Vin Jaune ‘Les Bruyères’ 2007

| 19. März 2015 Alles lesen

Im November 2013 hatte ich meine erste Weinerfahrung mit einem Vin Jaune aus dem Jura. Es war damals der Les Bruyères 2005 von Stéphane Tissot und er hat mich nachhaltig beeindruckt. Heute steht sein Les Bruyères 2007 am Tisch der Wahrheit und da ich den bereits im vergangenen November kurz gekostet habe weiss ich schon was mich erwartet. Das grosse Mysterium dieses Weines der zu 100% aus Savagnin besteht liegt a) in seiner Herstellung und b) in seiner fast grenzenlosen Haltbarkeit. Lässt man ihn zuerst 6 Jahre völlig sich selbst überlassen und nimmt den entsprechenden Schwund ganz einfach hin, hält der Tropfen dann auch noch über 40, oft auch 50 Jahre. So betrachtet ist es fast obszön den Jahrgang 2007 bereits heute aufzumachen. Aber was muss das muss, und deshalb kommt der Vin Jaune heute zur jugendlichen Inspektion.

Vin Jeaune Les Bruyeres 2007 Standesgemäss ist der Les Bruyères in der speziell ihm zugedachten 620 ml Clavelin-Flasche abgefüllt, welche ein Zugeständnis an seine Verdunstung ist und unter anderem hilft, seine Qualität über die vor ihm liegenden Jahrzehnte zu halten. Verschlossen ist der gute Tropfen mit einer dicken Wachskappe, damit nur ja kein Partikel Luft mehr in die Flasche kommt. Auf dem Gebinde dann wie üblich das bestens bekannte Etikett im typischen Tissot-Design. Oben Vin Jaune 2007 ganz gross, mit einem goldenen Balken unterstrichen, in der Mitte Les Bruyères und unten links Bénédicte & Stéphane Tissot. Rechts unten gross ARBOIS sowie die korrekte Herkunftsbezeichnung Appellation Arbois Controlee. Rückenetikett gibt es keines, was man wissen muss steht vorne drauf. Auch der Jahrgang 2007 kommt mit 15% vol. daher und wie sich diese bemerkbar machen werden wird in Kürze hier erforscht. Doch vorher kommt das Mysterium Vin Jaune für eine Stunde in den grosssen Dekanter um sich ein wenig an die Umgebung anzupassen.

Extremsport für die Nase

Bernsteinfarbig bzw. dunkelgoldbraun steht der Les Bruyères im Glas. Der Duft extrem, steckt 2005 ganz locker in die Tasche. Man riecht zwar wie beim Jahrgang 2005 konzentrierte Aromen von Dörrobst und Walnüssen, doch fühlt sich 2007 ‘schärfer’ in der Nase an. Getrocknete Aprikosen riecht man, als wären sie in Alkohol eingelegt, angesengtes Holz, ein Kübel voll dicker Hefe und die ausgeprägte Duftigkeit von Sherry steht über allem. 2007 braucht definitiv jede Menge Luft und Zeit, sowohl in der Karaffe wie im Glas. Dann wird es leiser, stimmiger und klarer. Je mehr Umdrehungen er hinter sich bringt umso ähnlicher wird er dem was 2005 an Aromatik aus dem Glas geströmt ist. Wer noch nie etwas mit Vin Jaune zu tun hatte wird sich angewidert absentieren, wer diese Weine (vor allem aber deren Düfte) kennt, der wird sich freuen auf dieses Elixier.

Frisch & Beschwingt

Da ist er wieder. Dieser unverkennbare Geschmack. Es scheint als wäre 2007 noch trockener als 2005. Auf der Stelle machen sich braune Nussaromen breit, die Hefe steht dick im Hintergrund, es schmeckt nach Sherry, braun und nussig. In der Säure noch frischer, fast schon übermütig. Es fühlt sich leicht im Mund an, viel leichter als man es nach der anfänglichen Schärfe in der Nase vermutet hätte. Doch es ist fein was auf der Zunge steht, der Topfen tänzelt beschwingt an den Zungenrändern entlang, neckt diese mit seiner lebhaften Säureader und zieht über die Zungenmitte nussig-sherrig ab. Am Gaumen alles andere ein Brummer, vielmehr elegant, sofern man Eleganz im Verbindung mit Oxidation überhaupt in einem Atemzug sagen darf. Ich bin überrascht aufgrund der Frische und der Leichtigkeit mit welcher der Les Bruyères sich zeigt. Und immer mehr, dank reichlich Luftzufuhr, kommen auch die bekannten Dörrobstaromen durch.

