‘Calvarino’ Soave Classico DOC 2013
Venetien und Wein? Da war doch was. Ach ja, Soave. Jener Wein den man sich vor ein paar Jahrzehnten kistenweise aus Verona heimgekarrt, oder einfach von der nächsten Tankstelle daheim besorgt hat. Hauptsache billig war er. Heute gibt es jedoch tatsächlich mehr als herzeigbare, vor allem richtig feine Weine dieser berüchtigten Gattung. Einer davon ist der Calvarino von der Azienda Vitivinicola Leonildo Pieropan aus Soave, kurz Pieropan genannt. Ein Traditionsweingut mit allerbesten Lagen (Calvarino ist das Herzstück) und Jahr für Jahr mit besten Qualitäten. Der Calvarino Soave Classico DOC 2013 ist eine Cuvée aus 70% Garganega (eine alte autochthone Rebsorte) und 30% Trebbiano di Soave. Er reifte ein Jahr in Zementtanks und im Anschluss noch ein paar weitere Monate in der Flasche. Von echten Experten wird Pieropan immer wieder aufs Neue als die Nummer 1 in Soave bezeichnet. Wie das schmeckt und sich anfühlt, dem wird jetzt mit grosser Neugier auf den Grund gegangen.
Auf der dunklen Schlegelflasche klebt ein äusserst elegantes, Tradition und Stil versprühendes Etikett. Blasses gelb, eingefasst von einem feinen goldenen Rahmen, optisch durch eine unsichtbare Linie in zwei Bereiche geteilt. Oben PIEROPAN in goldener Schrift, darunter Vignaiolo dal 1880, dem Gründungsjahr von Pieropan. Darunter in grün einige Rebblätter mit Trauben, welche das in gold und rot gestaltete alte Wappen der Pieropans umranken. Im unteren Teil schlicht und einfach 2013 Calvarino. Ein sehr klassisches wie elegantes Stück Weinbeklebung. Auf der Flasche selbst ist ganz unten PIEROPAN eingeprägt. Am schwarzen Rückenetikett die allgemeinen Informationen über den Calvarino, ebenso über die Herkunft, die Böden und das Alter der Weingärten in italienisch und englisch. Sehr informativ das gold eingestanzte Abfülldatum 5.2.2015. Die grünlich goldene Halsmanschette wird von der offziellen DOC-Banderole umschlossen. Für eine halbe Stunde wird der Wein in die Karaffe verfrachtet, um dann ideal temperiert ins Glas zu kommen.
Pfirsichtorte & ein Tick von herb
In hellem strohgelb mit leicht grünlichen Reflexen steht der Calvarino im Glas. Eine Kombination von gelben Kirschen und dunkelgelben Zitronen steigt langsam die Nasenflügel hoch. Dahinter verbirgt sich eine leicht florale wie auch kräutrige Note nach grüner feuchter Wiese. Unter all diesen Aromen dreht ein Duft seine Runden der nur schwer identifizierbar ist. Mich persönlich erinnert er am ehesten an die Füllung einer Pfirsichtorte. Es riecht nicht wirklich fruchtig, vielmehr erfrischend mineralisch mit einem Tick von herb. Insgesamt sehr animierend und lebendig.
Kirsche x Pfirsich = Gelbe Mineralik
Überraschend weich strömt der Calavrino in den Mund, um dort auf der Zunge einen durchaus herben Auftritt hinzulegen. Es fühlt sich weich an und doch lebt der Wein dank einer frischen Säureader die er in sich hat. Vom Gefühl her ist er knochentrocken, verflüchtig sich innerhalb Sekunden von den Lippen und hinterlässt einen fein rauchigen Nachgeschmack im Mund. Weissen Pfirsich, gelbe Kirsche und ein kleines Stück Orangenschale schmeckt man und wundert sich im selben Moment, wie so etwas so wenig fruchtig sein kann. Was andererseits wieder sehr angenehm ist weil man die volle Ladung gelber Mineralik die der Calvarino mit sich schleppt zu spüren bekommt. Eingebettet ist das Obst in einen doch recht dicht gewirkten Körper, der wiederum durch Leichtigkeit besticht. Es fühlt sich cremig auf der Zunge wie am Gaumen an. Was bleibt ist brutale Trockenheit sowie der Tropfen seinen Weg gegangen ist.
Persönliche Versöhnung mit Soave
Immer mehr macht der Calvarino richtig Spass im Mund. Er geht auf an der Luft und mit jedem Grad mehr an Temperatur (12-14º sind perfekt). Es wird richtig dicht im Mund, auf der Zunge steht ein runder gelber Wein, der einerseits saftig, herrlich weich und doch mit einer Rassigkeit gesegnet ist, die alles wunderbar harmonisch erscheinen lässt. Honigmelone taucht auf, weisser Pfeffer mischt mit und verleiht dem Wein eine dezente Würze am Gaumen. Das hat nichts mit Soave von “damals” zu tun, das hier ist richtig guter Stoff. Dank seiner gnadenlos trockenen Art mit dem leicht speckig-rauchigen Abgang ist der Calvarino brutal trinkanimierend. Er hat Grip am Gaumen, fühlt sich trotzdem weich und rund an, ist dicht im Körper und doch leichtgewichtig. Man schmeckt zwar Frucht und spürt so sehr die gelbe Mineralik. Und der herbe Kick setzt allem die wohlverdiente Krone auf. Ich versöhne mich gerade mit Soave und werde mir von diesem Kerl einen kleinen Vorrat bunkern.
Ich muss zugeben, ich bin fasziniert von dieser extrem gelben Aromatik. Dieser Vielschichtigkeit von Frucht und Mineralik die so harmonisch auftritt, obwohl eindeutig die Mineralik weit im Vordergund steht. Alles ist füllig im Mund, doch niemals dick. Es hat Statur UND Eleganz. Es ist frisch, lebendig und in sich ruhend. Präsente Säure die keinen Lärm macht, dafür aber umso mehr für Lebendigkeit sorgt, Trockenheit an die man sich sehr rasch gewöhnt und diese “herbe Fruchtigkeit” die einen nicht mehr los lässt. Der Calvarino schreit nach Küche, er will dass man das Leben zelebriert und Genuss mit ihm genussvoll unterstreicht. Speckig-rauchig am Gaumen, zieht er herb und trocken den Schlund hinunter und hinterlässt die Farbe Gelb in allen Variationen. Hallt lange nach, brennt sich ins Gedächtnis ein und macht Soave zum totalen Freudenspender. Beide Daumen hoch für das was da im Glas ist.
Tipp: Eine halbe Stunde in der Karaffe tut ihm gut. Macht nachher ständig weiter auf. 12-14º sind ideal, nicht zu kalt trinken. Antipasti, Fisch an weisser Sauce, Räucherfisch, Salate, weisses Fleisch und vieles mehr begleitet er im Blindflug. Als Solist ein Wein der überraschend grossen Spass macht und sich leicht und locker weg trinkt.
Verkostet wurde ein ‘Calvarino’ Soave Classico DOC bianco 2013 von Pieropan aus Soave, Venetien, Italien. Bezugsquelle: Pinard de Picard, Saarwellingen.
Kategorie: Pinard de Picard (D), Verkostet