Trousseau “Singulier” Arbois 2014

| 20. November 2017 Alles lesen

Singulier 2014 Es ist bereits einige Jahre her, als ich zum ersten Mal mit der hier weniger bekannten Rebsorte Trousseau in Berührung kam. Stéphane Tissot ist schuld daran, und sein Singulier, den ich damals verkosten durfte. Seitdem bin ich süchtig nach dem Stoff, der sich mit Dolcetto oder auch Vernatsch in einer Liga befindet. Heute habe ich seinen Singulier 2014 am Tisch der Wahrheit stehen, ausgebaut im Holzfass, ebenso 100% Trousseau, eine authochthone rote Rebsorte des französischen Jura, die nur noch auf wenigen Hektar angebaut wird. Die Reben stehen rund um Arbois auf Kalkmergelböden. Man bezeichnet diesen Wein auch gerne als “Antiwein” zur allgemeinen Rotweinmode, weil er hell und spröde ist und weit entfernt von dunkelroten Flüssigkeiten. Und weil ich diesen Wein schon kenne und weiss was auf mich zukommt, packe ich gleich Wurst und Käse aus und lese, während er für eine Stunde in der Karaffe dümpelt, rasch noch den Wirtschaftsteil, bevor der Tropfen in das frisch polierte Glas kommt.

Der Herbst ist da

Helles kirschrot leuchtet fast transparent aus dem Glas heraus. Und dann ist er da, der Duft nach Lorbeer, Himbeeren und Wacholder. Ein Fest im Riechorgan, der Herbst ist da und mit ihm seine würzigen Aromen. Weisser Pfeffer ganz frech rein gestreut und fertig ist ein lüsternes Bukett, das sich in den Nasenflügeln breit macht. Ich liebe diesen Duft und freue mich darauf, den ersten grossen Schluck vom Singulier im Mund zu haben.

Spröde, schlank & rassig

Trari, trara, Trousseau ist da. Unbedarfte mögen dieses Schauspiel sauer, mager, oder sonst wie nennen. Ich sage grandios dazu. Der Tropfen tanzt auf der Zunge mit einer schlanken Frische die fast weh tut. Kirsche die nicht völlig rot ist, ein Stück Zitrone an den Rändern und am Gaumen abgeriebener Mandelstaub. Himbeeren spielen mit, ein paar Erdbeeren ebenso. Weisse Pfefferwürze und Wacholder sorgen für eine ungewöhnliche Geschmackserfahrung. Der Singulier wirkt spröde, ist spröde, agiert unbeschreiblich agil und frisch im Mund. Dabei ist er trocken wie ein Tischtuch, einzig ein paar Tropfen Kirsch- und Himbeerfrucht sorgen für so etwas wie Saft, den man leise auf der Zunge spürt. Der Abgang rotfruchtig, würzig, pfeffrig und enorm schlank. Halleluja, ist das köstlich.

Gnadenlose Trockenheit

Immer mehr trocknet der Tropfen auf im Mund, je länger er sich mit Sauerstoff anreichert. Kurioserweise wird er dabei auch fruchtiger. Man ertappt sich selbst dabei, wie man ohne nachzudenken immer öfter das Glas ansetzt und immer grössere Schlucke nimmt. Weil der Kerl einfach derart süffig ist, dass man sich permanent damit die Luke fluten möchte. Mandeln hier, Himbeeren da, darunter Kirschen, oben Pfeffer, feuchtes Laub und dürres Holz, ein wahres Herbstfest in der Geschmackszentrale. Alles eingepackt in einen Körper, den man am liebsten füttern möchte, damit er etwas zunimmt, am Ende aber glücklich ist, weil er er sich so in seiner Schlankheit einfach hammermässig anfühlt. Dazu eine Säureader deren Puls erhöht ist und somit für noch mehr Agilität und Frische sorgt. Einfach ein Traum der Singulier, aber nur wenn man damit umgehen kann. Und will.

Langsam aber sicher arbeiten sich immer mehr florale Töne durch. Zu einem Strauss frischer Blumen gesellen sich immer mehr dunkle Gewürze dazu, es wirkt sogar ein wenig orientalisch was sich da im Futterzentrum abspielt. Am Gaumen kurz vorm Abgang etwas zärtlich Süsses, der Saft von Himbeeren, dann nur gnadenlose Trockenheit, als wäre man auf einem Wüstentrip. Das Highlight aber seine frische Säure, sein filigranes Gerüst und das Gerbstoffkleid, das an spröder Feinheit nicht zu überbieten ist. Im Mund, zur Wurst, ein absoluter Höhepunkt. Ein Wein für Abenteurer, für Leute, die ihren Weinhorizont extrem erweitern wollen. Der Singulier, das ist Rotwein richtig rassig. Mehr Tempo geht nicht mehr. Ich liebe diesen Tropfen.

Tipp: Eine bis zwei Stunden Karaffe sind empfehlenswert. Zu Schinken, Speck und guten Würsten eine Offenbarung. Ein Wein der Fett braucht um zu beweisen, wie man dieses locker weg macht. Wein für Abenteurer.

Wein & und Winzer-Info:

Singulier
Wein: Trousseau “Singulier” Arbois 2014
Winzer: Stéphane Tissot
Trinkbar ab: sofort
Optimale Reife: – 2020+
Boden: Kalkmergel
Ausbau: Holzfass >300 l
Besonderes: Biodyvin® zertifiziert
Dekantieren: Ja

Den Wein gibt es in der Weinfachhandlung K&U Weinhalle in Nürnberg zu beziehen.

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Kategorie: K&U Weinhalle (D), Verkostet