Grauer Burgunder Katzebosch 2013
Grauburgunder von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz hatte ich schon einige. Der hier hat mir aber in meiner Verkostungssammlung noch gefehlt; der Graue Burgunder Katzebosch. Jahrgang 2013 ist er und von der Lage Heißbühl stammt er, welche wiederum mundartlich Katzebosch heisst. Sie ist die wärmste Lage in Ilbesheim und auf ihr stehen teilweise über 30 Jahre alte Reben. Spontan vergoren ist der Wein, wie üblich bei Sven Leiner, und im Stahltank ist er ausgebaut. Der Katzebosch gehört zu Sven Leiners ‘Vorzeigeweinen’ in Sachen Biodynamik und es heisst, dass er komplett gegen den Strich gebürstet sei. Das herauszufinden wird heute meine Aufgabe sein.
Wie alle Ortsweine von Sven Leiner klebt auch auf dieser braunen Schlegelflasche das neu gestaltete, moderner wirkende Etikett. Strahlend weiss, oben in der Mitte LEINER als reduziertes Logo mit einem Nützling der die Position des I einnimmt. Unten drei feine Linie im Stile eines Notenblatts. Ganz gross in schwarz Grauer Burgunder und links und rechts davon der Jahrgang (2013) und trocken. Unterhalb in gold und alter Schreibmaschinen-Typo katzebosch-ilbesheim, was die Lage und die Herkunft anzeigt. Der ‘Weinbergmitarbeiter’, so nennt Sven Leiner seine Nützlinge, der sich auf diesem Etikett von links oben gross in gold nach unten schlängelt ist diesmal ein Chilopoda, Nichtexperten besser als Hundertfüsser ein Begriff. Auch auf diesem in einem Stück produzierten Etikett steht ganz rechts aussen alles was es über die Lage, das Klima, die Bedingungen, den An- und Ausbau zu wissen gibt. Demeter-Zertifizierung und Bio-Siegel selbstverständlich. Bevor der Katzebosch jedoch ins grosse Glas darf, wandert er für eine Stunde zur Luftaufnahme in die Karaffe.
Kein Matsch, nur feine Frucht und klare Würze
In kräftigem Stroh- bzw. Goldgelb funkelt der Katzebosch mit zarten grünlichen Reflexen aus dem grossen Becher raus. Dezent birnig riecht es, gut gewürzt und saftig. Sehr weich fühlt es sich in der Nase an, verhalten strömt feiner Rauch die Nase hoch. Reif beschreibt den Duft wohl am besten. Was fehlt ist dieser typische Birnenmatsch der Grauburgunder oft begleitet, es riecht abgespeckter, klarer, direkter. Dafür steht mehr klare Würze im Glas, hat sogar etwas leicht Grünes. Obwohl der Duft saftig und kräftig ist, wirkt er vom Gefühl reduziert und feiner. Typisch Grauburgunder? Ja. Nur völlig untypisch entwrackt.
Knochig, trocken, kompromisslos
Was sofort auffällt ist, wie trocken und vor allem kompromisslos herb der Katzebosch in den Mund kommt. Als hätte man seine Oberfläche aufgeraut. Es ist cremig auf der Zunge und doch zieht ein feiner gerbstoffiger Film über sie hinweg. Man schmeckt die typischen Birne, vermisst aber jegliche Form des bereits erwähnten Matsches. Auch der Rauch ist da, nur wesentlich feiner als man es erwartet hätte. Die Säure zeigt was Rasse heisst, entlädt sich in einer Mineralikexplosion erster Güte und sorgt für glücklich strahlende Gesichter. Alles ist klar im Mund, rein und direkt. Straff auf der Zunge, wohlig und vor allem animierend herb am Gaumen. Und an den Zungenrändern tanzt die Säure Polka. Grauburgunder anders, Grauburgunder knochig, trocken, kompromisslos. Ich mag den Katzebosch schon jetzt und ahne, wohin die Reise mit ihm hingehen wird.
Fitzcarraldo unter den Grauburgundern
Beeindruckend ist die Diskrepanz zwischen Geruch und Mundgefühl. In der Nase diese typischen Grauburgunderaromen, dicht und saftig, leicht rauchig und auch birnig. Doch kaum im Mund, das totale Gegenteil. Da steht ein herber, rauer Wein auf der Zunge, man kann ihn förmlich beissen und spürt wie seine Gerbstoffe vor sich hin rieseln. Je mehr Luft der Katzebosch aufnimmt umso aufregender wird er. Wie geschliffener Stein fühlt er sich an. Kalt, staubig, stoffig. Die Frucht verliert sich immer mehr und übrig bleibt ein würziger wie auch mineralischer Saft der sich jeglichen Konventionen verweigert und einfach sein Ding durchzieht. Dicht ist der Wein, doch kaum glaubt man für einen Moment seinen vollen Körper zu spüren, löst dieser sich ganz plötzlich in einer feinen Wolke von Staub und Rauch auf. Dabei hinterlässt er einen weissen Film am Gaumen, ganz weit hinten ahnt man noch so etwas wie die typische Grauburgunder-Birnigkeit, doch ist diese so weit weg, dass man am besten erst gar nicht versucht ihr nachzulaufen.
Schon jetzt steht fest: Das mit dem ‘gegen den Strich gebürstet’ trifft zu 120% zu. Mehr dagegen büsten kann man nicht und genauso fühlt es sich auch an. Betonung auf fühlen. Denn schmecken tut der Katzebosch sehr wohl nach Grauburgunder, nur was er einen spüren lässt ist der eigentliche Film. Und der ist ganz ganz grosses Kino. So herb der Wein am Gaumen und nun bereits auch hinter den Lippen ist, so würzig schmeckt er, so stoffig fühlt er sich an und so ausgeprägt mineralisch steht er auf der Zunge. Dabei ist er alles andere als ungehobelt, er ist nur auf seine Art von jeglichem Müll befreit der so viele andere seiner Gattung begleitet. Das hier ist Grauburgunder aus der Werkzeugmacherei. Der Katzebosch hustet auf den Sonntagsanzug, er bevorzugt es mit Jeans und Ruderleibchen in die Oper zu gehen. Für mich der Fitzcarraldo unter den Grauburgundern. Schlappe 13 Euro ab Hof sind lächerlich für soviel Eigenständigkeit.
Tipp: 2 bis 3 Stunden Luft sind perfekt. Am besten mit 12-14ºC aus dem grossen Becher geniessen. Fisch an dicken Saucen, weisses Fleisch und kräftige Regionalküche gefallen ihm. Zum Genuss ohne alles ein Wein dem man zuhören und machen lassen muss. Das ist Autoren-Kino und alles andere als Mainstream.
Verkostet wurde ein Grauer Burgunder Katzebosch 2013 von Sven Leiner aus Ilbesheim in der Pfalz, Deutschland.
Kategorie: Sven Leiner (D), Verkostet