Schlicht und ergreifend 2013

| 5. September 2014 Alles lesen

Schlicht und ergreifend, das ist der mehr als ungewöhnliche Name jenes Weines von Georg Schmelzers Weingut Köllan aus Gols im Burgenland, mit dem heute die erste Verkostungsrunde abgeschlossen wird. Auch dieser Wein ist wie schon der erste ein Frühroter Veltliner. Jahrgang 2013 und ‘orange.’ Aus seiner Weinlinie “Urbane-Originäre Weine” kommt der Schlicht und ergreifend 2013, aus biodynamischer Bewirtschaftung ist er im kleinen Holzfass gereift und ohne Zugabe von Schwefel wurde er abgefüllt. Wie ‘orange’ der Wein ist und wie sehr er sich von seinem ‘normalen’ Artgenossen aus 2012 unterscheidet wird jetzt eingehend festgestellt.

Frühroter Veltliner orange 2013 Auch auf dieser Flasche klebt das mannshohe Etikett, nur dass es in diesem Fall nicht hell und mit der in der Mitte gross aufgebrachten Urpflanze bedruckt, sondern einfach dunkelbraun, ganz ohne jede Illustration ist. Ebefalls wieder dreiteilig, in der Mitte ganz oben in silber Schmelzers in der Frakturschrift. In der Mitte statt der bereits erwähnten Urpflanze nur ganz schlicht und einfach schlicht und ergreifend eingedruckt. Am unteren Rand wieder frühroter veltliner 2013 und als Zusatz ‘orange‘ angeführt. Am linken Teil des Etiketts eine Lagekarte von Gols am Neusiedlersee und eine ausführliche Information über den gesamten Herstellungsprozess des Weines. Am rechten separaten Etikett alles was sonst auf einer Weinbeklebung stehen muss. Das demeter-Logo sowie das Bio-Siegel mit der Nummer und der überraschend niedrige PS-Wert von gerade einmal 10%vol.! Wenn der Wein sich auch so anfühlt wird das eine richtige Verdunstungsralley. Ob der Tropfen die Karaffe braucht weiss ich nicht und deshalb kommt der Wein jetzt ohne weiteres Prozedere ins Glas.

Lachsorange & verhalten

Lachsorange fliesst der Schlicht und ergreifend ins Glas. Sehr hell in der Farbe, leicht trüb und mit einem deutlichen Touch ins Erdbeerrosa. Vom Duft her äusserst verhalten. Am ehesten kann man unmittelbar nach dem Eingiessen eine hauchfeine Note von einem Bratapfel wahrnehmen. Das war’s dann aber auch schon. Der Wein kommt in die Karaffe und das grosse Glas wird ausgepackt. Nach einer halben Stunde kommen ein paar versteckte Birnen zum Vorschein, Wiesenkräuter tauchen auf, eine leichte Würze kommt hinzu. Sonst tut sich nicht wirklich viel in der Nase, was die Neugier nur noch steigert.

Befreit von Körper und Gewicht

Auf die Zunge trifft der Schlicht und ergreifend erstens fast körperlos, zweitens mit einer richtig lebendigen Säure und drittens mit einem Tick von herb. Dominiert von einem Säurespiel, das einem augenblicklich das Wasser aus der Zungenspitze zieht und auch an den Zungenrändern für lebhaften Speichelfluss sorgt. Rosa Grapefruitaromen am Gaumen sorgen für einen guten Schuss Zitrusfruchtigkeit, verhaltene Buttertöne spielen im Hintergrund die Begleitmusik. Der Wein hat null Gewicht, fliegt förmlich durch den Mund und bleibt auf der Zunge nach dem Abgang mit einer leichten Bittermandelnote und etwas rosa Grapefruit stehen.

Von Vileda und Jack Wolfskin

Der Wein braucht Luft, soviel steht fest. In der Nase ändert sich nicht viel, es riecht aber in der Tat orange. In der mineralischen Variante. Nach einer Stunde im Glastank wird der Wein einen Tick rauer, man spürt ein wenig Grip am Gaumen Ebenso hat sich die Säure mehr zurück gezogen und lässt jetzt mehr den Mandelaromen den Vortritt. Keinen Millimeter gewichen ist die rosa Grapefruit. Die matcht sich jetzt mit Apfelnoten und einem Büschel grünem Wiesenkraut, was zusammen ein relativ frisches wie auch lebendiges Trio ergibt. Insgesamt wirkt alles ein wenig versammelter, hat sogar so etwas wie einen Körper entwickelt und schwebt nicht mehr nur im Mund dahin. Geschmacklich definitv eine Herausforderung, weil so vollkommen ungewohnt und auch komplett anders. Mager, dünn, superschlank und fein wie ein Vileda Mikrofasertuch.

Was mit der Zeit immer mehr auftaucht sind leicht vergorene Apfelschalen, es wird etwas ‘strenger’ im Rachen, als würde der Wein noch einmal zur Gärung ansetzen wollen. Er wird reifer und entwickelt immer mehr Dichte betreffend herber Charakteristik, wird aber niemals bitter oder unangenehm. Dazu trägt nicht unerheblich die mehr als frische und lebendige Säure bei, die dem Tropfen pulsierendes Leben einhaucht. Der Schlicht und ergreifend ist sicher kein Wein der sich dem unvorbereiteten Weingeniesser sofort erschliesst. Er braucht Aufmerksamkeit, einen offenen Geist und vor allem eine Chance um sich beweisen zu können. Das ist Wein weit abseits der schlaglochfreien Autobahnen, das ist Wein, den Georg Schmelzer der Natur überlassen und das was sie daraus gemacht hat einfach in Flaschen abgefüllt hat. Weingenuss für jene die wissen, dass man für Abenteuer mehr als nur eine Jack Wolfskin-Jacke braucht.

Tipp: Eine, besser zwei Stunden in die grosse Karaffe. Grosses Glas zwingend! Um die 12º sind ideal. Küchentechnisch bin ich selbst nicht sicher, einfach experimentieren. Solo genossen eine Herausforderung für den open-minded Weinfreund.

Verkostet wurde ein Frühroter Veltliner ‘Schlicht und ergreifend’ orange 2013 von Georg Schmelzers Weingut Köllan in Gols im Burgenland, Österreich.

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