Süsslich-rauchig, trocken-kalkig

Nach drei Stunden im grossen Dekanter ist der Wein ‘voll auf Kurs’. Jetzt steht wieder dieses vertraut Nussige, das Hefige im Vordergrund. Was an getrockneten Aprikosen da ist unterfüttert alles wunderbar und verleiht dem Stoff gewisse Fruchtigkeit. Auch die anfängliche Schärfe in der Nase ist gewichen. An den Zungenrändern fühlt sich der Les Bruyères 2007 fast schon rassig an, soweit das möglich ist. Es ist kalkig, griffig und am Gaumen wirkt der Wein fast schwerelos. Ein ganz feiner Film legt sich dort an, der Rest bleibt auf der Zunge haften und setzt Aromen von brauner Butter frei. Es ist staubtrocken, trotz einer nicht zu leugnenden letzten Saftigkeit die sich irgendwie aus den gedörrten Aprikosen und Orangenspalten zwängt. Ich bin wieder einmal davon fasziniert wie nah aneinander die Grenze von Amontillado-Sherry zu Wein verläuft und wie sehr der Genuss dieses Weines so ein Grenzgang ist. Trinke ich Wein, oder trinke ich Sherry? Ich trinke beides. Gleichzeitig. Und ich liebe es. Was jetzt, nach vier Stunden, im Mund abgeht ist wieder einmal ganz grosses Kino. Frische Säure, elegante saftige Frucht (Aprikosen, Orangen, Mandarinen) und eine Lebendigkeit sorgen für richtig Spass auf der Zunge und am Gaumen, es scheint als würde der Les Bruyères gerade aufwachen und sich den Sand aus den Augen reiben. Die Sonne scheint, im Mund, und der Tropfen tanzt mit einer Unbekümmertheit darin, die fast erschreckend ist.

Vin Jaune 2007 Les Bruyères Wie schon der Les Bruyères 2005 wird auch der 2007 am Abend einer Nachverkostung unterzogen und wie erwartet hat er enorm zugelegt. Jetzt stehen wieder diese gewohnten Dörrobstaromen auf der Zunge, sind saftig und kraftvoll, nussig angehaucht und hefeteigig. Dicke fette Aprikosen und eine Handvoll Mandarinenschalen sorgen für eine ‘Fruchtigkeit’ welche nichts mit herkömmlicher zu tun hat. Es schmeckt vielmehr wie diese Früchte die man in Alkohol eingelegt bekommt. Nur dass der Alkohol hier sehr dezent im Hintergrund bleibt und den Dörrcharakter bestenfalls mit leichter Feuchtigkeit unterstützt. Am Gaumen wirkt 2007 feiner als 2005, kalkiger, staubiger, trockener. Im Abgang ist er ebenso erheblich kalkiger, die Aprikosen schieben erst danach an und was übrig bleibt ist ein Nachhall, der an leicht süsslich-rauchigen Sherry erinnert. Wie schon beim letzten Mal wird auch heute wieder Käse aufgetischt, weil das die beste Art ist sich mit diesem Wein zu vergnügen. Und sonst bleibe ich dabei: Vin Jaune liebt man oder hasst man. Es gibt nur ja oder nein. Ich liebe ihn und werde diesen Abend in einer anderen Weinwelt verbringen und der Les Bruyères 2007 wird mein Begleiter sein.

Tipp: Drei bis vier Stunden im Dekanter tun dem Wein gut. Mit 10-14º (je nach persönlicher Vorliebe) geniessen. Zu reifem Käse und Nüssen der perfekte Wein. Als Solist nur für Kenner und Könner. Dann aber unvergesslich und süchtig machend.

Verkostet wurde ein Vin Jaune ‘Les Bruyères’ 2007 von Stéphane Tissot aus Montigny-les-Arsures im französischen Jura.

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