Viviser 2013

| 28. September 2014 Alles lesen

Vor genau zwei Jahren hatte ich einen Gutedel ‘Heugumber’ 2011 von Hanspeter Ziereisen aus dem Markgräflerland zur Verkostung im Glas. Heute beginnt eine umfassendere Verkostungsreihe seiner Weine (insgesamt fünf werden es sein) und den Beginn macht ebenfalls ein Gutedel, einer für das Markgräflerland typischen Rebsorte. Der Viviser 2013, ein ‘Rebsorten-Wein’ steht heute am Tisch der Wahrheit. Rebsortenwein stehen bei Hansperter Ziereisen für reinsortige Weine. Wie alle seine Gutedel stammt auch der Viviser aus stark reduzierten Erträgen, spontaner Vergärung, einem langen Hefelager und einer langen Reifung. War der ‘Heugumber’ damals der ‘Basiswein’ des Weinguts, so ist der Viviser heute quasi die ‘erste Etage’ im Gutedel-Gebäude des Hanspeter Ziereisen und ich bin mehr als gespannt auf diesen Tropfen.

Viviser Auf der klassischen Burgunderflasche klebt nicht nur ein Etikett, es sind zwei davon. Auf einem schmalen schwarzen Stück leuchtet einem in knallroten Grossbuchstaben ZIEREISEN in klassischer Typo entgegen. Auf dem unteren, grösseren Stück Papier ein Schwarzweiss-Foto auf vanillegelbem Untergrund. Das Bild zeigt Frauen aus vergangenen Tagen bei ihrer Arbeit im Weingarten. Unterhalb der Jahrgang 2013 und Viviser. Auch auf der Rückseite der Flasche kleben zwei Etiketten. Auf dem grossen ebenso vanillegelben Etikett wird darüber aufgeklärt, dass Viviser eigentlich kein Name, sondern eine alte Bezeichnung für die Rebsorte Gutedel ist. Sehr ausführlich wird über die Weinherstellung und die Reifung informiert. Eine kleine sensorische Notiz ist ebenso drauf. Im kleinen unteren Stück erfährt man, dass es sich um Badischen Landwein handelt und die 11,5 Umdrehungen kündigen ein leichtes Trinkvergnügen an. Unverzüglich wird der Viviser von seinem Schraubverschluss, der mit einem Streifen Papier mit der Signatur Ziereisen überklebt und damit quasi ‘versiegelt’ ist, befreit und eingegossen.

Lebenslust & Rhythmus in der Nase

Helles strohgelb leuchtet mit leicht grünlichen Reflexen aus dem Glas heraus. Die Nase strömen sofort frische Zitrusaromen hoch. Nasses, grünes Gras steht über allem, steinig mineralisch riecht es und insgesamt sorgt der frische Duft des Viviser für enormen Speichelfluss. Dabei ist es aber keinesfalls laut in der Nase, es ist dezent, wenn auch intensiv, es ist gesittet und brüllt nicht nur banal aus dem Glas heraus. Gelbe Grapefruit, etwas Limette und auch ein Schuss Stachelbeere tanzen fröhlich Merengue im zentralen Riechorgan. So riecht Lebenslust gepaart mit Rhythmus.

Frech, fruchtig, mineralisch

Überraschend weich und mild strömt der Viviser auf die Zunge. Keine Spur von dünn. Ein sehr runder Wein fliesst über die Lippen, legt sich sanft und mild auf der Zunge ab und sorgt dabei mit einer relativ steinigen Würze für die nächste Überraschung. Auch wenn der Viviser gerade einmal 11,5 %vol. auf die Waage bringt ist er alles andere als ein mageres Tröpfchen. Der Wein hat durchaus Körperfülle, dem langen Hefelager sei Dank, hat Struktur und unverkennbar Charakter. In all dieser Füller zeigt sich eine Säureader, die dem Ganzen auch noch richtig Drehmoment verleiht und, gepaart mit der zitrusfruchtigen Aromatik, für ein lebhaftes Mundgefühl sorgt. Erfrischung aus Gras und Stein und ganz viel ‘Sauer macht lustig’-Obst. Ohne auch nur in die Nähe von sauer zu kommen. Der Viviser hat einfach freche Spritzigkeit, verpackt in einem runden Körper.

Macht Spass, hat Stil, schmeckt köstlich

Der Viviser trinkt sich dermassen frisch und leicht weg, dass es eine Freude ist. Auf der Zunge necken Grapefruit, Stachelbeeren und Limetten mit lebendiger Säure, die weisse Schottermineralik begeistert durch ihre kühle Frische und der Gaumen darf sich über einen durchaus anspruchsvollen Anstrich freuen. Sogar für etwas Herbheit hat der Tropfen Zeit im Mund, zeigt Textur und glänzt mit einer feinen Steinwürze. Irgendwie ist Frühling im Mund, alles ist ungemein frisch und lebendig in einer wunderbar harmonischen Kombination von Frucht und Mineralität.

Was der Viviser mit Links schafft ist ein Mundgefühl zu erzeugen, das abwechselnd fruchtig, dann wieder mineralisch und am Ende ungemein erfrischend ist. Sogar die zarte Herbheit steht in toller Balance mit der lustigen Säureader die dem Wein seinen Puls verleiht. Es ist als würde man drei Teile gemeinsam, auf einmal schmecken und spüren. Alles wechselt sich auf der Zunge und am Gaumen laufend ab und sorgt so für ein attraktives und belebendes Erlebnis im Mund. Zitrusaromatik mit nacktem Stein, grüne Wiese mit einem Tick von herb und ein Körperbau, der alles andere als einem Hungerhaken gleicht. Geht dank schlanker 11,5 PS reuelos in Durstlöscherdosis durch und macht einfach unkomplizierten Trinkspass. Verglichen mit Österreich ein mehr als ebenbürtiges Pendant zu einem knackigen Grüner Veltliner. Einfach Flasche auf und weg damit. Ich werde mir von diesem Tropfen ein paar davon bunkern. Macht Spass, hat Stil, schmeckt köstlich und kostet Peanuts (7,50 ab Hof). Wein zum fröhlichen Verputzen.

Tipp: Kappe ab und rein ins Glas. Am besten bei 8 – 10º. Macht so ziemlich alles aus der Küche mit und geht sogar zu Parmesan und Manchego mit Zwiebeln und Oliven. Als Solist ein lustiger, frischer und knackiger Partner für unkomplizierten Genuss.

Verkostet wurde ein Viviser 2013 vom Weingut Ziereisen in Efringen-Kirchen im Markgräflerland in Baden-Württemberg, Deutschland.

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