Muschelkalk 2013 Pinot Noir
Das Beste wie gewohnt zum Schluss. Im Fall der zahlreichen Pinot Noirs die ich in den letzten Monaten von Enderle & Moll aus Münchweier in Baden verkostet habe, ist das heute der Muschelkalk 2013. Er ist sozusagen das Flaggschiff von Sven Enderle und Florian Moll und stellt die Spitze ihrer Pinot-Range dar. Die Rebstöcke für den Muschelkalk stammen aus dem Pflanzjahr 1953/54 und sind somit die ältesten der gesamten Region. Wer die Verkostungsreihe der Weine von Enderle & Moll hier mitverfolgt hat weiss, dass alle Weine der beiden während der Lagerung in gebrauchten Barriques nicht abgezogen oder umgelagert, spontan vergoren, nicht geschönt und unfiltriert abgefüllt werden. So auch der Muschelkalk 2013, der jetzt als Krönung der Pinot-Noir Verkostung ausführlich unter die Lupe genommen wird.
Wie auf allen Flaschen von Enderle & Moll klebt auch auf dieser wieder das altmodisch und leicht angestaubt wirkende Etikett. Oben wie gewohnt das Stadtwappen von Münchweier, welches eine blaue Sichel zwischen zwei Rebstöcken zeigt. Oberhalb liest man den Spruch Rien Sans Peine. In der Mitte des Etiketts steht in grosser geschwungener Typo Muschelkalk, der Name des Weins und des Bodens dem er entstammt zugleich. Unterhalb in rot 2013 und darunter Enderle & Moll wieder in Schreibschrift. Der feine zweilinige Rahmen der das Stück Papier umrundet verleiht ihm noch den Extra-Nostalgietouch. Am etwas kleineren Rückenetikett wird wieder über den gesamten Rest der nötig ist informiert. LANDWEIN OBERRHEIN steht ganz oben und unterhalb Muschelkalk. Beschwingte 13 Umdrehungen sorgen für den Vortrieb. Wie bereits alle Pinot Noirs zuvor, wird auch der Muschelkalk 2013 für eine Stunde in den grossen Dekanter umgefüllt bevor er sich im Burgunderbecher austoben darf.
Kirschen, Hefe, Kalk & Minze
Ausgesprochen transparent wirkt das Kirschrot das im Becher seine Runden dreht. In die Nasenflügel strömt ein Duftgemisch aus Kirschen, roten Beeren und ein Schuss Vanille. Den anderen Teil des Duftkorbs machen Kräuter, allen voran wieder die fast schon obligate Minze aus. Unterfüttert ist alles von etwas Hefe, viel Kalk und trockener Erde. Ein paar helle Tabakblätter werden durchs Glas geblasen. Insgesamt ein floral-fruchtiger Duft der Lust macht auch geschmacklich entdeckt zu werden.
Wenn die Muschel mit dem Kalk salzt
Erstens: Es rieselt auf der Zunge und am Gaumen. Und zwar richtig. Als würden einem die Tannine eingespritzt. Fein, mürbe, samtig sind sie und sie machen Spass. Zweitens: Es fruchtelt. Nach Kirschen und nach Johannisbeeren. Dazu eine sehr präsente Säure die sich lustig unters Volk mischt und dem Ganzen einen frechen Anstrich verpasst. An den Zungenrändern und auch in der Mitte schmeckt man einen guten Salzstich der alles noch viel spassiger gestaltet. Im Hintergrund ein Tick Vanille, etwas Hefe und ganz viel Kalk, was ob der Herkunft des Muschelkalks nicht gerade verwundert. Verglichen mit dem Buntsandstein und dem Ménage à Trois ist der Muschelkalk sicher der eleganteste, kühlste und schlankeste Pinot Noir, auch der fruchtigste und leichtfüssigste. Er wirkt von den 2013ern als der am ehesten zugängliche, auch wenn auch er locker noch ein, zwei Jahre Flaschenreife verträgt.
Das Zeug zum “Klassiker”
Sobald der Muschelkalk genug Sauerstoff abbekommen hat, zwei Stunden sind genug, geht er richtig auf. Die Gerbstoffe zeigen sich zurück gefahren, sind fein und geschmeidig geworden, die Frucht steht im Vordergrund, unterstützt von einer richtig frischen Säure. Mehr Cassis als Kirsche, was in der Kombination sehr lebendig wirkt. Auf der Zunge salzig, frisch und ausgesprochen leicht. Sehr schlank im Körper, null Gewicht im Mund und am Gaumen ein zart vanillig-hefiger Ton. Trotzdem eine zarte Würze, sogar etwas Nuss taucht auf und im Abgang äusserst erfrischend. Man ahnt bereits in diesem jungen Stadium wo die Reise des Muschelkalks hin gehen kann und wird. Noch ist er ein Frischling, noch ist alles in der Phase der Findung und der Werdung. Doch er macht auch jetzt schon Spass, weil es gerade diese Stufe der Entwicklung ist, die man kennen sollte, um nachher die ganze Geschichte erzählen zu können.
Was ganz stark auffällt, gerade bei heissen Temperaturen, ist, dass der Muschelkalk den besten Eindruck hinterlässt, wenn er gut gekühlt ins Glas kommt (14-16º). Da schmeckt man die Frucht, da spürt man die Säure und auch die feine Gerbstoffbrise sorgt für richtig Spass. Da geht er gar als Erfrischung durch, wirkt schlank und leicht und herrlich salzig. Von allen verkosteten Pinot Noirs von Enderle & Moll, würde ich den Muschelkalk am ehesten ins französische Burgund verorten. Weil er so typisch ist, so leicht, so elegant, so fruchtig wie auch würzig und vor allem so bodendominiert. Man kann ihn durchaus als “klassisch” bezeichnen. Und damit bin ich alle Pinot Noirs von Sven Enderle und Florian Moll durch. Fünf waren es und welcher mein persönlicher Favorit ist verrate ich hier nicht, weil dann kein Raum für Vermutungen und Überraschungen übrig bliebe. Comprende?
Tipp: Zwei bis drei Stunden im Dekanter sollte man ihm gönnen. Aus dem Burgunderglas mit 14-16º geniessen. Zu Braten, Wurst- und Fleischgerichten ideal. Als Solist schon jetzt sehr zugänglich wie auch erfrischend.
Verkostet wurde ein Muschelkalk 2013 Pinot Noir vom Weingut Enderle & Moll aus Münchweier in Baden, Deutschland.
Kategorie: Enderle & Moll (D), Verkostet