Müller-Thurgau Gärtling 2015

| 19. November 2016 Alles lesen

mueller-thurgau-gaertling-2015 Wenn ein Salzburger beschliesst, sich einen Weingarten im Kremstal zu kaufen, dann über die Jahre seinen Betrieb zu einem echten Weingut ausbaut und letztlich auch noch einen Müller-Thurgau für das Weinvolk auf den Markt wirft, dann muss das schon ein verrückter Kerl sein. Immerhin hat er aber Landwirtschaft an der BOKU studiert und weiss was Sache ist. Klar, Veltliner macht er auch, der Alexander Zöller, der sich selbst als “Bio-Spinner” bezeichnet (er bewirtschaftet seit Beginn an biologisch). Aber eben auch einen Müller-Thurgau, den Gärtling. Und der steht heute hier beim mir am Tisch der Wahrheit. Drei Tage hat er ihm Maischestandzeit verordnet, ausgebaut wurde der Tropfen, den eigentlich niemand wirklich trinkt und der trotzdem wieder stark in Mode kommt, im Stahltank. Warum der Müller-Thurgau Gärtling 2015 vom Weingut Zöller anders sein soll als seine Artgenossen, dem werde ich jetzt auf den Grund gehen und lasse mich gerne überraschen. Dem Ritual entsprechend wandert er aber vorher für eine halbe Stunde in die Karaffe. Ein wenig Luft wird ihm sicherlich nicht schaden.

Kräuter, Muskatnuss & nasser Stein

In hellem Gelb mit grünlichen Reflexen steht der Gärtling im Glas. Im Duft erkennt man sehr schön Wiesenkräuter, etwas nassen Stein und Apfel. Auch ein Tick von Muskatnuss macht sich bemerkbar, verschwindet aber rasch wieder hinter einen feinen Zitrusnote. Sehr erfrischend, sehr animierend ist es in der Nase und lässt leicht mundbewässert auf ein ebensolches Trinkerlebnis schliessen.

Aromatisch, klar und knackig

Ist das herb zitronig oder zitronig herb? Jedenfalls ist es äusserst animiernd was da über meine Zunge rollt. Weich und doch sehr klar im Auftritt. Noch während man sich über die Zitrone Gedanken macht, merkt man am Gaumen wie sich eine Muskatnuss über ihn hermacht. Heimlich, still und leise weht sie über ihn hinweg. Auf der Zunge steht derweil ein straffer Saft der mit knackig frischem Apfel für Erfrischung sorgt. Einerseits hat der Gärtling feste Statur, die sich aber nicht in Fülle sondern in klarer Kompakheit zeigt. Man spürt die Dichte, was auf die Maischestandzeit zurückzuführen ist, und man spürt wie fein und klar der Wein im Mund ist. Im Abgang eine hoch aromatische Melange aus Muskatnuss und Apfel.

Wein der getrunken werden will

Wie erwartet fühlt sich der Gärtling an der Luft sehr wohl, wird immer aromatischer und zeigt sich nach einer Stunde knochentrochen in der Kauzentrale. Die Muskatnuss steht jetzt im Vordergrund, reibt sich an der Zunge und auch am Gaumen ab, der Apfel steht ganz weit im Hintergrund. Sogar Haftung hat der Tropfen aufgebaut, lässt einen spüren wie Stoffigkeit so geht. Ohne dabei jedoch an Frische zu verlieren, ganz im Gegenteil. Denn neben der dominanten Muskatnuss steht jetzt auch die Zitrone die für jenen frechen Spritzer Frische sorgt, die den Wein zu einem echten Spasswein werden lässt. Ein Wiener Schnitzel käme mir jetzt in den Sinn und wär’ mich mehr als recht.

Man kann über Müller-Thurgau sagen was man will, es gibt ein paar Leute die können richtig gut damit umgehen. Und Alexander Zöller gehört eindeutig dazu. Sein Gärtling ist nicht nur klar und aromatisch, er ist auch griffig, hat Textur und Charakter und trinkt sich weg wie nichts. Er ist herrlich trocken, er erfrischt und er macht richtig grossen Spass im Mund. Der Gärtling ist ein Wein über den man nicht endlos lange diskutieren muss, das ist ein Wein der einfach getrunken werden will. Mit seinen 12,5 Umdrehungen sollte einem dieses Unterfangen noch um eine Schippe leichter fallen. Also Leute, trinkt mehr Müller-Thurgau. So einen wie diesen hier. Zum Wohl!

Tipp: Eine Stunde Luft tut ihm gut. Am besten mit 12-14º zu geniessen. Zum Backhendl, zum Schnitzel, zu gebackenen Champions und allem was paniert am Teller liegt. Als Solist ein aromatischer Verführer.

Verkostet wurde ein Müller-Thurgau Gärtling 2015 vom Weingut Zöller aus Droß im Kremstal, Österreich. Bezugsquelle: 225 Liter-Handverlesene Weine, München.

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Kategorie: 225 Liter (D), Verkostet