Veldenzer Grafschafter-Sonnenberg 2014 Alte Reben
Langsam aber sicher werde ich zum Moselriesling-Säufer. Vor allem weil ich in der letzten Zeit so einige von Stefan Steinmetz verkostet und dabei wahre Schätze gefunden habe. Heute steht wieder so einer von ihm am Tisch der Wahrheit und wartet nur darauf, ebenfalls genau erforscht zu werden. In diesem Fall heisst der Kandidat Veldenzer Grafschafter-Sonnenberg 2014 Alte Reben. Was für ein Titel. Aufmerksame Leser wissen bereits, dass der Veldenzer Sonnenberg direkt unter den Hunsrückwäldern liegt und seinen Namen der Ortschaft Veldenz verdankt. Von 70 Jahre alten wurzelechten Rebstöcken, welche auf tiefblauem Schiefer stehen, stammt der Riesling, dessen geringe Erträge lange auf der Hefe dahin dümpelten und bis zu 11 Monaten im grossen Holzfass verbracht haben. Herausgekommen ist ein Riesling mit schlappen 11 PS, was schon im Vorfeld wieder auf ein entspanntes wie auch erfrischendes Weinerlebnis schliessen lässt. Zwecks der Optik wird der Tropfen wieder in die Karaffe umgefüllt und eine halbe Stunde weg gestellt.
Aromenfeuerwerk im Riechorgan
In herrlich funkelndem Grüngelb steht der Sonnenberg, so werde ich ihn hier nennen, im Glas. Aus selbigem springt einem eine Mineralik in die Nase die sich gewaschen hat. Oder Schiefer, über den das Wasser floss. Extrem frisch, ausgesprochen frech und pfeffrig ist es. Da könnte sich so mancher Grüner Veltliner etwas abschauen. Grüne Wiese, feucht, Schiefer, kalt, hart und klirrend. Das spürt man in den Nasenflügeln. Bergminze steht darüber, auch etwas Limette und ganz tief eingeraben ein Stück Pfirsich. Da brennt ein frisches wie auch dichtes Aromenfeuerwerk ab und sorgt für Alarm im Riechorgan.
Gnadenlose Mineralik
Weicher Rauch zuerst am Gaumen, und dann, ohne Vorwarnung, pure Mineralik. Und was für eine! Salzig, kristallig, steinig wie eine Schieferplatte. Besprüht mit einem Schuss Limettensaft, belegt mit frischem Thymian. Da ist soviel Spannung drin, dass man unweigerlich die Augenbrauen hoch zieht. Dabei ist der Sonnenberg extrem weich auf der Zunge, fühlt sich sogar rund an, doch kaum geht er über die Zungenränder, schiesst er wie aus der Hüfte seine gesamte Munition ab. Erst dann schmeckt man auch den Pfirsich wie auch etwas grünen Apfel. Doch all das wird gnadenlos von einer salzig-steinigen Mineralik dominiert, aufgrund der man grinsend mit der Zunge schnalzt. Der Abgang weich, dezent rauchig und am Ende doch auch ganz leicht fruchtig. Da steppt der Bär im Mund und sorgt für Stimmung.
Harmonie zweier Welten
Langsam aber stetig baut der Sonnenberg eine feine Griffigkeit auf. Die Luft befeuert ihn, macht ihn stoffiger, sorgt für leichten Grip im Mund. Der Pfirsich hat sich durchgegraben und macht erfreut auf Frucht. Viel weisser Pfeffer ist im Spiel, haucht dem Wein eine feine Würze ein, das Salz hat sich etwas beruhigt und der Schiefer ist nicht mehr nass. Alles innerhalb einer Stunde. Vom klirrenden Salzbomber zum rauchig-griffig-saftigen Steinexperten. Was für eine Wandlung. Und wie schön. Man schmeckt jetzt etwas Frucht und spürt die trotz allem klar dominierende Mineralität die im Sonnenberg gespeichert ist. Herrlich feiner Rauch am Gaumen, nur ganz dezent, mehr ahn- als wirklich spürbar. Auf der Zunge fühlt man, dass der Wein lange auf der Hefe war, weil er gar so weich ist. Nur hat er kein Gewicht. Er wirkt kühl im Charakter und der im Rauch eingelegte Pfirsich macht im Abgang allerbeste Figur.
Der Sonnenberg braucht Luft, dann kann man mit ihm sogar fliegen. Vor allem aber ihn so richtig geniessen. Es ist diese äusserst animierende Kombination von Minze, Salz und Thymian mit Pfeffer, Pfirsich und Schiefermineralik, welche so harmonisch auftritt und für grössten Trinkspass sorgt. Klar und elegant einerseits, fein rauchig und auch griffig andererseits. Harmonie zweier Welten, auf der Zunge und am Gaumen. Wer straff bevorzugt wird bedient, wer weich und sanft mag kommt ebenso auf seine Kosten. Nach drei Stunden in der Karaffe möchte man den Sonnenberg am liebsten in einem einzig grossen Schluck vernichten und entscheidet sich dann doch für sich wiederholendes nippen. Weil man ganz lange was von diesem Tropfen haben will. Man muss den Wein auch lange im Mund behalten, ihn quetschen, ihn pressen, kauen, schlürfen und atmen. Dann kann es sein, dass man in Zukunft gerne auf die Flasche Mineral verzichtet und sich stattdessen mit einem 11%igem Freudenspender den Tag versüsst. Was ist das für ein toller Wein, was macht der Kerl Spass.
Tipp: Ein bis zwei Stunden Luft lassen ihn richtig strahlen. Mit 10-12º geniessen. Zu Süsswasserfisch wie Zander oder Hecht ein Traum, zur Hühnerbrust oder auch zu einfachen Kartoffelgerichten. Zur Alleinbespassung ein ganz “Gefährlicher”, weil er gar so zischt und Freude macht.
Verkostet wurde ein Riesling Veldenzer Grafschafter-Sonnenberg 2014 Alte Reben vom Weingut Günther Steinmetz aus Brauneberg an der Mosel, Rheinland-Pfalz, Deutschland.
Kategorie: Günther Steinmetz (D), Verkostet