität’ machen den Vigneti Trebbio zu einem – würde nicht der Preis im Weg stehen – echten Zechwein mit Charakter. Zwischen 19 und 25 Euro dürfen für diesen ‘Projektwein’ als Kostenaufwand verplant werden, sind aber, angesichts der gebotenen Finesse, nicht überpreist. Als Alltagstropfen zur täglichen Pasta wohl geeignet, wird die Masse nicht die Hauptzielgruppe werden. Als Höhepunkt für gelegentliche feststoffliche Feste aber eine mehr als werte Investition. Ich persönlich würde sogar soweit gehen, diesen Wein als topfitten und höchst erfrischenden Sommerrotwein zu empfehlen.
Tipp: 2-3 Stunden in der Karaffe sind gut. Im Sommer bei 14-16º, sonst bis max.18º geniessen. Zu Fleischgerichten und zu regionaler, kraftvoller Pastaküche ein Gedicht. Als Solist ein unbeschwerter Tropfen der sich wie von selbst auflöst.
Verkostet wurde ein Vigneti Trebbio 2010 vom Castello del Trebbio, Italien. Eine Cuvée aus Sangiovese, Syrah, Cabernet Franc, Merlot und Petit Verdot. Zur Verfügung gestellt wurde uns der Wein via Cornelia Spiola, FIVE.COMM, Wien.
Kategorie: Verkostet