Cuvée Millésimé 2008 Monts de Vertus
Das Beste wie gewohnt zum Schluss. Dabei hätte ich mich gerade erst gewöhnt an die feinen Freudenspender aus dem Haus Fourny & Fils aus Vertus. Der Höhepunkt der sechsmonatigen Verkostungsreihe ist heute aber dessen Jahrgangschampagner vorbehalten, die Cuvée Millésimé 2008 Monts de Vertus. Ein Blanc de Blancs, Premier Cru. 100% Chardonnay von über 60 Jahre alten Rebstöcken die auf reinen Kalkböden wurzeln. Sieben Monate hat der Monts de Vertus, der auch “La Complexité” genannt wird, auf der Hefe gelegen und danach noch mindestens fünf Jahre Flaschenreifung hinter sich gebracht. Unfiltriert und ohne Schönung wurde er dann abgefüllt. Heute steht er als krönender Abschluss am Tisch der Wahrheit, die Gläser dazu extra fein poliert.
Im bereits bestens bekannten Design ist auch das Etikett des Monts de Vertus gestaltet. In erdigem Braun klebt das einem Schild nachempfundene Teil auf der Flasche. Wie üblich oben das Familienwappen der Fournys in gold, mit einem grossen F auf weissem Untergrund und von einem feinen goldenen Geflecht eingerahmt. In weiss darunter in schlichter geschwungener Typo Champagne Brut Millésimé 2008. Darunter wie gehabt in grossen Lettern VVE FOURNY & FILS a Vertus. Links und rechts ragen Rebblätter mit Trauben in die Höhe. Blanc de Blancs und Premier Cru in weiss runden den eleganten Auftritt wieder ab. Das Rückenetikett ist wieder in gold gehalten und informiert wie üblich über die wichtigsten Details die es über diesen Champagner zu wissen gibt. Alles über Herkunft, Böden, Zusammensetzung, Alter der Reben, Ausbau sowie Dosage wird hier verraten. Ausführlich wie gewohnt und sehr informativ. Und jetzt wird der letzte Kork mit einem politisch unkorrekten Plopp entsorgt und der Inhalt zur Vernichtung freigegeben.
Hier herrscht die Hefe
Kräftiges strohgelb leuchtet aus dem Glas heraus. Zarte grünliche Reflexe blitzen auf. In den Nasenflügeln herrscht die Hefe und duldet keine Widerrede. Traumhaft, prickelnd, dicht und frisch. Als würde man im Fass schwimmen. Ganz weit hinten tauchen vereinzelt feine Zitrustöne auf, ein Stück verlorene Orangenschale torkelt durch die Szenerie und sonst kommt man sich vor als würde man mitten in der Bäckerei unter all den frisch gebackenen Broten stehen. Der dichtetse Duft von allen, was nicht verwundert, hat der Monts de Vertus doch extra lange auf der Hefe verbracht. Bezaubernd, eindrucksvoll.
Man reiche das Salz
Ist das Champagner oder ist das Wein? Wo ist das Perlen, das Sprudeln, das Pulsieren auf der Zunge? Zitrusfrucht total, Salz und frische Säure tun so als ob sie nie was anderes gemacht hätten. Es schmeckt weinig, man sucht die Blasen und man findet keine. Wo sind die? Ganz weit hinten, aber wirklich ganz ganz weit hinten. Da pulst es kurz, fast nicht wahrnehmbar und schon spürt man wieder nur eine ausgesprochen salzige Mineralität an den Zungenrändern. War die Hefe in der Nase Dominator, so darf sie im Mund bestenfalls den Finger heben. Da herrscht Zitrusfrucht und Mineralik. Dabei ist es äusserst dicht und druckvoll, hat Substanz und einen Abgang, der wie ein Flugzeug eine Fahne mit der Aufschrift Chardonnay hinter sich herzieht. Was für eine wunderbare Verwirrung, was für ein Auftritt.
Das ist Kunst
Doch dann spürt man auf einmal wie es perlt. Dann fühlt man lebendigen Puls, dann steht ein fein moussierender Film auf der Zunge und dann, ganz plötzlich, schmeckt man auch wieder Hefe. Plötzlich hat der Monts de Vertus Grip, auf der Zunge wie am Gaumen, ist knochentrocken und wunderbar aufgeraut. Was bedeutet, dass am ersten Glas viel zu lange “rumgeschnüffelt” wurde. Kann passieren. Jetzt jedoch ist er ein lupenreiner, präziser, klarer, wie in seiner Struktur griffiger und kompakter Schampus allerhöchster Güte. Jetzt funkt es und jetzt prickelt es. Jetzt tanzt die Hefe wieder mit im Reigen und auch der Obstgarten hat sein Gatter weit geöffnet. Steinobst, Äpfel, ein paar Ringlotten. Mineralisch, frisch, elegant, aristokratisch. Jetzt ist Party im Kongress. Bei aller Begeisterung darüber ist der Monts de Vertus noch immer herrlich weinig. Dieser geschmackliche und gefühlsmässige Spagat zwischen fröhlichem Blubb und elegantem Wein. Genau das macht den Reiz aus, das ist Kunst, das mag ich.
Erstaunlich ist wie sich der Monts de Vertus mit etwas Luft entwickelt. Da knallt eine salzige Mineralik auf die Zunge, dass einem das Herz lacht. Er wird zunehmend kalkiger, trockener und zitrusfrischer. Er schäumt ganz leise vor sich hin, als würde er mich dafür strafen, dass ich seinen feinen Puls am Anfang nicht erkannte. “Get your homework done” sagt er mir und perlt fröhlich vor sich hin. Knackige, frisch vom Baum gefallene Äpfel setzen ihre Aromen frei, die Hefe hält sich wieder etwas zurück, tritt aber niemals in den Hintergrund. Der Kalk sorgt für Trockenheit, die Zitrone für das Zucken in den Blasen. Und das Salz hat sich in feinen Nebel verwandelt, dessen feuchte Ausläufer am Zungenrand abtropfen. Am Gaumen konzentriert, packend, griffig, substantiell. Im Abgang pure Wolllust und im Nachhall herrlich apfelig und kreidig. Ein präzises Kunstwerk ist er, der Monts de Vertus und dass ich am Anfang keinen Puls erkannte, dafür entschuldige ich mich hier in aller Form. Wie konnte ich nur, ich Banause? Ganz grosser Stoff aus ganz grossem Haus. Bravo!
Tipp: 8º sind perfekt.Zu Krabben, Hummer, Langusten, Fisch und allem Zeugs das aus dem Ozean kommt. Oder einfach solo. Allerfeinster Edelstoff für echte Connaisseurs.
Verkostet wurde ein Cuvée Millésimé 2008 Monts de Vertus von Veuve Fourny & Fils aus Vertus in der Region Champagne-Ardenne, Frankreich.
Kategorie: Fourny & Fils (F), Verkostet